Biotechnologie verändert die Medizin. Das beginnt bei der Vorsorge, geht weiter über die Diagnose und reicht bis zur Behandlung von Krankheiten. Wenn sich ein Mittel oder eine Technologie am Markt durchsetzt, profitieren nicht nur die Patienten. Auch bei den Anteilseignern des entsprechenden Unternehmens kommt der Produkterfolg in Form von Kursgewinnen an. Allerdings ist der Weg sehr weit. Bis ein Produkt wirklich die Marktreife erlangt, vergeht viel Zeit. Und es sind auch umfangreiche Finanzmittel nötig, um die Zulassungsvoraussetzungen zu schaffen und das Produkt auf dem Markt zu etablieren.

Ein ziemlich langes Stück dieses Weges hat das in Berlin beheimatete Diagnostikunternehmen Epigenomics hinter sich gebracht. 2018 könnte der Durchbruch auf dem US-Markt gelingen. Besonders spannend ist die Ausgangssituation auch noch aus einem anderen Grund. Im Frühjahr erhielt das Unternehmen ein Übernahmeangebot in Höhe von 7,52 Euro pro Aktie von der chinesischen Firma Summit Hero Holding. Die geforderte Annahmequote von 75 Prozent wurde nicht erreicht. Deshalb zogen die Chinesen ihr Gebot zurück. Nun notiert der Aktienkurs weit unterhalb der Offerte. Das lässt zumindest die Spekulation offen, dass ein neues Angebot kommen könnte. Doch Epigenomics kann es auch aus eigener Kraft schaffen.

Etappenziel erreicht. Das Unternehmen hat schon eine recht lange Börsenhistorie. Die Emission erfolgte im Jahr 2004. Mit den Mitteln der Investoren sollten Gentests zur Diagnose von Krebserkrankungen aus dem Blut der Patienten zur Marktreife entwickelt werden. Epigenomics fokussierte sich zu Beginn vor allem auf Darmkrebs. Der Test hat eine höhere Trefferquote als die üblichen Verfahren, die vor allem mit Stuhlproben arbeiten. Nach einigen Rückschlägen konnte das Testverfahren Epi proColon eine Marktzulassung in Europa und vor allem 2016 auch in den USA erlangen. Damit ist allerdings nur ein Etappenziel erreicht.

Das Unternehmen muss Labore und Ärzte überzeugen, die Testverfahren auch zu verwenden. Gerade in den USA tat sich Epigenomics damit lange schwer, weil noch keine Erstattungszusage der Kassen vorliegt. Die Erlöse blieben hinter den Erwartungen, die Biotech-Firma schrieb rote Zahlen. Doch nun deuten erste Indikationen darauf hin, dass die Kassen ab Jahresbeginn 2018 125 Dollar pro Test erstatten könnten.

Chancen in Sicht. Epigenomics wird an der Börse mit rund 100 Millionen Euro bewertet. Das sieht für ein Unternehmen mit hohen Verlusten üppig aus. Doch in Relation ist es sehr wenig. Die vom Produktspektrum vergleichbare US-Firma Grail, die jedoch noch keine Zulassung hat, erhielt 2017 Hunderte Millionen Euro Risikokapital und wird von Investoren demnach mit mindestens einer Milliarde Euro bewertet. Epigenomics kann ebenfalls in solche Regionen aufsteigen. Wenn der Darmkrebstest ins Laufen kommt, kann das Unternehmen auch Epi proLung, ein Verfahren zur Diagnose von Lungenkrebs, in die Zulassung bringen. Dafür werden sich dann leicht Finanzpartner finden lassen. Es könnte auch sein, dass zuvor ein Wettbewerber oder ein Finanzinvestor versucht, Epigenomics komplett zu übernehmen. Dabei sollte das alte Gebot eher die Untergrenze sein.

Bei allem Potenzial muss Anlegern ganz klar sein, dass Epigenomics wohl noch einmal eine größere Kapitalerhöhung benötigen könnte, die die Gewinne verwässern würde. Die Barmittel reichen nur, um das Unternehmen für das Jahr 2018 zu finanzieren. Das darf ebenso abschrecken wie eine wahrscheinlich höhere Volatilität der Aktie.