Bei Börsianern machte L’Oréal mit seinen Umsatzzahlen fürs dritte Quartal keine gute Figur. Der weltgrößte Kosmetikkonzern erlöste 5,94 Milliarden Euro. Unter Ausklammerung von Währungseffekten entspricht das einem Zuwachs von 3,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Allerdings hatten die Konsensschätzungen mit 4,5 Prozent einen Tick mehr erwartet.

Zwar hat der Aktienkurs seinen zuletzt starken Lauf fürs Erste abgebremst. Die langfristigen Wachstumsperspektiven für den Hersteller von Kosmetik, Parfums und täglichen Gebrauchsgütern für die Körperpflege sind aber weiter intakt. Anders als Luxusgüter wie Schmuck oder teure Markenklamotten werden Lippenstift, Make-up und Nagellack in allen Preisklassen unabhängig von der Konjunktur gekauft, ebenso Haarpflegemittel oder Duschgels. Dazu beschert die zunehmende Alterung der Weltbevölkerung neue Absatzmärkte: Immer mehr hochwertige Pflegemittel für Haut und Haar füllen die Regale der Supermärkte und Warenhäuser.

Starke Marken ziehen Gewinne



Neben den niedrigen Rohstoffpreisen kommt zahlreichen Kosmetikanbietern der schwache Euro zugute. Vor allem bei Unternehmen mit Premiumprodukten steigen die Aktienkurse. Eine von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG in Kooperation mit dem Institut für Handelsforschung (IFH) herausgegebene Studie erwartet, dass die Kosmetikbranche im Zeitraum 2013 bis 2020 im Schnitt um jährlich 1,7 Prozent wachsen wird. Die höchsten Wachstumsraten sollen Naturkosmetik (sieben Prozent) und Premiumprodukte (2,8 Prozent) liefern.

Luxusprodukte sind in ihrer Herstellung kaum teurer, aber besser zu vermarkten. Dieses starke Markenimage ist ein Schlüssel zum Erfolg - die richtige Kombination der Vertriebskanäle stellt den zweiten entscheidenden Faktor dar. "Die besten Margen lassen sich über einen Mix aus Einzelhandel und Onlineverkauf erzielen. Der direkte Verkauf funktioniert nur noch in Schwellen- und Entwicklungsländern mit fehlenden Vertriebsnetzen," erläutert Andrea Gerst, Portfoliomanagerin bei Julius Bär. Bislang gaben der Einzelhandel, die eigenen Läden und der direkte Verkauf als die drei führenden Vertriebskanäle den Ton an. Allerdings erfordert der Verkauf über eigene Läden hohe Anlaufinvestitionen. Dementsprechend niedrig sind erst einmal die Margen.

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Onlinehandel macht schön



Reichlich aufgebrezelt haben die meisten Kosmetikhersteller inzwischen ihren Onlinehandel. Vor allem das Kaufverhalten der 20- bis 35-Jährigen wird von Internet und Social Media beeinflusst. So erzielt L’Oréal aktuell fünf Prozent des Konzernumsatzes über E-Commerce, in einzelnen Märkten wie China liegt der Anteil bereits bei 15 Prozent.

Neben globalen Playern wie L’Oréal, Estée Lauder oder Beiersdorf mit seinen Nivea-Produkten haben sich regionale Anbieter wie etwa Amorepacific oder LG Household & Health Care aus Korea etabliert. Um ihre Marktposition auf globaler Ebene auszubauen, halten Branchengrößen nach Übernahmeobjekten Ausschau. Henkel kam zuletzt nicht zum Zug, als Procter & Gamble sein Haarpflegegeschäft mit Marken wie Wella und Clairol an den US-Konkurrenten Coty verkaufte. Angesichts der begrenzten Zahl größerer Unternehmen erwartet Mark Sievers, Head Consumer Markets bei KPMG, vor allem bei den regionalen Champions eine Konsolidierung.



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Schwankende Profite



Attraktiv aus Anlegersicht sind Unternehmen, die mit bekannten Marken und hohen Margen glänzen. Bei den reinen Kosmetikherstellern schwankt die Profitabilität sehr stark. Sie reichte 2014 von 17,5 Prozent bei L’Oréal und 16,9 Prozent bei Interparfums am oberen Ende bis hinunter zu 5,7 Prozent bei Avon Products und 4,5 Prozent bei Shiseido. Wie bei den Luxuskonzernen wird mehr Profitabilität an den Börsen mit einer höheren Bewertung gehandelt. "Firmen mit Premiummarken wie L’Oréal und Estée Lauder notieren derzeit wieder am oberen Ende ihres langjährigen Bewertungskorridors," meint Fondsmanagerin Gerst.

Als wichtigste Kriterien für ein Investment gelte es, im operativen Geschäft die hohen Skaleneffekte bei der Profitabilität zu beachten. Bei den Parametern zur Bewertung gebe neben einem möglichst niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnis und dem Quotienten aus Unternehmenswert und operativem Gewinn auf Ebitda-Basis der hohe Cashflow den Ausschlag.

L’Oréal ist eine gute Mischung aus exzellentem Markenimage und breiter Produktpalette. Allerdings ist die Aktie bereits angemessen bewertet. Der breit aufgestellte Luxuskonzern LVMH bietet hier das eindeutig bessere Risiko-Rendite-Profil. Wesentlich kleiner ist Interparfums. Wegen der niedrigeren Bewertung und den erwarteten höheren Wachstumsraten von 17 Prozent im nächsten Jahr ist diese französische Tochter der Aktie des US-Mutterkonzerns Inter Parfums vorzuziehen.

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Sorgenkinder und Überflieger



Im Umbruch befindet sich derzeit der japanische Shiseido-Konzern. Die Restrukturierung greift, der Gewinnrückgang kommt im laufenden Geschäftsjahr zum Stillstand. Allerdings spiegelt der Aktienkurs schon einen Großteil der Gewinnerholung wider. Finger weg!, heißt es bei der Aktie von Avon Products. Das Geschäftsmodell des US-Konzerns gewinnt schon lang keinen Schönheitswettbewerb mehr. Die legendären Avon-Ladys, die den Kundinnen ihre Produkte zu Hause verkauften, haben im Internetzeitalter ausgedient. Statt exquisiter Beratung shoppt die Kundschaft online oder greift zu Produkten mit günstigeren Preisen im Supermarkt. Der Aktienkurs hat in zwei Jahren mehr als 80 Prozent an Wert verloren. Die Eigenkapitalquote lag zuletzt bei sechs Prozent - was Investitionen erschwert, die neue Vertriebskanäle erschließen sollen.

Ein klarer Kauf ist dagegen Estée Lauder. Der US-Konzern versteht es, über organisches Wachstum, neue Produkte, Kostensenkungen und den konsequenten Ausbau des Onlinevertriebs die negativen Auswirkungen eines starken US-Dollars mehr als zu kompensieren. Im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2015/16 (30. Juni) steigerte Estée Lauder den Umsatz währungsbereinigt um 15 Prozent auf 2,83 Milliarden US-Dollar. Unterm Strich blieben 309,3 Millionen US-Dollar hängen, was einem satten Plus von 36 Prozent entspricht. Zugleich wird die Dividende auf 0,30 US-Dollar pro Quartal angehoben.



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