Prüfungen an den betreffenden Autos, unter anderem von Modellen der C-Klasse und SUVs der G-Baureihe, fänden bereits statt. Sie hätten einen vergleichbaren Motor wie der gerade zurückgerufene Transporter Mercedes Vito. Daimler erklärte, dem Unternehmen liege keine amtliche Anhörung des KBA - die Vorstufe zu einem Rückrufbescheid - zu den genannten Fahrzeugen vor. "Zu Spekulationen des Spiegels äußern wir uns nicht", ergänzte ein Sprecher.

Eine Sprecherin des Bundesverkehrsministeriums bestätigte gegenüber Reuters nur, dass Verkehrsminister Andreas Scheuer das KBA angewiesen habe, weiteren Verdachtsfällen bei Mercedes unverzüglich nachzugehen. Das Amt aus Flensburg untersteht dem Ministerium. In dieser Woche hat es Mercedes zu einem Rückruf von weltweit gut 4900 Vito-Modellen mit Diesel-Abgasnorm Euro 6 verpflichtet, darunter knapp 1400 aus Deutschland. Die Behörde sieht es als erwiesen an, dass eine rechtlich unzulässige Abschalteinrichtung zum Einsatz kam. "Aufgrund der eingebauten Abschalteinrichtungen kann es im Betrieb der Fahrzeuge zu erhöhten NOx-Emissionen kommen", teilte das KBA am Freitag mit.

Scheuer hat wegen der vermuteten illegalen Abschalteinrichtung beim Vito Daimler-Chef Dieter Zetsche für kommenden Montag nach Berlin beordert, wie eine Sprecherin des Ministeriums bestätigte. Zetsche habe sein Kommen auch zugesagt. Ein Daimler-Sprecher wollte sich zu dem Termin nicht äußern. Der Verkehrsminister hatte dem Spiegel gesagt, er habe das KBA angewiesen, weitere Verdachtsfällen bei Mercedes zu prüfen. "Ich erwarte, dass Mercedes seinen Kunden gegenüber Klarheit schafft", zitierte ihn das Magazin.

Daimler ist zu dem Rückruf des Vito, bei dem ein Software-Update für die Motorsteuerung vorgenommen werden soll, bereit. Die Motoren stammen vom französischen Partner Renault. Die genaue Zahl der betroffenen Fahrzeuge sei noch nicht geklärt, sagte ein Daimler-Sprecher. Doch der Stuttgarter Konzern kündigte Widerspruch gegen die Feststellung des KBA an, es handele sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung. Notfalls will der Autobauer das vor Gericht klären lassen.

Daimler hatte nach Ausbruch des Dieselskandals bei Volkswagen im September 2015 lange Zeit betont, die Abgasreinigung nicht durch eine Abschalteinrichtung manipuliert zu haben. Schon länger wiederholt der Konzern diese Aussage nicht, denn in Deutschland und den USA laufen noch Ermittlungen zu möglichen Gesetzesverstößen. VW hatte zugegeben, konzernweit elf Millionen Autos so programmiert zu haben, dass die Abgasreinigung nur auf dem Prüfstand, nicht aber auf der Straße ordnungsgemäß funktioniert. Während in den USA dies als Rechtsverstoß bei VW mit Milliarden-Bußgeld geahndet wurde, ist in Deutschland die Frage noch nicht geklärt. Die Staatsanwaltschaften in Braunschweig, Stuttgart und München ermitteln noch, ob sich Verantwortliche bei VW, Audi, Porsche, Daimler und seit kurzem auch bei BMW des Betruges schuldig machten.