Gabriel habe "über die Erteilung der Erlaubnis nicht entscheiden dürfen, da sein Verhalten im Erlaubnisverfahren die Besorgnis seiner Befangenheit und fehlenden Neutralität begründe", übten die Richter ungewöhnlich scharfe Kritik. Edeka prüft nun rechtliche Schritte gegen die Entscheidung. Konkurrent Rewe begrüßte sie dagegen und bekräftigte, die Kölner stünden weiter bereit, Kaiser's Tengelmann selbst zu übernehmen.

Das Bundeskartellamt hatte der größten deutschen Supermarktkette Edeka die Fusion mit dem deutlich kleineren Rivalen Kaiser's Tengelmann untersagt. Gabriel hatte dann im März unter Auflagen grünes Licht für den umstrittenen Zusammenschluss gegeben und damit das Veto der Wettbewerbshüter ausgehebelt. Die Supermarktketten kämpfen mit harten Bandagen um die Fusionspläne, sie traten eine Flut von Klagen los. Gegen die Ministererlaubnis hatte unter anderem der Edeka-Konkurrent Rewe vor dem Düsseldorfer Gericht geklagt. Konkurrent Tengelmann geht dort gegen die Entscheidung des Kartellamts vor. Und auch Edeka hatte gegen die Wettbewerbshüter geklagt.

RICHTER KRITISIEREN GEHEIMVERHANDLUNGEN



Die OLG-Richter übten in ihrer Entscheidung heftige Kritik am Vorgehen des Ministers: Gabriel habe in der entscheidenden Phase des Erlaubnisverfahrens "geheime Gespräche" mit Kaiser's Tengelmann und Edeka geführt. So sei etwa Mitte November mit den Beteiligten mündlich verhandelt worden. Zugleich habe aber ein Übernahmeangebot des Konkurrenten Rewe vorgelegen. Dies habe - anders als die Edeka-Offerte - den Erhalt aller 16.000 Arbeitsplätze bei Kaiser's Tengelmann vorgesehen.

Zudem habe der SPD-Minister und Vizekanzler im Dezember in "Sechs-Augen-Gesprächen" direkt mit den Chefs von Edeka und Tengelmann verhandelt. Gabriel habe damit die für ein transparentes Verfahren "unverzichtbare gleichmäßige Einbeziehung und Information aller Verfahrensbeteiligten unterlassen". Auch Gabriels Argument, die Ministererlaubnis diene dem Erhalt von Arbeitnehmerrechten und damit dem Gemeinwohl, sei in den Augen des Gerichts nicht rechtens.

EDEKA - HÄTTEN UNS ANDERE ENTSCHEIDUNG GEWÜNSCHT



"Gegen die (..) Ministererlaubnis bestehen ernsthafte Rechtmäßigkeitszweifel", heißt es in dem Reuters vorliegenden Begründungstext der Richter. "Bereits die summarische Prüfung der Rechtslage" führe zu dem Ergebnis, dass sechs Gründe für eine Aufhebung die Erlaubnisentscheidung Gabriels sprächen. Ob das Ministerium noch weitere Fehler gemacht habe, könne deshalb "auf sich beruhen". Das Bundeswirtschaftsministerium äußerte sich zunächst nicht zu der Gerichtsentscheidung.

Die Entscheidung der Düsseldorfer Richter ist noch nicht rechtskräftig. Dem Wirtschaftsminister bleibt ebenso wie Edeka und Tengelmann der Gang vor den Bundesgerichtshof. "Wir prüfen zunächst, welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen", teilte Edeka mit. "Im Interesse der Beschäftigten von Kaiser's Tengelmann hätten wir uns eine andere Entscheidung gewünscht", erklärte der Branchenprimus, der zuletzt insgesamt einen Umsatz von insgesamt 48,4 Milliarden Euro erzielt hatte. Rewe begrüßte die Entscheidung. Der erbitterte Edeka-Rivale erwarte angesichts der Aussagen des Gerichts, dass auch die endgültige Entscheidung nicht anders ausfällt, "weil sich die Fakten nicht mehr ändern".

TENGELMANN-EIGNER DROHTE BEREITS MIT DEM AUS



Doch auch die Umsetzung der im März erteilten Ministererlaubnis ist Edeka bislang nicht gelungen. Edeka-Manager und Arbeitnehmer hatten sich noch nicht darauf verständigen können, wie die von Gabriel geforderten Garantien zum Erhalt von Arbeitsplätzen und Mitbestimmung umgesetzt werden sollen. Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub hatte erst vergangene Woche signalisiert, dass er wegen anhaltender Verluste bei Kaiser's Tengelmann die Geduld verlieren könnte. Indirekt drohte er mit einem Aus für seine Supermarktkette, sollte die Fusion nicht in trockene Tücher kommen: Ohne eine Einigung gebe es für Kaiser's Tengelmann "verschiedene Möglichkeiten, aber keine sympathischen".