IST DIE NEUE VARIANTE GEFÄHRLICHER ALS ALTE?
Das ist noch nicht geklärt. Allerdings haben mehrere von Reuters befragte Experten angegeben, es sei anzunehmen, das Impfungen weniger vor einer Ansteckung mit Omikron schützen als vor einer Infektion mit den älteren Varianten. Zudem weist Omikron 26 Mutationen in dem Bereich auf, in dem die Vakzine einen Angriffspunkt haben. Einige Experten gehen davon aus, dass Omikron die bislang vorherrschende Delta-Variante verdrängen kann.
Keine genauen Erkenntnisse gibt es auch bei den Krankheitsverläufen. Mehrere Experten gehen aber davon aus, dass Geimpfte, die sich mit Omikron angesteckt haben, vor lebensbedrohlichen Erkrankungen besser geschützt sind als Ungeimpfte. "Die Impfung wird sie wahrscheinlich immer noch vor dem Krankenhaus bewahren", sagt John Wherry, Direktor des Penn Institute for Immunology in Philadelphia. Auch der führende südafrikanische Seuchenexperten Salim Abdool Karim geht davon aus, dass schwere Erkrankungen durch die Vakzine verhindert werden.
WARUM IST DIE WISSENSCHAFT DENNOCH BESORGT?
Laut britischen Experten gibt es bei der neuen Variante gegenüber dem ursprünglichen Corona-Virus etwa 30 Veränderungen des sogenannten Spike-Proteins, mit dem die Viren in menschliche Zellen gelangen. Das ist etwa die doppelte Anzahl an Mutationen, die es bei der Delta-Variante gibt. Grundsätzlich verändern sich alle Viren im Laufe der Zeit. Die meisten Änderungen haben aber wenig oder gar keinen Einfluss auf die Eigenschaften des Virus.
Die Expertin Susan Hopkins von der britischen Behörde zur Gesundheitssicherung sagt, die neue Variante sei die bisher komplexeste. Einige der Mutationen seien zuvor noch nicht bekannt gewesen. Es müsse weiter geforscht werden, um zu klären, ob das neue Virus übertragbarer und infektiöser sei und die Wirkung von Impfstoffen umgehen könne.
WAS SAGT DIE WHO?
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat Omikron als "besorgniserregende" Variante eingestuft. Demnach wird es bis zu mehreren Wochen dauern, die Übertragbarkeit der Variante und die Wirksamkeit von Impfstoffen festzustellen. "Was wir wissen, ist, dass die Variante eine große Anzahl von Mutationen aufweist", erklärt WHO-Expertin Maria van Kerkhove. Bisher hat die WHO vier "bedenkliche" Varianten identifiziert - Alpha, Beta, Gamma und Delta.
KANN DIE NEUE VARIANTE KLAR ABGEGRENZT WERDEN?
Omikron ist mit einem Test relativ leicht von der derzeit vorherrschenden Delta-Variante zu unterscheiden. Im Gegensatz zu Delta hat das neue Virus eine Veränderung, die als "S-Gen-Ausfall" bekannt ist.
WANN WURDE DIE NEUE VARIANTE ENTDECKT?
Am 23. November haben südafrikanische Wissenschaftler in Proben, die zwischen dem 14. und 16. November entnommen wurden, eine kleine Anzahl der Corona-Variante mit der Bezeichnung B.1.1.529 entdeckt. Am vergangenen Mittwoch sequenzierten südafrikanische Experten weitere Genome, also das Erbgut des Virus. Im Anschluss erklärten sie der südafrikanischen Regierung, sie seien besorgt über die Funde. Zudem baten sie die WHO, sich damit zu beschäftigen.
WO WURDE DIE NEUE VARIANTE GEFUNDEN?
In Südafrika wurden bislang etwa 100 Ansteckungs-Fälle mit der neuen Variante entdeckt, die meisten davon kommen aus der bevölkerungsreichsten Provinz Gauteng. Laut Wissenschaftlern deuten die Ergebnisse von Diagnose-Laboren darauf hin, dass es sich in Gauteng schnell verbreitet hat und möglicherweise auch schon in den anderen acht Provinzen Südafrikas präsent ist. Vier Fälle der neuen Variante wurden zudem im Nachbarland Botswana aufgedeckt.
Das neue Virus ist auch in Europa angekommen. In Deutschland wurden bis zum Wochenbeginn zwei Fälle registriert. Auch andere EU-Staaten melden Infektionen mit Omikron.
rtr