Das Barometer für das Geschäftsklima fiel um 1,1 auf 107,4 Punkte, wie das Münchner Ifo-Institut am Mittwoch zu seiner Umfrage unter 7000 Managern mitteilte. Das ist der schlechteste Wert seit Februar. "Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft sind gedämpft", sagte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn.

Die Führungskräfte beurteilten sowohl die Geschäftslage als auch die Aussichten für die zweite Jahreshälfte schlechter. "Die Griechenland-Krise schlägt sich zwar noch nicht in den Auftragsbüchern nieder, verunsichert aber", erklärte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe den Rückgang des wichtigsten deutschen Konjunkturbarometers. Die Stimmung trübte sich dabei in der Industrie und im Handel ein, während sie sich bei den Dienstleistern und in der Baubranche etwas aufhellte.

"Die Belastungen durch das sich zuspitzende Griechenland-Drama wogen im Juni schwerer als die guten Rahmenbedingungen für die Konjunktur", sagte DekaBank-Ökonom Andreas Scheuerle. Dem klammen Land droht die Staatspleite. Zwar gehen nicht einmal 0,5 Prozent der deutschen Exporte dorthin, doch könnte die erste Zahlungsunfähigkeit eines Euro-Landes für Verwerfungen an den Finanzmärkten sorgen und so auch Deutschland treffen. Die Euro-Finanzminister suchen derzeit fieberhaft nach einer Lösung im Schuldenstreit.

Kommt es zu einer Einigung, sagen Experten wieder bessere Zeiten voraus. "Befreit vom Ballast der Griechenland-Krise könnte die deutsche Volkswirtschaft in den kommenden Monaten wieder kräftiger wachsen", sagte Ökonom Scheuerle. Der schwache Euro kurbelt momentan den Absatz in wichtigen Märkten wie den USA an, während Unternehmen wie Verbraucher viele Milliarden durch niedrigere Energiekosten sparen. Rekordbeschäftigung und deutliche Lohnerhöhungen spielen zudem den Konsumenten in die Karten.

Allerdings gibt es auch Risken. So wachsen die Schwellenländer - in die 40 Prozent der deutschen Exporte gehen - langsamer als gewohnt. China erwartet 2015 das geringste Plus seit einem Vierteljahrhundert. Der größte deutsche Autobauer Volkswagen meldete im Mai bereits einen Absatzrückgang in der Volksrepublik von vier Prozent. Mit Russland steckt zudem ein einstiges Boomland in der Rezession - auch wegen der westlichen Sanktionen im Zuge des Ukraine-Konflikts. Die deutsche Exporte nach Russland brachen von Januar bis April um ein Drittel ein.

Einige Experten erwarten daher auch im Falle einer Einigung mit Griechenland hierzulande keinen Boom. "Die deutsche Wirtschaft erscheint derzeit stärker, als sie tatsächlich ist", warnte der Präsident des Berliner DIW-Instituts, Marcel Fratzscher. Sein Haus senkte die Prognose für den Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes in diesem Jahr von 2,2 auf 1,8 Prozent. Das wäre aber immer noch mehr als 2014 mit 1,6 Prozent.

Reuters