Das seit Jahren niedrige Zinsniveau hat den Lebensversicherungs-Anbietern in Deutschland schwer zu schaffen gemacht. Für die Finanzdienstleister ist es immer schwieriger geworden, genug Rendite am Kapitalmarkt zu erwirtschaften, um alte und teure Zinsgarantien zu bedienen. Zu Jahresbeginn stand ein Viertel der 80 Anbieter in Deutschland unter verschärfter Beobachtung der Finanzaufsicht Bafin. Nicht zuletzt stand die Tragfähigkeit ihres Geschäftsmodells auf dem Prüfstand.

Doch mit der Zinswende dreht sich offenbar auch der Wind für die Branche. Der oberste deutsche Versicherungsaufseher der Bafin, Frank Grund, hat angesichts steigender Zinsen vorsichtige Entwarnung gegeben. Bei den 80 Lebensversicherern entspanne sich damit die Lage allmählich, nur noch 15 von ihnen seien unter strenger Beobachtung der Aufsicht, sagte Grund jetzt bei einer Veranstaltung des Clubs Wirtschaftspresse München.

Darum sind Solvenzquoten für Lebensversicherungen wichtig


Die Solvenzquoten der Branche hätten zudem stark positiv auf die Zinsanstieg reagiert, stellte Grund fest. Es sei damit zu rechnen, dass sie sich weiter verbesserten. Die Solvenzquote gibt an, ob die Unternehmen über genug Eigenmittel verfügen, um eine schwere Wirtschaftskrise zu überstehen. Laut Bafin lag die Solvenzquote der Branche Ende 2021 bei 517 Prozent (Vorjahr: 389 Prozent).

Inzwischen sind offenbar auch die zusätzlichen Rückstellungen ausfinanziert, zu denen die Bafin die Versicherer aufgefordert hat, um ihre langfristigen Renditezusagen an die Kunden trotz der Niedrigzinsen einhalten zu können. So addierte sich diese sogenannte Zinszusatzreserve Ende 2021 auf rund 100 Milliarden Euro. Wenn der 10jährige Swap-Zinssatz auf dem aktuellen Niveau bleibe, müssten die Lebensversicherer schon in diesem Jahr kein Geld mehr für die Zinszusatzreserve zurücklegen, sagte Grund. "Zu einer Auflösung wird es 2022 nicht kommen, und wahrscheinlich auch nicht in den nächsten zwei bis drei Jahren."

Negativ wirkt sich für die Branche allerdings der Rückgang der Anleihenkurse aus, der mit den höheren Zinsen einhergeht. Aber sowohl das wie die höhere Inflation macht der Finanzaufsicht offenbar derzeit noch keine Sorgen.

Grunds Fazit: Unter dem Strich könnten die Lebensversicherer nun auch wieder höhere Überschussbeteiligungen bieten, die seit der Finanzkrise deutlich heruntergefahren wurden.

ehr, mit Material von Reuters