Paul Achleitner, Aufsichtsratschef der Deutschen Bank, kann die Spekulationen über eine Fusion mit der Commerzbank kaum noch im Zaum halten. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg hat es jüngst Sondierungen zwischen den Großaktionären und der Bundesregierung gegeben - nichts Formelles, nichts Akutes, aber das Thema stehe auf der Agenda.

Fest steht: Für eine solche Lösung spricht einiges. Sie würde aber angesichts stark überlappender Geschäftsbereiche mit einem personellen Kahlschlag einhergehen, und das schreckt die Protagonisten derzeit noch ab. Dennoch stehen die beiden deutschen Häuser erneut im Fokus, und sie sind damit nicht allein: Fusionsspekulationen treiben in diesen Tagen die Kurse der Bankaktien europaweit ebenso an wie EZB-Zinsanstiegserwartungen.

Die Geldhäuser leiden unter Wettbewerbsdruck, Niedrigzins, immer stärkerer US-Konkurrenz und politischen Turbulenzen. So war die Italien-Krise Auslöser für die jüngsten Gerüchte über ein Zusammengehen des italienischen Branchenprimus Unicredit mit der französischen Großbank Société Générale. Italiens Institute stehen wegen der neuen Regierung unter Druck. Und Unicredit gilt als Angelpunkt einer europäischen Bankenkonsolidierung.

Der Ex-Société-Générale-Banker und heutige Unicredit-Chef Jean-Pierre Mustier könne grenz-überschreitende Lösungen schaffen, heißt es. Im vergangenen Jahr sollen es die Italiener auch auf die Commerzbank abgesehen haben. Doch noch sind die regulatorischen Hürden gerade für grenzüberschreitende Zusammenschlüsse hoch.

Zudem ist eine Übernahme einer deutschen Großbank durch einen italienischen, französischen oder Schweizer Konkurrenten derzeit aus politischen Gründen kaum vorstellbar. "Deutsche Bank und Commerzbank werden aus Berlin kontrolliert", heißt es bei einem Deutsche-Bank-Großaktionär.

Berliner Schutzschirm

In dieses Bild passt, dass Bundesfinanzminister Olaf Scholz am Mittwoch bei einer Investorenkonferenz der Deutschen Bank in Berlin dem Geldhaus demonstrativ den Rücken stärkte - und starke deutsche Banken forderte. Negativmeldungen der US-Aufsicht über den Zustand der US-Aktivitäten der Bank hatten zuvor einen Kurssturz beim Branchenprimus ausgelöst.

Dem neuen Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing bläst ohnehin von allen Seiten der Wind ins Gesicht. Gerade erst hat er angefangen, die Neuausrichtung der Bank mit abgespecktem Investmentbanking, Kostensenkungen und dem Teilbörsengang der DWS umzusetzen.

Sollte Sewing jedoch nicht vorankommen, in Kapitalnöte geraten oder der Aktienkurs sich unter neun Euro festsetzen, dann gilt in Finanzkreisen dieses Szenario als wahrscheinlich: Die Deutsche Bank (Marktkapitalisierung: knapp 20 Milliarden Euro) übernimmt die Commerzbank (zwölf Milliarden) und könnte damit auch ihr Eigenkapital stärken. Der deutsche Staat (derzeit mit 15 Prozent an der Commerzbank beteiligt) wäre am fusionierten Institut mit rund fünf Prozent beteiligt. Der eingangs befürchtete Kahlschlag wäre dann allerdings wohl auch unausweichlich.