von Martin Blümel

Tja, was ist das denn nun für eine Gemengelage? Die Indizien, die für weitere Zinserhöhungen der US-Notenbank sprechen, nehmen zu. Da gibt es zum einen positive Signale von der Konjunktur selbst - etwa die anziehende, sich leicht normalisierende Inflationsrate. Und zum anderen sind es die Aussagen der US-Notenbanker, die darauf hindeuten. Es gibt derzeit, um die übliche Analogie zur Tierwelt herzustellen, deutlich mehr geldpolitische Falken ("Hawks") als Tauben ("Doves"). Und letztlich sieht man eine Tendenz zu weiteren Zinsschritten am amerikanischen Zinsmarkt selbst, bei dem die Zinsstruktur tatsächlich auch schon weitere Erhöhungen andeutet.

Andererseits gibt es jede Menge Beobachter, die davor warnen, die Daten zur Konjunktur überzubewerten. Da ist von Strohfeuer die Rede, oder es gibt gar grundlegende Zweifel an der "Datenqualität". Und die Notenbank Fed, tja, die könne schon auch mal ihre Meinung ändern. Ohnehin befürchten viele, dass die Fed über das Ziel hinausschießt. Mit zu häufigen und zu schnellen Zinserhöhungen zum falschen Zeitpunkt könne sie durchaus eine Rezession auslösen. Und so sieht man es wohl auch am Aktienmarkt. Da gibt es ein Ziehen und Zerren, man zögert, wagt sich nicht recht aus der Deckung. Der Effekt: Es fehlt an einer eindeutigen Tendenz - die vermissen wir nun ja schon seit Monaten.

Was zudem auffällt: Während der DAX und der Dow Jones schon lange auf der Stelle treten, haben sich an den Börsen in den Schwellenländern zuletzt schöne Aufwärtstrends gezeigt. Wir haben in den -zurückliegenden Wochen in unseren "Länderreports" ja auch einige interessante -Regionen vorgestellt, in Asien, in Lateinamerika, in Osteuropa.

Doch woran liegt das, dass die Emerging Markets plötzlich wieder auf der Überholspur sind? Zum einen ist es sicherlich eine stimmungsgetriebene Rally, so reagierte man etwa auf politische Veränderungen in Brasilien oder den Philippinen. Zum anderen sprechen aber auch etliche Fundamentaldaten dafür, dass man neben Aktien aus den Industrienationen inzwischen auch wieder Titel aus den Schwellenländern im Depot haben sollte. Verglichen mit Aktien aus den USA und Europa haben viele dieser "Exoten" nämlich ein ausgewogeneres Risikoprofil. Die Bewertungen sind attraktiv: Gemessen am Kurs-Buchwert-Verhältnis werden Schwellenländeraktien so tief gehandelt wie seit zehn Jahren nicht mehr. Gegenüber dem Rest der Welt notieren sie im Schnitt mit einem Abschlag von 30 Prozent. Das ist unverhältnismäßig viel, was für ein weiteres Aufholpotenzial spricht.

Allerdings sollte man differenzieren. Nicht alles ist Gold, was glänzt. Ein Beispiel sind die Rohstoffaktien, deren Kurse -zuletzt am stärksten zugelegt haben. Etwa Petrobras. Viele Aktien haben sich vom Tiefstand mehr als verdoppelt, ohne dass sich die Fundamentaldaten gebessert hätten. Im Energiesektor etwa wird ein Ölpreis von 75 Dollar pro Barrel eingepreist. Das liegt weit über dem aktuellen Kurs, und es ist doch mehr als fraglich, ob diese Marke in naher Zukunft erreicht werden kann. Dazu kommt, dass viele Unternehmen in der Branche hoch verschuldet sind. Da könnte es bald zu einigen Kursrück-setzern kommen.

Also vorsichtig bleiben. Nicht "alle Eier in einen Korb", das weiß man ja als erfahrener Börsianer. Schwellenländeraktien, die kann man beimischen. Und was den DAX angeht, da bleiben wir immer noch bei der alten Meinung: an schwächeren Tagen zukaufen.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com