Der EuroStoxx50 gab 1,8 Prozent nach. "Die EZB vermiest den Anlegern jegliche Kauflaune", sagte Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege bei RoboMarkets. EZB-Chefin Christine Lagarde hatte am Donnerstag eine Leitzinserhöhung um 0,25 Prozentpunkte für Juli angekündigt und eine Reihe weiterer Anhebungen signalisiert, um die hohe Inflation in den Griff zu bekommen.

Mit Argusaugen blickten die Investoren nun in Richtung USA, wo am Nachmittag die Verbraucherpreise zur Veröffentlichung anstanden. Anleger erhofften sich von den Daten neue Hinweise auf das Tempo der Zinserhöhungen durch die US-Notenbank Fed. Ein neuerlicher Rückgang der US-Teuerungsrate von zuletzt 8,3 Prozent im Jahresvergleich dürfte angesichts der gestiegenen Energiekosten Strategen zufolge wohl ausbleiben. "Eine außer Kontrolle geratene Preisspirale würde jegliches gefühlvolle Abschmecken von Zinsschritten zu Gunsten der Konjunktur immer weniger möglich machen", prognostizierte Jochen Stanzl von CMC Markets.

Die Notenbank Fed hatte Anfang Mai den größten Zinsschritt seit 22 Jahren unternommen und den Leitzins um einen halben Punkt auf die neue Spanne von 0,75 bis 1,0 Prozent angehoben. Fed-Präsident Jerome Powell signalisierte für die Sitzungen im Juni und Juli jeweils Erhöhungen im selben Umfang.

DOLLAR STEIGT - EURO FÄLLT


Der Dollar-Index legte im Vorfeld der Daten leicht zu und markierte mit 103,4910 Stellen ein Drei-Wochen-Hoch. Der Euro konnte von dem Zinsfahrplan der EZB nicht profitieren. Die Gemeinschaftswährung notierte zeitweise 0,2 Prozent schwächer bei 1,0588 Dollar. Vor der EZB-Sitzung hatte sie noch über 1,07 Dollar gelegen. Für Unruhe sorgten vor allem die steigenden Zinsen vieler südeuropäischer Anleihen. Die Rendite der zehnjährigen italienischen BondsIT10YT=RR kletterte bis auf 3,774 Prozent, den höchsten Stand seit Oktober 2018. Der Risikoaufschlag (Spread) zu den deutschen Pendants markierte ein Zwei-Jahres-Hoch.

Strategen zufolge könnte die Einstellung der EZB-Anleihekäufe zum Monatswechsel und die ersten Zinserhöhungen ab Juli vor allem für hoch verschuldete Länder zum Problem werden. Die EZB nenne nur wenige Einzelheiten zu den Maßnahmen, mit denen ein mögliches Auseinanderlaufen der Renditen für Staatsanleihen in der Währungsunion eingedämmt werden könnten, kommentierte Mark Dowding, Chef-Anleger des Vermögensverwalters BlueBay.

BAU- und IMMOBILIENWERTE UNTER DRUCK


Unter den Einzelwerten stachen im Dax HeidelbergCement hervor. Die Aktien verloren im Dax 3,1 Prozent auf 52,24 Euro. Die Analysten der Berenberg Bank sagten der Baubranche aufgrund von konjunkturellem Gegenwind, höherer Zinsen und steigender Kosten ein verlangsamtes Wachstum für 2023 in Europa und den USA voraus. Für HeidelbergCement reduzierten die Analysten das Kursziel auf 65 von 70 Euro. Unter Druck gerieten auch Immobilienwerte. Vonovia gaben im Dax 2,5 Prozent, TAG Immobilien im MDax rund fünf Prozent nach. Ein Händler führte dies auf die Sorge um höhere finanziellen Belastungen durch steigende Zinsen zurück.

Europaweit gerieten zudem Airline-Aktien ins Taumeln. Investoren befürchteten ein Flug-Chaos im Sommer. Personalmangel und Engpässe bei Sicherheitskontrollen, Check-in und Flugzeugabfertigung haben zahlreiche Flugstreichungen in den kommenden Wochen zur Folge. Wizz Air, Lufthansa, Easyjet, Ryanair und die British-Airways-Mutter IAG fielen zwischen 4,2 und knapp zwei Prozent.

rtr