Sie zerbröselt von Stunde zu Stunde", sagte er zu RTL. Das passt zur Einschätzung der Grünen, in deren Reihen Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt am Donnerstag ebenfalls starke Zweifel äußerte. "Beim Blick auf den Zustand der CDU sehe ich aktuell nicht, wie eine Koalition mit CDU und CSU gehen soll", sagte sie der Funke-Mediengruppen. Die 2017 von vielen gefeierte Option einer Unions-geführten Jamaika-Regierung mit Grünen und FDP scheint derzeit in weite Ferne zu rücken - noch bevor die ohnehin schwierigen inhaltlichen Gespräche überhaupt beginnen können. Dafür gibt es nach Angaben aus den Parteien drei Gründe: die Zerrissenheit der CDU unter einem angeschlagenen Parteichef Armin Laschet; die CSU, die als ständiger Störenfried wahrgenommen wird; und echte Interessensgegensätze zwischen FDP und Union. Und an diesen drei Problemen ändert auch die Vereinbarung der Parteichefs von CDU, CSU und FDP nichts, sich am Sonntagabend für erste Sondierungen zu treffen. DER FEHLENDE ANSPRECHPARTNER IN DER CDU Unions-Kanzlerkandidat Laschet hat nach der Wahl eigene Verantwortung für das historisch schlechteste Ergebnis der Union bei einer Bundestagswahl eingeräumt. Aber den Weg freimachen will und kann er nach Angaben aus der CDU nicht. Parteigremien von CDU und CSU sowie die neue zusammengetretene Bundestagsfraktion statteten ihn und CSU-Parteichef Markus Söder vielmehr mit dem Mandat für Jamaika-Sondierungen aus. Der Grund: Kippt Laschet jetzt, wäre die Partei wochenlang mit einer Nachfolgedebatte beschäftigt. Die Chance für eine Regierungsbildung wäre auf jeden Fall dahin. Nur ist das Problem mit dem Bleiben von Laschet nicht gelöst. Denn es brodelt in der Partei weiter, seine Autorität hat gelitten, weil die Union schlechter als die SPD abschnitt. Laschet gilt als Parteichef auf Abruf. CDU-Vize Jens Spahn spricht von einem "Balanceakt", Sondierungen und personellen Neuanfang gleichzeitig zu bewältigen. Das schürt Misstrauen bei möglichen Partnern: "Wenn Sie keinen vernünftigen Ansprechpartner mehr haben, keinen starken Mann oder keine starke Frau, mit wem wollen Sie denn verhandeln und worüber?" fragt nicht nur Kubicki. FDP-Generalsekretär Volker Wissing lässt zwar keinen Zweifel, dass die Liberalen nach wie vor eher zu einer Jamaika-Koalition tendierten, und begründet das mit den Inhalten. Auf die Frage, wie realistisch das Zustandekommen eines solchen Bündnisses sei, sagte Wissing am Dienstag allerdings: "Wenn ich das wüsste, bräuchten wir die Gespräche ja nicht zu führen, die wir jetzt vorhaben." Er fügte hinzu: "Weil wir diese Gespräche mit Ernsthaftigkeit und auch mit Offenheit führen, kann ich Ihnen diese Frage beim besten Willen nicht beantworten." Ohnehin hat Wissing mit der Ampel-Koalition in Rheinland-Pfalz gute Erfahrungen gemacht. MISSTRAUEN IN CDU UND FDP GEGENÜBER DER CSU Dazu kommt die Unsicherheit bei FDP und Grünen, wie verlässlich eigentlich der vierte Partner CSU ist. Auch Kritiker von Laschet in der CDU geben CSU-Chef Söder eine ebenso große Mitschuld am schlechten Wahlergebnis. Schließlich hat der bei der Unions-Kanzlerkandidatur unterlegene Söder auch nach der Wahl weitergestichelt. Dazu kommt, dass sich CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zwar zu Jamaika-Sondierungen bekannte. Aber er macht aus seiner Abneigung gegenüber den Grünen keinen Hehl - was schon 2017 die Jamaika-Sondierungen belastete. Söder wiederum gilt nicht als Freund der FDP. "Ein Jamaika-Bündnis im Bund ist zudem nicht unbedingt im CSU-Interesse, weil es die Grünen vor der Landtagswahl in Bayern 2023 aufwerten würde", mutmaßt ein CDU-Bundesvorstandsmitglied. Dabei betonen alle Akteure, dass in einer künftigen Regierung das gegenseitige Vertrauen so wichtig sei. "Aber bei uns fragen sich schon einige, wieso die FDP mit dem Egomanen Söder eine Koalition eingehen soll", sagte ein führender FDP-Politiker zu Reuters. DIFFERENZEN UNION UND FDP Zwar galt als gesetzt, dass sowohl Laschet als auch FDP-Chef Christian Lindner ein Jamaika-Bündnis präferieren. Beide sind befreundet, loben öffentlich die gute Zusammenarbeit von CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen. Aber auch zwischen den "Wunsch-Partnern" gibt es Interessensgegensätze, die gerade erst spürbar wurden. Die FDP braucht schnelle Sondierungsgespräche mit der Union, schon weil dies ihre Verhandlungsposition gegenüber der SPD und den Grünen verbessern würde. Aber die Union hatte sich seit der Bundestagswahl gerade darauf verständigt, einen Schritt zurückzutreten und der SPD den Vortritt zu lassen. Deshalb war man in der Union irritiert, dass die Liberalen nun unbedingt schon am Samstag sprechen wollten - vor der Sondierung mit der SPD. In der CDU wollte man eigentlich erst kommende Woche beginnen, auch um zuvor die eigenen Reihen zu schließen. Nun einigte man sich auf Sonntagabend. Aber das gegenseitige Misstrauen ist eher größer geworden: In der FDP sorgt man sich über den Zustand der CDU. In der Union wächst das Misstrauen, dass man eigentlich nur gebraucht wird, um die Preise für die SPD zur Bildung einer Ampel-Koalition in die Höhe zu treiben.