Was hat die Steuerreform in den Vereinigten Staaten mit der Heilung von Krebs und der neuen Fusionswelle in der Biotechbranche zu tun? Mehr, als auf den ersten Blick ersichtlich ist: Die Steuerreform bietet amerikanischen Firmen die Möglichkeit, ihre unversteuerten Auslandsguthaben zum vergünstigen Steuersatz in die USA zurückzuholen. Laut Branchenexperten dürfte es sich dabei um mehr als 200 Milliarden Dollar handeln. Sind die erst einmal zurückgeholt, werden sie reinvestiert - ein guter Teil dürfte in den Kauf von Biotechfirmen fließen. Hier schließt sich der Kreis: Die Steuerreform verstärkt die Übernahmeaktivitäten in der Branche und spült den forschenden Unternehmen Geld in die Kasse.

Die bei Akquisitionen regelmäßig gezahlten hohen Prämien treiben nicht nur die Kurse der Übernahmekandidaten in die Höhe, sie verbessern auch die Wertentwicklung der Beteiligungsgesellschaft BB Biotech. Die Schweizer investieren wie ein Fonds, aber ohne Ausgabeaufschlag und Gebühr, in 33 große und kleine Biotechfirmen. Für Privatanleger eine interessante Möglichkeit, ohne eigenes medizinisches, technologisches und branchenspezifisches Wissen in die stark zersplitterte, aber innovative und lukrative Branche zu investieren. Immerhin hat das BB-Management in den vergangenen Jahren seine Kompetenz bewiesen: Der Kurs stieg im Schnitt jährlich um mehr als 20 Prozent. Zugleich zahlt BB Biotech eine Dividende von rund fünf Prozent. 2017 stieg der für die Beteiligungsgesellschaft relevante innere Wert (NAV) des Portfolios gemessen in Euro um 12,5 Prozent.

Ionis Pharmaceuticals ist mit etwa elf Prozent die derzeit größte BB-Beteiligung. Ionis führte gemeinsam mit Biogen das Mittel Spinraza gegen Muskelschwund zur Marktreife. Celgene, mit knapp zehn Prozent aktuell die zweitgrößte BB-Beteiligung, machte erst vor einigen Tagen Schlagzeilen: Für die zweite Übernahme in wenigen Wochen greift der US-Pharmakonzern tief in die Tasche.

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Milliardenschwere Übernahmen



Knapp neun Milliarden Dollar will Celgene für den auf Krebsmittel spezialisierten Kooperationspartner Juno Therapeutics zahlen. Die Offerte läuft bis zum 2. März. Die Papiere von Juno, ebenfalls im BB-Portfolio vertreten, schossen um fast 27 Prozent nach oben. Celgene hatte für den Kauf des Start-ups Impact Biomedicines erst im Januar bis zu sieben Milliarden Dollar geboten - abhängig von Zulassungs- und Verkaufserfolgen eines Krebsmedikaments. Und noch ist Celgenes Übernahmehunger nicht gestillt.

Branchenkenner zählen den ebenfalls im BB-Portfolio vertretenen Krebsspezialisten Agios zu den Favoriten. Celgene selbst überzeugt derweil mit zweistelligem Wachstum und einer prall gefüllten Pipeline. "Wir richten unseren Fokus nicht auf die Unternehmen, die übernommen werden können", sagt Portfoliomanager Christian Koch im Gespräch mit BÖRSE ONLINE. "Wir investieren vielmehr stets in die innovativsten Firmen im jeweiligen Bereich. Innovativ bedeutet für uns, dass eine Therapie dort einen hohen medizinischen Nutzen liefert, wo ein hoher Bedarf besteht."

Mit etwas über 34 Prozent liegt der Schwerpunkt der BB Biotech-Beteiligungen dabei klar im Bereich der Onkologie, vor den Bereichen Seltene Krankheiten (26 Prozent) und Neurologie (14 Prozent). Diese Aufteilung ergebe sich aus dem "expertenbasierten Investitionsprozess", sagt Koch, selbst promovierter Bioinformatiker. "Uns ist wichtig, dass sich unsere Portfoliomanager in ihrem jeweiligen therapeutischen Bereich hervorragend auskennen." Dazu zögen sie jeden Berater hinzu, den sie brauchten, um ihr Verständnis zu maximieren. "Während andere Fondsmanager sich häufig an Trends oder Indizes orientieren, trifft bei uns derjenige, der sich auf einem Gebiet am allerbesten auskennt, auch die Investitionsentscheidung."

Dass dieser Ansatz erfolgreich funktioniert, haben die Schweizer im vergangenen Jahr einmal mehr bewiesen: Erneut schlugen sie die Benchmark, den Nasdaq Biotech Index. Für 2017 verbuchte BB Biotech dank der starken Portfolioentwicklung eine Gesamtrendite von 13,1 Prozent (in Euro). Auch für das laufende Jahr sind die Schweizer optimistisch und erwarten, dass die Branche dank der immer höher werdenden Innovationskraft und des steigenden Anteils neuer Medikamente weiter stark wächst. Zu den Highlights, die die Portfoliobeteiligungen für 2018 bereithalten, zählt Koch eine Reihe von erwarteten Zulassungen und Produktlancierungen diverser Unternehmen. Fundamental sei der Sektor attraktiv bewertet. "Wir sehen noch genug Opportunitäten", sagt er. "Es ist nicht so, als ob die ganze Branche überbewertet sei."