"Anleger sind angesichts der rosigen Prognosen für die wirtschaftliche Zukunft bereit, die schleppende Impfkampagne in den Ländern der Europäischen Union vorübergehend zu ignorieren."
Dax und EuroStoxx50 bröckelten am Mittwoch um jeweils etwa 0,2 Prozent auf 15.191 beziehungsweise 3958 Punkte ab. Der Londoner Auswahlindex FTSE koppelte sich unterdessen ab und gewann 0,6 Prozent. "Der Brexit liegt hinter uns und mit den im Vergleich zu anderen Regionen rascheren Corona-Massenimpfungen sollte sich der britische Markt besonders gut entwickeln", prognostizierte Volkswirtin Simona Gambarini vom Research-Haus Capital Economics.
Ein weiterer Grund für die Pause bei der Aktienrally war die anstehende Veröffentlichung der Gesprächsprotokolle der jüngsten geldpolitischen Beratungen der US-Notenbank. "Investoren werden die Mitschriften auf jegliches 'Unbehagen' der Notenbanker bezüglich der Aussichten auf eine steigende Inflation durchkämmen", schrieben die Analysten der ING Bank. Außerdem suchten sie nach Andeutungen, dass sich die Diskussion innerhalb der Fed in Richtung eines Zeitplans zur Drosselung der Wertpapierkäufe bewege.
GOLDPREIS UNTER DRUCK - ÖLPREIS ZIEHT AN
Am Rohstoffmarkt setze die von starken Konjunkturdaten geschürte Furcht, dass die US-Notenbank die geldpolitischen Zügel rascher anziehen könnte als gedacht, Gold unter Druck, sagte Carlo Alberto De Casa, Chef-Analyst des Brokerhauses ActivTrades. Das Edelmetall verbilligte sich um 0,7 Prozent auf 1732 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm).
Die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich dagegen dank optimistischerer Konjunkturprognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und fallender US-Lagerbestände um ein Prozent auf 63,37 Dollar je Barrel (159 Liter). "Der Markt bleibt aber vorerst skeptisch, ob sich die Nachfrage wie von der Opec erwartet erholt", sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Die geplante Lockerung der Förderbremse durch das Exportkartell sei ein Glücksspiel.
FRANKREICH WILL MINDERHEITSAKTIONÄRE BEI EDF HERAUSKAUFEN
Bei den europäischen Aktienmärkten stach EDF mit einem Kursplus von zeitweise gut elf Prozent heraus. Damit steuerten die Papiere des Versorgers auf den größten Tagesgewinn seit mehr als zwölf Jahren zu. Insidern zufolge will die französische Regierung die Minderheitsaktionäre herauskaufen, um das Unternehmen anschließend umzubauen. Er halte es für sinnvoller, die übrigen Eigner für die Wasser- und Atomstrom-Sparten in bar abzufinden und ihnen Aktien von "EDF Green", in denen die umweltfreundlichen Geschäftsbereiche gebündelt werden, anzubieten, sagte Analyst Tancrede Fulop vom Research-Haus Morningstar.
In London gewannen die Aktien von Deliveroo nach dem desaströsen Börsendebüt in der vergangenen Woche 2,4 Prozent. Am Mittwoch durften Kleinanleger die Papiere des Essenlieferanten erstmals ohne Beschränkungen handeln. Es sei aber fraglich, ob dies der Auftakt zu einer längerfristigen Erholung sei, warnte Markets.com-Experte Wilson. Die Titel der Deliveroo-Rivalen Just Eat Takeaway und Delivery Hero gewannen bis zu 4,2 Prozent.
rtr