Der neue Deutsche-Bank-Chef John Cryan macht ernst mit den angedrohten Bonuskürzungen. In einigen Abteilungen werde der Prämientopf für 2015 um bis 30 Prozent kleiner ausfallen als im Vorjahr, sagten drei mit der Sache vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Die Manager seien mit einer entsprechenden Vorwarnung im Dezember in die Leistungsgespräche mit ihren Mitarbeitern geschickt worden, betonte einer der Insider. "Für die Mitarbeiter ist das sicherlich eines der schlechtesten Jahre." Endgültige Klarheit darüber, wie hoch der individuelle Bonus ausfalle, bekämen die Mitarbeiter dann Anfang März. Bis dahin könne der jeweilige Topf für die Sparte auch noch weiter nach unten angepasst werden, sagte ein anderer Insider. Konzernweit lägen die Einschnitte im Durchschnitt wohl aber unter 30 Prozent. Die Deutsche Bank wollte sich am Montag nicht zu den Informationen äußern.

Cryan hatte im Juli die Nachfolge des glücklosen Anshu Jain angetreten, er soll die renditeschwache und von unzähligen Skandalen belastete Deutsche Bank wieder in die Spur bringen. Die Aufräumarbeiten und die anhaltend hohen Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten führen erst einmal zu einer tiefroten Bilanz: 2015 steht ein Rekordverlust von fast sieben Milliarden Euro zu Buche, wie das Institut in der vergangenen Woche mitteilte. Bremsspuren gibt es inzwischen auch im Tagesgeschäft, insbesondere im Investmentbanking, wo traditionell die höchsten Boni gezahlt werden. Damit dürfte der Druck noch einmal gestiegen sein, auch bei den Mitarbeitern den Rotstift anzusetzen. Details zum Geschäft werden bei der Jahrespressekonferenz an diesem Donnerstag erwartet.

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ANGST VOR DEM EXODUS



Dass Bonuskürzungen kommen, hatte Cryan bereits angekündigt - schließlich fällt für zwei Jahre auch die Dividende aus. Erst im November kritisierte der Brite, nach seiner Einschätzung verdienten Banker im Allgemeinen immer noch zu viel. Er selbst würde für einen Bonus nicht mehr arbeiten als ohnehin schon. Nun verdichten sich beim Branchenprimus die Anzeichen, dass die Zügel deutlich angezogen werden. "Betroffen sind alle außertariflichen Mitarbeiter und ein Großteil der Beschäftigten mit Tarifvertrag, die keine Sonderregelungen ausgehandelt haben", sagte ein anderer Insider. Für die Bank falle die Entscheidung durchaus in eine kritische Zeit: Denn im Investmentbanking und Teilen der Vermögensverwaltung - beide Bereiche werden gerade umgebaut - gebe es inzwischen etliche Talente, die mit einem Weggang liebäugelten. Hier seien teilweise sogar "Halteprämien" im Gespräch. Auch dazu wollte sich die Bank nicht äußern.

Ab diesem Jahr soll die Vergütung für die außertariflichen Mitarbeiter ohnehin umgestellt werden. Das kündigte Cryan vor wenigen Tagen in einem Brief an die Belegschaft an. Vergütung und Leistung sollen nach seinen Worten "besser in Einklang" gebracht werden. Ohne das Gesamtvergütungsniveau zu ändern, soll demnach das Fixgehalt für "einige" dieser Mitarbeiter eine größere Gewichtung bekommen. Der variable Teil besteht dann aus zwei Komponenten: Eine bezieht sich auf die Konzernergebnisse der Bank, die zweite berücksichtigt die Leistungen der Sparte und des einzelnen Mitarbeiters. "Eine nachhaltige Balance zwischen Mitarbeiter- und Aktionärsinteressen ist wesentlicher Bestandteil der Strategie 2020", betonte Cryan.

Reuters