Die Bahn wirft der GDL vor, nicht nur für bessere Arbeitsbedingungen zu streiken, sondern auch für politische und rechtliche Ziele. Richter Peter Gegenwart erklärte, es habe durchaus Bedenken in einigen Punkten gegeben. Dies habe aber als Begründung nicht ausgereicht, um der Berufung stattzugeben. Die Bahn forderte die GDL zu neuen Verhandlungen auf, während die Gewerkschaft ihrerseits ein verbessertes Angebot des Konzerns verlangt.

"Dieser Arbeitskampf wird zu Ende geführt, wir werden ihn nicht vorzeitig beenden", sagte GDL-Chef Claus Weselsky in Frankfurt. "Wir sind zu jeder Zeit ab jetzt nach dieser historischen gerichtlichen Entscheidung zu Verhandlungen bereit." Dort werde man auch Kompromisse finden. "Wir lassen uns von niemandem vorschreiben wann und wie lange ein Arbeitskampf geht", betonte Weselsky.

Die Bahn war bereits am Donnerstag in erster Instanz vor dem Frankfurter Arbeitsgericht gescheitert. Der Konzern erklärte, man habe im Interesse der Kunden alles unternommen, "damit die GDL ihre Blockade der Tarifverhandlungen aufgibt". Personalvorstand Martin Seiler appellierte an die Gewerkschaft: "Einen Tarifabschluss gibt es nur am Verhandlungstisch." Man sei deshalb weiter bereit, mit der Gewerkschaft konstruktiv zu sprechen. Seiler kritisierte aber: "Statt zu verhandeln, versucht die GDL ein Tarif-Diktat durchzusetzen."

Auch am zweiten Streiktag kam es zu massiven Ausfällen. So standen nach Bahn-Angaben rund 75 Prozent der Züge im Fernverkehr still. Im Regional- und S-Bahnverkehr fielen demnach im Vergleich zum regulären Fahrplan rund 60 Prozent der Züge aus. Am Wochenende will die Bahn zusätzliche Züge einsetzen, um die Ausfälle zu reduzieren.

KRITIK AM STREIK WÄCHST


In der Öffentlichkeit wächst zusehends die Kritik am Streik. Der Fahrgastverband Pro Bahn und der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderten ein sofortiges Ende und neue Verhandlungen. Verdi-Chef Frank Werneke sagte, das Tarifeinheitsgesetz gebe Arbeitgebern die Möglichkeit, Gewerkschaften gegeneinander auszuspielen. "Es führt zu einer Verschärfung des Wettbewerbs zwischen Gewerkschaften." Dies sei einer der Hauptgründe für den aktuellen Streik bei der Deutschen Bahn. Man könne über Mediation nachdenken, dies sollten aber nicht ein Minister oder die Kanzlerin tun. "Es ist dann irgendwann auch mal die Zeit, das Gespräch zu suchen und in Verhandlungen zu gehen, weil - sonst gibt es keine Resultate", sagte Werneke.

Nach dem umstrittenen Tarifeinheitsgesetz gilt ein Tarifvertrag nur dort, wo die jeweilige Gewerkschaft die Mehrheit der Mitglieder hat. Laut Bahn hat die GDL in lediglich 16 der rund 300 Einzelbetriebe des Konzerns die Mehrheit, während dies für die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) in deutlich mehr Einzelbetrieben gilt. Die GDL hält die genannte Zahl für zu niedrig und klagt gegen die Angaben der Bahn vor Gericht.

Die Bahn war mit Beginn des Streiks im Güterverkehr am Mittwoch auf die Gewerkschaft zugegangen und legte ein verbessertes Angebot vor. Sie stellt etwa eine Corona-Prämie für 2021 von bis zu 600 Euro in Aussicht sowie eine Verkürzung der Laufzeit des Tarifvertrags von 40 auf 36 Monate. Zudem sollen die Löhne in zwei Stufen um 3,2 Prozent steigen. GDL-Chef Weselsky sprach hingegen von einem "vergifteten Angebot". Er widersprach der Darstellung des Managements und hatte am Donnerstag angegeben, dass dessen Offerte für 2021 tatsächlich keine Corona-Prämie, sondern eine Nullrunde vorsehe. .

rtr