Es herrscht Aufbruchstimmung in den texanischen Städten Midland und Odessa. Die beiden Orte, 20 Meilen voneinander entfernt, sind die Schaltzentralen im Permian Basin, Amerikas größtem und profitabelstem Areal für die Öl- und Gasförderung durch Fracking. Mit der Technologie, bei der Gestein mit Flüssigkeiten unter hohem Druck aufgebrochen wird, und den Rohstoffreserven des 220 Quadratkilometer große Sedimentbeckens aus dem Perm-Erdzeitalter stiegen die USA während der vergangenen Jahre vom Importeur zum weltweit größten Exporteur von Öl und Gas auf. Das Fördergebiet im Westen von Texas und Südosten von New Mexico liefert 40 Prozent von Amerikas Öl- und Gasförderungen.

Im Permian Basin schreiben Firmen bei Ölpreisen über 46 Dollar pro Barrel (159-Liter-Fass) operativ Gewinn. Damit ist es Amerikas profitabelste Region für Fracking. An den Rohstoffmärkten wird Öl der Sorte WTI derzeit für 87 Dollar pro Barrel gehandelt. Weltweit sprudeln die Gewinne in der Öl- und Gasbranche.

Öl- und Gaspreise ziehen an

Ende Januar war der Ölpreis so hoch wie sei sieben Jahren nicht mehr. In Europa ziehen wegen der starken Abhängigkeit des Kontinents von Lieferungen aus Russland auch die Gaspreise überdurchschnittlich stark an. Dazu gesellt sich noch das Risiko einer russischen Invasion im Gas-Transitland Ukraine.

In den USA wird der Ölpreis währenddessen auch durch den Optimismus des Chefvirologen Anthony Fauci über ein mögliches Abklingen der Auswirkungen der Corona-Variante Omikron auf die Wirtschaft beflügelt. Die Lagerbestände bei Öl und Gas sind gesunken. Gleichzeitig zieht der Verbrauch in der Wirtschaft an. Experten erwarten deshalb für das ganze Jahr hohe Preise für Öl und Gas. Die Barclays Bank erhöhte ihre Prognosen für die Ölsorte WTI um fünf auf 82 Dollar pro Barrel. Im Februar sollen im Permian Basin erstmals mehr als fünf Millionen Barrel pro Tag gefördert werden.

Der britisch-niederländische Energieriese Shell hat sein Geschäft in dieser Region im Zuge eines groß angelegten klimafreundlichen Umbaus des Geschäftsmodells im September für 9,5 Milliarden Dollar an den US-Konkurrenten ConocoPhillips verkauft. Wie Shell richten alle europäischen Ölkonzerne ihr Geschäft neu aus. Das Ziel: Klimaneutralität bis 2050. Die jährliche Öl- und Gasförderung wird zurückgefahren, stattdessen fließt viel Geld in CO2-freie erneuerbare Energiequellen wie Solar- und Windparks.

In ihren Raffinerien, wo die fossilen Rohstoffe chemisch verarbeitet werden, ersetzen Shell & Co Öl und Gas langfristig durch klimaneutrale Rohstoffe. Amerikas Energieriesen nutzen währenddessen die große grüne Transformation der europäischen Konkurrenten, um ihr Öl- und Gasgeschäft auszubauen, wie jüngst ConocoPhillips.

Dennoch wollen auch Amerikas Energieriesen bis 2050 klimaneutral sein. Primus ExxonMobil, diesbezüglich seit geraumer Zeit stark unter Druck durch den aktivistischen Investor Engine One, verpflichtete sich erst jüngst zur Klimaneutralität bis dahin. Allerdings investieren Amerikas Öl- und Gasriesen nicht in erneuerbare Energie aus Solar- und Windparks. So will ExxonMobil lediglich die bei der Förderung üblichen Methangaslecks schließen und künftig auf das Entlüften und Abfackeln von Gasen verzichten. Großaktionären wie dem Schweizer Finanzkonzern UBS reicht das nicht. Sie machen weiter Druck.

Die weltweit größten Ausrüster der Ölindustrie, Halliburton und Schlumberger, begeistern unterdessen ihre Anteilseigner mit starken Zahlen. Halliburton, der weltweit größte Ausrüster der Fracking-Industrie, profitiert am stärksten von Boom in seinem Heimatmarkt.

