Der kanadische Düngemittelriese Potash wirft im Übernahmepoker um den deutschen Rivalen K+S das Handtuch. Nach heftigem Widerstand des Kasseler Unternehmens und aus der Politik zieht Potash seine informelle milliardenschwere Offerte zurück. "Angesichts der Marktbedingungen und der fehlenden Unterstützung seitens des K+S-Managements sind wir zu dem Schluss gekommen, dass es nicht länger im Interesse unserer Aktionäre liegt, den Zusammenschluss weiterzuverfolgen", erklärte Potash-Chef Jochen Tilk. Die Nordhessen begrüßten den Schritt am Montag: K+S habe positive langfristige Perspektiven als eigenständiges Unternehmen.

Anleger warfen die Aktien jedoch angesichts der geplatzten Übernahmefantasien aus ihren Depots. Die Papiere brachen um bis zu 26,2 Prozent ein, der zweitgrößte Kurssturz der Firmengeschichte. Mit 22,87 Euro waren die Aktien so billig wie zuletzt zu Jahresbeginn und lagen damit sogar noch 20 Prozent unter dem Niveau unmittelbar vor Bekanntwerden der Potash-Übernahmepläne Ende Juni. Der Börsenwert von K+S schrumpfte um 1,5 Milliarden Euro. Damit muss das Unternehmen um seinen Platz in der ersten deutschen Börsenliga, dem Dax, zittern.

Auch auf das K+S-Management steigt der Druck. Es muss nun unter Beweis stellen, wie der Salz- und Düngemittelhersteller aus eigener Kraft seinen Kurs deutlich steigern kann. Vorstandschef Norbert Steiner hatte die informelle Offerte über 41 Euro je Aktie, die K+S mit knapp acht Milliarden Euro bewertet hatte, wiederholt als zu niedrig zurückgewiesen. Eine neue Mine, die K+S 2016 in Kanada in Betrieb nehmen will, sei im Aktienkurs noch nicht berücksichtigt. Es gebe eine "Bewertungslücke" von bis zu 21 Euro je Aktie, hatte Steiner kurz nach Bekanntwerden der Potash-Übernahmepläne gesagt. Von diesen Kursvorstellungen ist K+S nun aber weit entfernt.

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K+S RECHNET MIT DEUTLICHEM UMSATZ- UND ERGEBNISANSTIEG



Steiner zeigte sich dennoch zuversichtlich: "Dieser Schritt schafft Klarheit", sagte er zum Rückzug von Potash. "Wir sind überzeugt davon, dass wir unser Unternehmen mit der konsequenten Umsetzung unserer Zwei-Säulen-Strategie langfristig erfolgreich weiterentwickeln können. Wir sind stark bei Kali und bei Salz." In beiden Geschäftsbereichen rechne der Konzern mittelfristig weiter mit "spürbarem Wachstum". Trotz der schwachen Kalimärkte gehe der Vorstand 2015 unverändert von einem deutlichen Umsatz- und Ergebnisplus aus.

Analyst Markus Mayer von der Baader Bank erwartet, dass sich der Vorstand auf das Salzgeschäft konzentrieren und Pläne schmieden wird, wie die weltweite Präsenz erweitert werden kann. Nach Einschätzung von Christian Faitz von Kepler Cheuvreux muss das Management zeigen, dass es zumindest den Wert schaffen kann, den Potash zu zahlen bereit war. Er rechnet bis auf weiteres nicht damit, dass die Kanadier oder ein anderer Bieter bei K+S zu einem niedrigeren Preis zugreifen werden.

Seit Bekanntwerden der Übernahmeavancen von Potash im Sommer haben die weltweiten Rohstoff- und Aktienmärkte deutlich nachgegeben. Die Kalipreise steht vor allem wegen der schleppenden Düngemittelkäufe in Brasilien und Nordamerika unter Druck. Die Papiere von Potash büßten gut 30 Prozent an Wert ein ebenso wie die des US-Rivalen Mosaic, der seine Produktionsziele kürzte. Potash-Chef Tilk hätte sich in diesem Umfeld schwer getan, eine höhere Offerte für K+S vor seinen Aktionären zu rechtfertigen. "Wir haben unseren Vorschlag mit einiger Enttäuschung zurückgezogen, denn die strategischen Überlegungen hinter der Transaktion waren unserer Meinung nach zwingend", heißt es dazu in einem Reuters vorliegenden Brief von Tilk an Aufsichtsrat und Vorstand von K+S. Nach seiner Einschätzung hat sich der K+S-Vorstand mit keinem seiner Vorschläge näher befasst, die Potash in vier Briefen an das Management von Ende Mai bis Anfang August dargelegt habe.

Zu den Zusagen hätten der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen und Grubenschließungen in Deutschland für einen Zeitraum von fünf Jahren gehört. Diese seien stets verbindlich und nicht wie von K+S dargestellt an Bedingungen geknüpft gewesen. Den Nordhessen waren die Arbeitsplatzgarantien dagegen nicht sicher genug. Deutsche Landespolitiker stellten sich hinter den K+S-Vorstand, obwohl Potash unter anderem bei der hessischen Landesregierung vorgesprochen hatte.

Potash hatte schon in den 1990er Jahren versucht, K+S für 250 Millionen Mark zu übernehmen, als das Unternehmen noch zum Chemieriesen BASF gehörte. Damals scheiterte die Übernahme aber am Widerstand des Kartellamts. Mit dem Rückzug von Potash platzt zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit ein milliardenschwerer Übernahmeversuch eines europäischen Unternehmens durch einen Rivalen aus Nordamerika im Agrarsektor. Im August war der US-Saatgutriese Monsanto mit seiner rund 47 Milliarden Dollar schweren Offerte bei der Schweizer Syngenta abgeblitzt.

Reuters