"Die Börsianer scheinen sich im Moment nur eine Frage zu stellen: Wie hoch kann der DAX fliegen?", sagte Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partner. Der EuroStoxx50 notierte mit 4409 Zählern auf dem höchsten Stand seit fast 14 Jahren.
An der Wall Street deuteten die US-Futures auf einen etwas verhalteneren Handelsstart hin. Überraschend starke Einzelhandelszahlen und die Aussicht auf ein florierendes Weihnachtsgeschäft hatten am Vortag die Kurse nach oben getrieben. Zugleich befeuerten die Daten aber Spekulationen auf eine nahende Zinswende in den USA. Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, stieg auf bis zu 96,26 Punkte. Der Euro gab im Gegenzug bis auf 1,1263 Dollar nach und war damit so billig wie seit Juli 2020 nicht mehr.
"Letztendlich sind wir an einem Punkt angelangt, an dem das Wachstum immer noch ziemlich stark aussieht", sagte Mike Bell, Stratege bei JP Morgan Asset Management. Mit Blick auf die überraschend hohen US-Inflationszahlen für Oktober rechnen Börsianer daher im zweiten Halbjahr nächsten Jahres mit einer Anhebung des Leitzinses in den USA. US-Währungshüter James Bullard sagte am Dienstag, es stünde der Notenbank Federal Reserve gut an, eine straffere Linie zu fahren, um der Inflationsgefahr angemessen zu begegnen.
RISIKEN VORAUS
Trotz des anhaltenden Rekordlaufs an den Börsen, mehren sich die Warnzeichen, sagte Portfolio-Manager Altmann. "Es gibt immer noch Fragezeichen bei Schlüsselthemen - die Kosten von Energie und Basismetallen, Lieferkettenprobleme, China, Lohnwachstum, die Entscheidung der Federal Reserve - und wie sich diese auf die europäischen Märkte auswirken werden", gab auch Roland Kaloyan, Stratege bei der französischen Bank Societe Generale, zu bedenken. "Aber was wir nach dieser Quartalssaison sagen können ist, dass die Unternehmen bisher gut zurechtgekommen sind."
Auf der Unternehmensseite war Siemens Healthineers größter Gewinner im Dax. Die Übernahme des US-Krebsbehandlungs-Spezialisten Varian soll dem Medizintechnik-Konzern in den nächsten drei Jahren zusätzlichen Schwung verleihen. Die Siemens-Tochter will um sechs bis acht Prozent pro Jahr wachsen. Die Aktie kletterte um bis zu 5,8 Prozent auf ein Rekordhoch von 63,92 Euro. Bei Auto1 sorgte ein optimistischer Ausblick für Kauflaune. Die Aktien des Gebrauchtwagen-Onlinehändlers schossen im MDax in der Spitze um mehr als sechs Prozent in die Höhe.
Dagegen brachen die Aktien des Online-Glücksspielanbieters Evoulution Gaming um bis zu zehn Prozent ein. Der schwedische Anbieter von Online-Spieleautomaten und Roulette-Spielen machte ein Bericht zu schaffen, wonach ein anonymer Wettbewerber Evolution beschuldigte, Geschäfte in Ländern zu machen, die unter US-Sanktionen stehen. Evolution teilte Reuters hingegen mit, alle geltenden Gesetze und Vorschriften strikt einzuhalten. Der Kursrutsch zog den gesamten Reise- und Freizeitsektor mehr als ein Prozent nach unten.
rtr