Die Furcht vor einer nuklearen Katastrophe infolge der russischen Invasion in der Ukraine wachse, stellten Analysten fest. Örtlichen Angaben zufolge haben russische Streitkräfte das größte AKW Europas im Südosten der Ukraine eingenommen. Für Verunsicherung sorgte vor allem ein Feuer auf dem Gelände, das laut den ukrainischen Behörden am Morgen jedoch gelöscht werden konnte. "Der Vorfall zeigt, was alles in einem Krieg passieren kann, wie groß die Gefahr für ganz Europa und die Welt ist", sagte Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. Der Westen, sprich die Nato, müsse nicht einmal direkt angegriffen werden, um in den Krieg hineingezogen zu werden. Der Preis für das Nordsee-Öl Brent sprang um 3,7 Prozent auf 114,58 Dollar je Fass, blieb aber unter seinem am Vortag markierten Zehn-Jahres-Hoch von knapp 120 Dollar. Die Anleger spekulierten auf direkte westliche Sanktionen gegen russisches Öl, je länger der Krieg anhält.

US-WIRTSCHAFT MIT STARKEM STELLENAUFBAU IM FEBRUAR


Zuflucht suchten die Anleger unter anderem in der Weltleitwährung Dollar, während der EuroEUR= mit 1,0898 Dollar zeitweise so wenig kostete wie seit Mai 2020 nicht mehr. Ein mit 678.000 überraschend kräftiger Stellenaufbau in den USA im Februar lieferte Strategen zufolge für die US-Notenbank Fed keine neuen Erkenntnisse. "Ein Zinsschritt in zwei Wochen ist nahezu sicher, wegen des Ukraine-Kriegs wird es aber ein kleiner sein", sagte Alexander Krüger von Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank.

Indes heizt der von dem Rohstoffgiganten Russland gestartete Krieg die hohe Inflation zusätzlich an. Nicht nur bei Öl, Gas oder den Industriemetallen, auch bei Weizen nimmt die Furcht vor Lieferengpässen zu. Der US-Future stieg um vier Prozent auf ein Rekordhoch von 13,40 Dollar je Scheffel. "Jedes dritte Büschel Weizen, das in der Welt gehandelt wird, stammt entweder aus Russland oder der Ukraine", sagte Stanzl von CMC Markets. Ein Ende der Preisrally sei nicht in Sicht.

AUTO- UND FINANZWERTE GERATEN INS TAUMELN


Am Aktienmarkt fiel der europäische Autoindex.SXAP in der Spitze um sechs Prozent auf den tiefsten Stand seit mehr als einem Jahr. Im Dax verloren Porsche, Continental, Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz bis zu 6,6 Prozent. Zahlreiche Unternehmen im Automobilsektor haben ihre Geschäfte in Russland eingeschränkt, auf Eis gelegt oder ziehen sich zurück. Zudem führten bereits jetzt fehlende Vorprodukte aus der Ukraine zu einem Stillstand in einigen deutschen Automobilwerken, sagten die Helaba-Analysten.

Die harten Sanktionen gegen Russland im Finanzsektor zogen die europäischen Banken ins Minus. Der entsprechende Index gab fünf Prozent nach. Aktien der Deutschen Bank hielten mit einem Abschlag von bis zu 8,8 Prozent die rote Laterne im Dax und notierten mit 9,22 Euro auf dem tiefsten Stand seit etwas mehr als einem Jahr. Das Geldhaus hat ein großes IT-Zentrum in Russland, sieht seinen Geschäftsbetrieb nach einem Stresstest aber nicht gefährdet.

An der Dax-Spitze rangierten RWE mit einem Plus von bis zu sechs Prozent. Einer der Langfristverträge zum Bezug von Erdgas aus Russland ruht nach Angaben des Energiekonzerns, was die Nerven der Anleger beruhigte. Bei einem Ausfall russischer Lieferungen könnten Abnehmer in Deutschland wie RWE und Uniper theoretisch gezwungen sein, Gas andernorts zu höheren Preisen einzukaufen, um Verpflichtungen gegenüber ihren eigenen Kunden zu erfüllen. Uniper-Papiere sackten um acht Prozent ab.

rtr