Die kann sich vor allem dann beschleunigen, wenn die Zinsen, wie Experten erwarten, nun noch weiter gesenkt werden. Im Hintergrund, so glauben Analysten, wirkt Präsident Recep Tayyip Erdogan. Die Umfragewerte für seine Partei AKP sind im Keller und vor der Wahl in zwei Jahren muss die Trendwende in der Wählergunst gelingen. Eine straffe Politik, die die Inflation von zuletzt 19,25 Prozent im August über Ausgabenkürzungen und hohe Zinsen bekämpft, wäre da nicht dienlich. Erdogan will, dass sich die schwächelnde Wirtschaft schnell erholt. Um das zu pushen, setzt er entgegen alle ökonomischen Erkenntnisse auf tiefere Zinsen.
Alle türkischen Zentralbankchefs, die sich dem widersetzt haben und durch straffes Zinsregime die Inflation drücken wollten, wurden gefeuert, zuletzt Naci Agbal im März. Sein Nachfolger Sahap Kavcioglu hat auch gegen den wachsenden Druck des Präsidenten die von Agbal angehobenen Zinsen erst einmal mit dem Argument der positiven Realrenditen verteidigt. Nun ist er umgekippt, die Zinsen liegen wieder unter der Inflationsrate. Das macht es für Ausländer sehr schwierig, der Türkei Geld zu leihen, der Wechselkurs fällt. Weil das Land mehr importiert als exportiert, steigen die Kosten an, die Inflationsspirale dreht sich schneller. Die Türkei hat dem wenig entgegenzusetzen. Anfang September gab es Währungsreserven von nur noch 28 Milliarden Dollar. Eine Zahl, die laut dem Nachrichtendienst Reuters deutlich in den negativen Bereich rutschen würde, wenn man die 46 Milliarden Dollar an ausstehenden Swap-Geschäften zur Stabilisierung der Währung berücksichtigt. Die Kredit-Default-Swaps, die die Ausfallwahrscheinlichkeit von Anleihen zeigen, sind stark gestiegen.
Unser Kolumnist Jörg Lang beschäftigt sich seit 1988 mit dem Thema Aktien.