Optisch ähnelt das etwa bierdeckelgroße Gerät einem Herzschrittmacher. Intellis, so der Markenname des Produkts, lindert chronische Rücken- und Beinschmerzen. Mithilfe von Elektroden, die nahe des Rückenmarks implantiert werden, stimuliert es schmerzhemmende Nervenzellen im Gehirn. Das dadurch ausgelöste Kribbelgefühl überlagert die Schmerzempfindung.

Produkte wie der Schmerzschrittmacher Intellis oder das MiniMed 640G System, das über Sensoren im Hautgewebe Diabetikern den Blutzuckerspiegel ohne den bislang obligatorischen Pieks in den Finger zur Blutentnahme misst, bescheren Medtronic wieder steigende Umsätze und Margen. Im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres 2018/19 (zum 25. April) schaffte der Medizintechnikkonzern mit Hauptsitz Dublin ein organisches Umsatzwachstum von 6,8 Prozent auf 7,3 Milliarden US-Dollar. Analysten hatten im Schnitt lediglich fünf Prozent erwartet. Mit 26,3 Prozent Plus verzeichnete das Diabetesgeschäft den stärksten Zuwachs.

Neuer Aufschwung



An der Börse befinden sich die Anteilscheine von Medtronic seit drei Monaten wieder im Aufwärtstrend. "Die Aktie hat in den letzten drei Jahren den Gesamtmarkt underperformt, die Wachstumsperspektiven bieten weiteres Aufholpotenzial", meint Stefan Blum, Fondsmanager bei BB Adamant in Zürich.

Gut kommen vor allem die Ziele an, die das Management auf dem Investorentag im Juni verkündete. Auf Sicht der nächsten vier Jahre, also bis zum Geschäftsjahr 2021/22, will das Unternehmen den Gewinn jährlich um acht Prozent steigern, größere Währungseffekte herausgerechnet. Zugleich soll sich die operative Marge um jeweils 40 bis 50 Basispunkte verbessern. Der freie Mittelzufluss soll in den nächsten drei Jahren um 80 Prozent zulegen. Die Hälfte davon soll an die Aktionäre als Dividende ausgeschüttet werden.

"Medtronic hat sich für die nächsten vier Jahre defensiver positioniert und dabei Risiko herausgenommen, indem die jährlichen Ziele beim Umsatzwachstum nach unten korrigiert wurden. Einen großen Teil des Gewinnwachstums kann Medtronic unabhängig vom Marktgeschehen aus eigener Kraft steuern," erläutert Medtech-Experte Blum.

Als Gründe dafür nennt er zum einen die Skalenerträge auf der Distributionsseite, die das Unternehmen dank seiner globalen Präsenz erziele. Weiteres Einsparpotenzial ergebe sich bei der Produktion. Die aktuell 80 weltweiten Standorte, die Medtronic dafür zur Verfügung hat, sollen auf 50 heruntergefahren werden.

Eine Stärke von Medtronic: Der Konzern hat frühzeitig erkannt, dass sich mit der Verbindung von Produktverkäufen und Serviceleistungen höhere Margen und wiederkehrende Einnahmen erzielen lassen. Das Management setzt dabei auf Servicekonzepte einschließlich der Datenanalyse für chronische Erkrankungen. Zum Beispiel im Bereich Diabetes, wo die Daten von Insulinpumpen, Glukosemesssensoren sowie weitere selbst erfasste Nutzerdaten über neue cloudbasierte Dienstleistungsangebote miteinander verknüpft werden können. Medtronic ist hier der global mit Abstand größte Anbieter von Insulinpumpen. Die neuen Minimed-Messgeräte können mit eigenen Sensoren kombiniert werden. Bei weltweit 97 000 installierten Medtronic-Insulinpumpen lässt sich daher hohes Wachstum auch ohne Neukunden generieren, wenn die existierende Kundschaft auch noch den Blutzuckersensor von Medtronic - Kostenpunkt in Deutschland: rund 300 Euro pro Monat - benutzt.

Dank seiner breiten Produktpalette über vier Geschäftsbereiche profiliert sich Medtronic als Partner, der alles aus einer Hand anbietet. Zugute kommt dem Konzern dabei die Tendenz, bei Krankenhäusern aus Kostengründen die Produktlieferungen auf weniger und dafür größere Lieferanten zu bündeln. Für die nächsten zwei Jahre soll Medtronic daher ein jährliches Gewinnwachstum von 16 Prozent schaffen.

Demgegenüber wird der Titel mit dem 15-Fachen des für 2019/20 erwarteten Gewinns je Aktie bezahlt. Das ist niedriger als bei den Konkurrenten Abbott und Stryker (jeweils 18), deren Wachstumsraten zudem leicht unter denen von Medtronic erwartet werden.