Fannie Mae - da war doch was, oder? Ja, Fannie Mae und Freddie Mac standen als die beiden größten US-Immobilien-Finanzierer, die auch heute noch rund 60 Prozent der neu genehmigten US-Immobilienkredite besitzen oder garantieren, im Epizentrum der Finanzkrise. 2008 waren die beiden Unternehmen, die Hypotheken von Kreditinstituten aufkaufen, diese zu Anleihepaketen bündeln und an Investoren verkaufen, praktisch pleite, doch mit einer "milden Spende" von insgesamt 187,5 Milliarden Dollar rettete der Staat die beiden Institute vor dem Aus.

Den Aktienkursen half das allerdings nicht sofort. Bei der 1938 gegründeten Fannie Mae (WKN: 856099, 3,96 Dollar, 2,843 Euro), dem Branchenprimus und weltgrößten Branchenvertreter, der in der Langfassung Federal National Mortgage Association heißt, endete der Sturzflug erst am 08.07.2010 bei 0,19 Dollar. Gemessen an dem am 18.12.2000 markierten Rekordhoch von 87,81 Dollar war das gleichbedeutend mit einem Verlust von fast 100 Prozent. Das Abrutschen in den Penny-Stock-Bereich für länger als 30 Tage wurde zudem mit einem Delisting von der New York Stock Exchange bestraft.

Seitdem wird der Titel nur noch am OTC-Bulletin Board gehandelt. Doch dieser Titel hat dem Titel keineswegs geschadet. Vielmehr hat die Notiz gemessen am aktuellen Stand seitdem um beeindruckende 1.984 Prozent zugelegt. Es sind vermutlich diese volatilen Ausschläge, die Spekulanten anziehen wie das Licht die Motten. An der Börse Stuttgart beispielsweise zählte der Wert jedenfalls zuletzt regelmäßig zu den Top 10 Auslandswerten mit den meisten Preisfeststellungen.

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Politik plant Liquidierung

Angelockt werden die Zocker neben der hohen Volatilität auch von der Nachrichtenlage, denn die birgt Brisanz und birgt sowohl enorme Kurschancen als auch -risiken. Zu tun hat diese Konstellation letztlich mit der Rolle des Staates, der bei Fannie Mae nach der erwähnten Rettungsmaßnahme faktisch das Sagen hat. Von Seiten der Politik gibt es jetzt aber einen Reformvorschlag für den Hypothekenmarkt, der eine Liquidierung von Fannie Mae und Freddie Mac auf Sicht von fünf Jahren vorsieht und eine Übernahme deren Aufgaben durch mehrere private Hauskreditunternehmen. Der Vorschlag wurde an der Börse auch prompt mit einem heftigen Kursrutsch bestraft. Binnen gut einer Woche stürzte die Notiz im März um 47 Prozent ab. Zuletzt hat sich der Kurs aber wieder etwas erholt, was damit zu tun hat, dass längst nicht klar ist, ob die Pläne wirklich wie skizziert umgesetzt werden.

Widerstände gibt es unter anderem von Anlegerseite, zu denen auch einige prominente Hedge-Fondsmanager zählen. Sie wollen die Reform verhindern und Fannie Mae und Freddie Mac erhalten. Außerdem haben sie den Staat schon vor längerer Zeit nach dem Beschluss verklagt, dass alle Dividenden von Fannie Mae und Freddie Mac an den Staatssäckel gehen und die freien Aktionäre leer ausgehen. Abzuwarten bleibt auch, ob die privaten Anleger eine Entschädigung erhalten, wenn die beiden Institute tatsächlich aufgelöst werden. Zu den Skeptikern zählt dabei mit James Lockhart III der ehemalige Chef der US-Regulierungsbehörde FHFA. Seiner Einschätzung zufolge sind die Anteilsscheine der beiden Institute wertlos. Ganz anders sieht das dagegen Hedge-Fund-Aktivist Bill Ackman von Pershing Square Capital Management, der jüngst erst seine Beteiligung an Fannie Mae und Freddie Mac auf jeweils mehr als elf Prozent erhöht hat.

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Volatilität dürfte hoch bleiben

Was passieren wird, dürfte im Zweifelsfall letztlich von den Gerichten entschieden werden. Für alle Beteiligten steht dabei einiges auf den Spiel. Schließlich kommt ein Wert wie Fannie Mae auch heute noch auf einen Börsenwert von 22,73 Milliarden Dollar. Um was es geht, zeigt sich auch an den geleisteten Dividendenzahlungen. Insgesamt haben Fannie Mae und Freddie Mac bereits 203 Milliarden Dollar an den Staat ausgeschüttet und damit mehr zurückgezahlt, als sie an Hilfsgeldern erhalten haben. Fannie Mae hat zudem für 2013 begünstigt von verschiedenen Sonderfaktoren einen Nettogewinn von 84 Milliarden Dollar ausgewiesen, der sogar den Börsenwert mehrfach überstieg. Nach acht Quartalen mit Gewinnen in Folge werden die Ergebnisse künftig zwar nicht mehr so hoch ausfallen, profitabel würde man bei einem stabilen Immobilienmarkt aber bis auf weiteres bleiben. Wobei zunächst erneut ein Sondereffekt das Ergebnis aufhübschen wird, denn in einem Rechtstreit wurde die Bank of America zur Zahlung einer Strafe von 9,6 Milliarden Dollar an die beiden halbstaatlichen US-Hypotheken-Finanzierer verdonnert.

Die noch immer etwas verworrene Ausgangslage rund um die Hypotheken-Finanzierer spricht für weiterhin heftige Kursausschläge. Je nachdem, wie die Nachrichten zur Zukunft der beiden Institute und die Behandlung der privaten Aktionäre ausfallen, wird der Aktienkurs entweder mit stark steigenden oder stark fallenden Notierungen reagieren. Was wirklich passieren wird, ist derzeit aber seriös kaum vorherzusagen und deshalb ist ein Papier wie das von Fannies Mae wie schon Eingangs erwähnt ein echtes Zocker-Papier. Positionieren sollte sich nur, wer an ein Überleben des Unternehmens oder zumindest eine lukrative Entschädigung glaubt und wer in der Lage ist, nicht auszuschließende Kursverluste zu verdauen. Otto Normalanleger sollte wegen der schwierig einzuschätzenden Chance-Risiko-Konstellation aber besser die Finger von einem Investment lassen.