"Die Griechen kommen jetzt langsam in der Realität an", sagt ein Vertreter der europäischen Geldgeber. Langsam wachse offenbar das Bewusstsein bei Tsipras, Varoufakis und ihren Mitstreitern, dass das Land und seine Banken dringend Milliarden bräuchten, um nicht in die Pleite zu rauschen.
Allerdings helfen die meisten Vorschläge aus Athen bei kurzfristigen Finanzproblemen allenfalls am Rande. Sie zielen vor allem auf die langfristige Bewältigung der griechischen Schulden, die die Regierung zuletzt auf 322 Milliarden Euro bezifferte. Schuldenerlass oder Umschuldung, der Tausch von Anleihen bei den ausländischen Gläubigern in Beteiligungen an Banken oder Unternehmen - all das haben Tsipras und Varoufakis in den vergangenen Tagen ins Spiel gebracht. Schnelles Geld bringt das nicht.
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ENDE FEBRUAR KOMMT ES ZUM SCHWUR
Wegen zwei Entwicklungen droht ein Drama: Zum einen muss das Land bis Ende März über vier Milliarden Euro an seine Gläubiger zahlen, darunter allein knapp drei Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF). Der Geldbedarf dürfte aber höher ausfallen, denn die Wirtschaft wächst wegen der politischen Unsicherheiten nicht mehr so stark wie erwartet. Das bedeutet weniger Steuereinnahmen. Hinzu kommen die ersten Korrekturen früherer Sparmaßnahmen durch die neue Regierung, etwa die Wiedereinstellung von entlassenen Staatsbediensteten. Auch das kostet Geld.
Duster könnte es für Tsipras und sein Land nach dem 28. Februar werden. Dann läuft die Frist aus, bis zu der das zweite Hilfsprogramm ordnungsgemäß abgeschlossen und dann eine Anschlussregelung gefunden werden kann. Die Regierung hat aber schon angekündigt, sie wolle die letzte Etappe des Programms gar nicht mehr mitfahren und auch keine Anschlussregelung suchen. Hält sie daran fest, drohen schwerwiegende Folgen. Es stellt sich nicht nur die Frage, wo Griechenland die benötigten Milliarden herbekommt.
Darüber hinaus könnten sich die griechischen Banken gegen eine Hinterlegung von Staatsanleihen kein Geld mehr bei ihrer Zentralbank besorgen, wenn der Staat insgesamt nicht an einem Hilfsprogramm unter Aufsicht von IWF, Europäischer Zentralbank und EU teilnimmt. Damit könnten die Geldhäuser in die Zahlungsunfähigkeit rutschen. Zudem ziehen viele Kunden ihr Geld von den Instituten ab.
Bislang beschafft sich Griechenland am Kapitalmarkt über Geldmarktpapiere kurzfristig Geld. Allerdings ist das Volumen von bis zu 15 Milliarden Euro Experten zufolge weitgehend ausgeschöpft. Zudem hätten zuletzt nur noch griechische Institute diese Papiere gekauft. "Die Ausländer sind aus diesem Geschäft längst raus", sagte ein Finanzexperte. Ungeachtet dessen hat die Regierung in Athen einem Zeitungsbericht zufolge schon beantragt, den Rahmen für diese Geldbeschaffung um 10 Milliarden auf 25 Milliarden Euro auszuweiten.
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VAROUFAKIS WILL IN MOSKAU NICHT UM GELD BITTEN
Dass sein Land angesichts der Misere Hilfen von Russland erbittet, zu dem die linke Regierung eine besondere Nähe hat, schloss Varoufakis in einem "Zeit"-Interview gerade aus. Und er verspricht, dass der griechische Staat keine neuen Schulden mehr machen will - lässt man die Zahlungen von Zinsen und Tilgungen für Altkredite außen vor. Auf konkrete Vorschläge, wie das alles funktionieren soll, warten die europäischen Partner noch. "Da haben wir noch nichts gehört", klagt ein Regierungsvertreter aus der EU.
Auf einem Feld ist das Land inzwischen tätig geworden: Die Regierung hat mit dem IWF, der kurzfristig die Bedienung seiner Kredite erwartet, Gespräche über eine Umschuldung aufgenommen. Bei einem Erfolg würde dies dem Land kurzfristig Luft verschaffen. Aber so weit ist es noch nicht.
Reuters