Der Dax drehte nach den Insiderinformationen ins Plus und gewann 0,4 Prozent auf 11.465 Punkte. Bankaktien zogen kräftig an. Der Index für Banktitel aus der Euro-Zone sprang zeitweise um 3,7 Prozent in die Höhe. "Geht es jetzt den Negativzinsen an den Kragen?", kommentierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. "An Kreativität fehlte es Mario Draghi jedenfalls bislang noch nicht." Die nächste Zinssitzung im April könne unter Umständen für den europäischen Bankensektor spannend werden. Geldhäuser im Norden der Euro-Raum klagen schon seit einiger Zeit, dass die Negativzinsen an ihren Gewinne zehre. Der Einlagenzins liegt bereits seit März 2016 bei minus 0,4 Prozent - seit 2014 ist der Satz negativ.
Ziel sei es, den Instituten etwas von den mehr als sieben Milliarden Euro zu erlassen, die die Währungshüter pro Jahr von ihnen infolge überschüssiger Liquidität bislang einsammeln, sagte einer der Insider. Es lägen dazu aber noch keine konkreten Vorschläge vor. Die Prüfarbeiten lägen noch bei den EZB-Ausschüssen und hätten den EZB-Rat noch nicht erreicht. Die Zentralbank lehnte eine Stellungnahme zu den Informationen ab. Ein entlastender Schritt könnte Experten zufolge etwa Freibeträge beinhalten. Banken müssten dann erst ab einer bestimmten Grenze die vollen Strafzinsen zahlen. In anderen Ländern wie etwa Japan, Schweden oder Dänemark sind solche gestuften Sätze bereits eingeführt worden. EZB-Direktor Yves Mersch sagte auf der Konferenz, die Notenbank prüfe regelmäßig die Auswirkungen der Negativ-Zinsen auf die Gewinne der Banken.
BANKEN ALS EINFALLSTOR FÜR NEUE PROBLEME
Auch der von Draghi geführte und bei der EZB angesiedelte EU-Systemrisikorat - eine Art Frühwarnsystem für das Finanzsystem - sieht die Banken derzeit offenbar als mögliches Einfallstor für Probleme in der Branche. So könnte die geballte Wirkung von Welthandelskonflikt, Brexit und hausgemachten Risiken wie etwa der Streit um das Haushaltsdefizit des hoch verschuldeten EU-Mitglieds Italien die Finanzstabilität des Euroraums bedrohen.
In einem Dokument, das Reuters vorliegt, warnt das unter dem Kürzel ESRB bekannte Gremium die politischen Entscheidungsträger vor "erhöhten Gefahren für die Finanzstabilität in der EU". Die damit einhergehende Unsicherheit könnte sich in den Bilanzen von Finanzinstituten niederschlagen: Banken seien derzeit aber bereits ebenso wie Lebensversicherer und Pensionsfonds durch das Niedrigzinsumfeld wachsenden Risiken ausgesetzt.
DRAGHI - ZINSWENDE KANN NOTFALLS ERNEUT VERSCHOBEN WERDEN
EZB-Chef Draghi zufolge könnte die EZB die Zinswende bei einer stärkeren Konjunktureintrübung notfalls länger hinausschieben. Die Euro-Hüter würden dann sicherstellen, dass die Geldpolitik die Wirtschaft weiter unterstütze, indem sie ihren Zinsausblick anpasse. "Wir haben keinen Mangel an Instrumenten, um unser Mandat zu erfüllen," sagte der Italiener. Die Konjunkturabkühlung treibt die Währungshüter zunehmend um. Die EZB sehe inzwischen eine hartnäckigere Verschlechterung der Nachfrage von außerhalb der Euro-Zone, sagte Draghi. Die aktuellen Konjunkturdaten würde aber auch nahelegen, dass dies noch nicht stark auf die Nachfrage innerhalb des Währungsraums ausgestrahlt habe. Eine Schwächephase sei nicht notwendigerweise ein Vorbote für einen ernsthaften Einbruch.
Die EZB hatte im März wegen der jüngsten Wachstumsverlangsamung die Zinswende verschoben. Ihre Leitzinsen, die seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent liegen, will sie jetzt noch bis mindestens zum Jahresende nicht antasten. Zuvor war dies nur bis über den Sommer hinaus geplant gewesen. Damit würde Draghi in seiner achtjährigen Amtszeit, die im Oktober abläuft, kein einziges Mail die Zinsen angehoben haben. Die EZB kündigte zudem an, Geschäftsbanken mit einer neuen Serie von zweijährigen Langfristkrediten unter die Arme zu greifen. Mit den großen Geldsalven will sie die Institute zur stärkeren Vergabe von Darlehen an die Wirtschaft anregen.
Einige Stellschrauben dieser günstigen Großkredite, die in der Fachwelt TLTRO genannt werden, hat die EZB bisher noch nicht festgelegt. So steht beispielsweise noch aus, welche Anreize die Geschäftsbanken mit den Geldspritzen erhalten sollen, damit sie mehr Kredite an Unternehmen ausreichen. Die Feinjustierung werde die konjunkturellen Bedingungen widerspiegeln, stellte Draghi in Aussicht.
rtr