Für die Verbraucher sind die Schlagzeilen im Boulevard keine gute Nachricht: "Butter über zwei Euro!", meldet etwa die "Bild" und verspricht, "es wird noch teurer". Für die fast 70 000 Milchbauern in Deutschland ist das hingegen eine frohe Botschaft. Das erste Mal nach Jahren liegt der Milchpreis wieder auf einem Niveau, auf dem die Landwirte nicht mehr draufzahlen. Das freut auch die Branche der Landmaschinenhersteller, denn sie hofft nun auf kräftige Investitionen der Bauern - nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.

Die bisherigen Zahlen belegen den Aufschwung. Der Agrar- und Landtechnikhändler Baywa etwa meldet fürs erste Halbjahr allein beim Absatz von gebrauchten Traktoren ein Plus von 42 Prozent. "Wir erleben seit einigen Monaten auf zahlreichen Märkten ein konjunkturelles Comeback", bestätigt Bernd Scherer, Geschäftsführer des VDMA (Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbauer). Im Vorfeld der weltweit größten Agrartechnikmesse Agritechnica, die im November in Hannover stattfindet, berichtet der Verband von zweistelligen Zuwachsraten beim Auftragseingang aus dem In- und Ausland. Für das Gesamtjahr erwartet der VDMA ein Umsatzvolumen aus deutscher Produktion von 7,5 Milliarden Euro.

Dass die deutsche Entwicklung ein guter Indikator für den globalen Trend ist, liegt zum einen daran, dass von den sogenannten "Big Six" der Branche - John Deere, CNH Industrial, AGCO, Claas, Same-Deutz-Fahr (SDF) und Kubota - bis auf die letztgenannten Japaner alle auch oder zu großen Teilen in Deutschland entwickeln und produzieren. Das Traktorenwerk in Mannheim beispielsweise ist die größte John-Deere-Fabrik außerhalb der USA. Zu Kubota wiederum gehören der norwegische Pflughersteller Kverneland, zudem betreibt der Konzern inzwischen in Frankreich eine große Traktorenfabrik.

Zum anderen spielen Deutschland und die Europäische Union noch unter zwei anderen Aspekten eine wichtige Rolle im Agrartechnikbusiness: Von den jährlich rund 100 Milliarden Euro Produktionsvolumen weltweit entfallen ungefähr 28 Prozent auf die EU. Die USA und Kanada sind zwar in puncto Agrarproduktion nach wie vor die weltweite Nummer 1, doch bei der Landtechnik stehen sie mit 22 Prozent Marktanteil erst an zweiter Stelle.

Drittgrößter Produzent von Schleppern, Pflügen oder Sämaschinen ist China, allerdings sind die Hersteller dort oft in staatlicher Hand und ihre Maschinen international noch nicht wettbewerbsfähig. Wichtige Player der Branche kommen aus Indien wie etwa Tafe oder der Mischkonzern Mahindra. Auf dem Subkontinent sind allerdings einfachste Maschinen zu niedrigen Preisen gefragt.

Hochwertige Landtechnik, die auch den neuen Anforderungen durch die Digitalisierung der Agrarwirtschaft und dem sogenannten Precision Farming genügt, kommt hingegen hauptsächlich von den großen westlichen Herstellern oder den kleinen und mittelständischen Landtechnikunternehmen in Europa, vorwiegend aus Deutschland und Italien. Diese besetzen wichtige Nischen im Landtechnikmarkt - und sind vor allem als Übernahmeziele für die Branchenführer interessant.

AGCO etwa, einst durch ein Management-Buy-out der Deutz USA entstanden, wurde vor allem durch den Kauf der deutschen Vorzeigemarke Fendt zur Branchengröße. Im Frühjahr erwarben die Amerikaner die Sparte Grünfuttertechnik vom niederländischen Konzern Lely und können nun fast alle Geräte für den Landwirt anbieten.





Aus den einstigen Laverda-Mähdrescherwerken im italienischen Breganze hat AGCO ein Zentrum für die Entwicklung von Mähdreschern für die Märkte weltweit geschaffen. Anfang September stellte AGCO-Chef Martin Richenhagen dort einen vollkommen neu entwickelten Mähdrescher vor, der vor allem die Marktführerschaft des Familienunternehmens Claas bei diesen mehrere Hunderttausend Euro teuren Erntemaschinen brechen soll.

Baumaschinen als Ergänzung



Während ACGO sich rein auf die Landtechnik konzentriert, haben Deere oder CNH Industrial auch Baumaschinen im Portfolio. Das Geschäft ist zwar zyklisch wie der gesamte Agrarsektor, läuft aber oft zeitversetzt, was in Zeiten wie nach dem Einbruch bei der Landtechnik 2013 das Geschäft stabilisiert. So profitiert Deere derzeit schon kräftig von höheren Infrastrukturausgaben weltweit und verstärkte sich dieses Jahr zudem für vier Milliarden Euro mit dem deutschen Straßenbauspezialisten Wirtgen.

Zusätzlichen Schub durch seine Landtechniksparte dürfte der Baumaschinenhersteller Wacker Neuson bekommen. Die Münchner bauen ihre Produktion in Asien und Südamerika weiter aus und sind deshalb für die künftigen Wachstumsmärkte gut aufgestellt. Der Kurs hat binnen eines Jahres um mehr als 100 Prozent auf ein Rekordhoch zugelegt, dennoch ist die Aktie noch nicht zu teuer.

Auch wenn sich die Kurse der Landtechniker binnen zwölf Monaten um bis zu 40 Prozent verbessert haben, ist noch viel Platz nach oben. Denn zum einen hat die Branche die Dürrejahre für Rationalisierung und Entwicklung neuer Produkte, etwa im Bereich Precision Farming, genutzt und erreicht damit bessere Margen. Zum anderen dürfte bei den Preisen für Agrarrohstoffe das Ende der Tiefpreise erreicht sein. Und das heißt: Die Bauern haben wieder Geld für Maschinen. Wenn nun auch die US-Farmer nach den Turbulenzen seit der Amtsübernahme Donald Trumps Vertrauen gewinnen, dürften die Landtechniker gute Ernten einfahren.