"Wenn die Wirtschaftsaktivität nur für zwei Monate auf 65 Prozent des Normalniveaus zurückgeht und danach wieder wächst wie erwartet, würde die Wirtschaftsleistung für das Gesamtjahr um fünf Prozent schrumpfen", schrieb der Präsident des Münchner Forschungsinstituts in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt (Mittwochausgabe). "Das wäre ein Einbruch wie im Finanzkrisenjahr 2009. Es kann aber auch deutlich schlimmer kommen."

Mit der Coronakrise gerate Deutschland in eine komplexe Wirtschaftskrise, deren Dimensionen derzeit viele noch unterschätzten, erklärte Fuest. "Die deutsche Wirtschaft ist einem simultanen Angebots- und Nachfrageschock ausgesetzt." Darüber hinaus bestehe die Gefahr, dass die Kreditversorgung der Wirtschaft gestört werde und die Staatsschuldenkrise im Euro-Raum zurückkehre. Der Ökonom forderte Interventionen des Staats, lehnt allerdings "herkömmliche Konjunkturprogramme" ab. "So lange die Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie ein 'Einfrieren' der Wirtschaft erfordern, gilt es, die schädlichen Nebenwirkungen zu bekämpfen." Großzügigere Regeln für Kurzarbeitergeld seien bereits beschlossen. Zusätzliche Hilfen für Menschen, die ihr Einkommen verlieren, seien dringend. "Liquiditätshilfen und staatliche Garantien können eine Insolvenzwelle abwenden", schrieb Fuest.

Gleichzeitig müsse verhindert werden, "dass die Versorgung der Wirtschaft mit Krediten einbricht". "Banken müssen mit Kreditausfällen rechnen. Wenn sie dadurch Eigenkapital verlieren, könnten die Kapitalregulierungen erzwingen, auch andere Kredite zu kündigen." Das würde die Krise verschärfen, warnte Fuest. Die Bankenaufsicht sollte die Spielräume der Banken deshalb vorübergehend erweitern, forderte Fuest.

Das Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo) legt am Donnerstag seine neue Konjunkturprognose für Deutschland vor. Die Bundesregierung, die 2020 bislang mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,1 Prozent gerechnet hat, signalisierte jüngst, dass die Wirtschaft schrumpfen werde.

rtr