Dividende wird verdoppelt

Der Konzern aus Houston in Texas fährt 40 Prozent von 15,3 Milliarden Dollar Umsatz für 2021 in den USA ein. Mit 4,28 Milliarden Dollar im vierten Quartal, einem Plus von 32 Prozent gegenüber dem Vorjahr, lag der Erlös deutlich über der höchsten Schätzung der Analysten von 4,17 Milliarden. Der Quartalsgewinn verdoppelte sich auf 36 Cent pro Anteil. Halliburtons Aktionäre werden an dem Erfolg mit einer Verdopplung der Dividende beteiligt.

Der Konzern sei vollständig ausgelastet, berichtet Chef Jeff Miller. Im neuen Geschäftsjahr soll deshalb viel Geld in zusätzliche Kapazitäten fließen. Auch insgesamt erwarten Analysten des US-Börsendiensts Bloomberg, dass Ausrüster, die überwiegend in Nordamerika aktiv sind, ihre Budgets für 2022 im Schnitt um 25 Prozent erhöhen. Die weltweite Nummer 1 Schlumberger ist außerhalb der USA besonders stark. Um das für die nächsten Jahre erwartete hohe Wachstum zu bewältigen, will der Konzern aus Houston in diesem Jahr zwei Milliarden Dollar in neue Kapazitäten investieren, 18 Prozent mehr als im Vorjahr.

Auch die fünf größten Ölkonzerne der Welt, ExxonMobil und Chevron aus den USA sowie BP, Shell und TotalEnergies aus Europa, können es sich gegenwärtig leisten, ihre Aktionäre stärker am Aufschwung der Branche zu beteiligen. Trotz der höheren Investitionen und neuer Aktienrückkäufe verfügten die fünf Riesen am Ende des dritten Quartals 2021 zusammen über 163 Milliarden Dollar Cash - ein neuer Rekord.

Im Eldorado der Branche in Texas ist ein langfristiger Ausstieg aus der Öl- und Gasförderung kein Thema. Das Permian Basin habe nun "den größten Hebel in der Belieferung der Welt mit Öl und Gas", sagt Bill Farren-Price, Direktor beim US-Marktforscher Enverus.
 


INVESTOR-INFO

Halliburton

Amerika beflügelt

Der führende Anbieter von Ausrüstung für Fracking aus Houston, Texas, fährt rund 40 Prozent seiner Erlöse in den USA ein. Der relative Anteil des US-Geschäfts ist doppelt so hoch wie jener des Rivalen Schlumberger. Nach dem starken Einbruch des Frackings im Jahr 2020 sollte Halliburton 2022 von höheren Kundeninvestitionen stark profitieren. Bei 18 Milliarden Dollar Umsatz werden 1,6 Milliarden Nettogewinn erwartet, gut 60 Prozent mehr Ertrag.

Shell

Raus aus dem Fracking

Die hohen Öl- und Gaspreise bescheren dem britisch-niederländischen Konzern viel Gewinn. Im September wurde die Quartalsdividende erhöht. Fracking passt nicht mehr zur Strategie und wurde 2021 verkauft. Die Kapazität klimafreundlicher Energien soll bis 2030 auf 560 Terawatt verdoppelt werden. Ab Montag wird Shell mit einer neuen ISIN (GB 00B P6M XD8 4) gehandelt.

Globaler Energie-ETF

Die Branche im Paket

Die hohen Preise für Öl und Gas verschaffen der ganzen Branche mächtig Auftrieb. Die Ölmultis sind bei Investoren zudem wegen ihrer nachhaltig hohen Dividenden beliebt. Beim ETF der DWS-Tochter Xtrackers werden die Ausschüttungen der Unternehmen thesauriert, also reinvestiert. Die Basis des Exchange Traded Fonds ist der MSCI World Index. Im Subindex sind sowohl die Aktien der Ölmultis als auch die ihrer Zulieferer wie Halliburton und Schlumberger enthalten. US-Firmen sind mit einem Anteil von knapp 56 Prozent am stärksten vertreten.