Eines lässt sich mittlerweile beinahe mit Sicherheit ausschließen: Eine zügige Fortsetzung des Aufwärtstrends im Deutschen Aktienindex ist vom Tisch, das sollte nun auch dem hartgesottensten Optimisten klar sein. Dies zeichnete sich bereits ab, als der Index im August erstmals deutlicher unter die 200-Tage-Linie rutschte und dabei auch den langfristigen Aufwärtstrend (grüner Kanal im Tageschart) nach Süden verließ. Der missglückte Versuch, diese Chartmarken zurück zu erobern, bestätigte dieses erste Negativsignal: Anleger, die vom ersten Einbruch überrascht wurden, nutzten die Erholung nur als zweite Chance, um sich zu besseren Kursen aus ihren noch bestehenden Aktienengagements zu verabschieden. Dieses Verhalten dürfte die Marktentwicklung in der näheren Zukunft auch weiter dominieren.





Langfristig bleiben wir zwar optimistisch, aber die kommenden Tage, Wochen und vielleicht sogar Monate werden bestenfalls wechselhaft. Es wird nicht mehr zu jedem beliebigen Kurs gekauft, der Markt muss erst wieder ein für die Mehrheit attraktives Preisniveau erreichen. Doch wo dieses liegt, lässt sich nur schätzen - die 8900er-Marke war es vielleicht noch nicht. Doch Vorsicht: Bei langfristigen Unterstützungen / Kaufzonen sollte ein kleiner Durchbruch im Handelsverlauf eines einzigen Börsentages nicht überbewertet werden. Es bleibt abzuwarten, wo der der Markt heute schließt, und wie er sich in den kommenden Tagen entwickelt. Realistisch betrachtet ist die Gefahr weiter fallender Notierungen jedoch jetzt schon sehr groß, Fehlausbrüche nach unten sind zwar immer möglich, aber recht selten.



Anleger müssen sich auf jeden Fall auf einen weiteren Rückgang in Richtung 8500 Zähler gefasst machen, bis dahin ist es jetzt ohnehin nur noch ein Katzensprung. Auch eine Korrektur bis zurück an die langfristige Unterstützung bei 7500 Punkten ist möglich. Dort hätte der Markt sich um rund 20 Prozent von der 200-Tage-Linie nach unten abgesetzt (lilafarbener Indikator unter dem Wochenchart des DAX). Auf diesem Niveau kam es schon Ende des vergangenen Jahrtausends immer wieder zu Zwischenerholungen, auch wenn richtige Crash-Phasen sogar zu Abweichungen von bis zu 40 Prozent von diesem Durchschnittskurs führten. Doch selbst die heftige 2011er-Korrektur, als der DAX ein Drittel an Wert verlor, stoppte schließlich, als die Kurse sich zu weit unter die am Markt sehr stark beachtete 200-Tage-Linie absetzten. Sie hilft daher dabei, ein erstes Kursziel zu ermitteln, zumal bei 7500 Punkten auch mehrfach schon gekauft wurde - zuletzt im Vorjahr. Dadurch ist diese Marke auch im Chart - und damit in den Köpfen vieler Anleger - sehr präsent.





Schon vor der 7500, an den ehemaligen Allzeithochs um 8000/8150 Punkten, könnten selbst bei einer stärkeren Abwärtsbewegung bereits erste Schnäppchenjäger wieder aktiv werden. Auch diese Kursniveaus sind vielen Investoren noch in guter Erinnerung. Wer die Rally nach dem Ausbruch über diese einst zähe Hürde in 2013 verpasst hat, dürfte hier eine gute zweite Chance sehen, noch einmal billiger in langfristige Aktienpositionen einsteigen zu können.



Ein Szenario haben wir nun also bereits ausführlich beschrieben: Ein weiterer Absturz des Deutschen Aktienindex, und die entsprechend daraus resultierenden Kursziele. Für den - leider etwas weniger wahrscheinlichen - Fall, dass sich der Markt doch noch fängt, gibt es ein zweites Szenario: Die Kurse stabilisieren sich schnell wieder oberhalb der 8900, und es schließt sich eine längere Seitwärtsbewegung an, bei der die Zone um 9800/9900 die vermutete Obergrenze darstellt. Hier kam es seit Jahresbeginn wiederholt zu starkem Abgabedruck. In der aktuellen Stimmungslage am Markt dürfte ein Ausbruch über diesen Widerstand kaum vorstellbar sein.



Eine Voraussetzung dafür, dass dieser Fall eintritt, wäre aber eine schnelle Erholung des Index zurück über die Zone 8950/9000, und auch über das Areal 9170/9190. Auf diesen Niveaus wurde in den vergangenen Tagen wiederholt abverkauft. Solange dort noch weiterer Abgabedruck im Markt ist, dürfen sich Anleger keine Illusionen über eine stärkere Gegenbewegung zurück nach oben machen. Ein Test dieser Hürden ist dagegen sogar relativ wahrscheinlich, zumal der Markt bereits deutlich überverkauft ist. Zwei Argumente für eine Atempause im Abwärtstrend: Die Kurse haben sich um fast sieben Prozent von dem kurzfristigeren Durchschnitt der vergangenen 21 Börsentage nach unten entfernt, so viel wie zuletzt in den volatilen Zeiten kurz nach dem weiter vorne bereits erwähnten 2011er-Crash (siehe blaue Indikatorlinie unter dem Tageschart des DAX).

Auch die in den vergangenen DAX-Chartanalysen bereits häufiger gezeigte Grafik der prozentualen Anzahl an DAX-Aktien, die noch über ihren Monatskursen notieren, ist ein verlässlicher Signalgeber: Es sind nur noch so wenige Papiere über ihrer 21-Tage-Linie, dass eine bald einsetzende Zwischenerholung beinahe zwingend scheint - zumindest war es in der Vergangenheit meistens so. Anleger sollten aber nicht den Fehler machen, eine physikalisch erforderliche Gegenbewegung des Marktes für den Beginn einer stärkeren Erholung zu halten.




Andreas Büchler ist Herausgeber des "Index-Radar", der größte tägliche Börsenstatistik-Report Deutschlands. Der Experte für Handelssysteme ist zudem Vorstand der Qarat AG, einer auf Quantitative Analyse und Algorithmic Trading spezialisierten Forschungsgesellschaft.

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