Ein Aktienkurs, der sich in fünf Jahren versiebenfacht hat: Anleger, die sich im Sommer 2013 Amazon ins Depot legten, können sich jetzt über diesen Schnitt freuen. Wem dieser Lauf entgangen ist, der findet im boomenden Onlinehandel andere Firmen, die in Zukunft eine ähnliche Kursperformance hinlegen könnten.

Mercadolibre ist der breiten Öffentlichkeit in Europa kaum ein Begriff, doch in Lateinamerika wird die argentinische Firma als regionale Antwort auf Amazon und Ebay gehandelt. Mit einem Jahresumsatz von 1,4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2017 ist die seit 2007 an der Nasdaq gelistete Gesellschaft gegenüber Amazon (fast 178  Milliarden US-Dollar Erlöse) eine eher kleine Nummer. Allerdings hat sich die Firma mit Blick auf einen regionalen Markt mit mehr als 500 Millionen Menschen einen großen Vorsprung erarbeitet.



Das Beste kommt erst noch



Der First-Mover-Effekt spielt hier die entscheidende Rolle. "Die monopolistische Struktur des Onlinehandels bietet dem größten Anbieter über Netzwerkeffekte den Vorteil, das künftige Geschäft an sich zu ziehen. Gegenüber Wettbewerbern hat Meradolibre auch was den Aufbau von Lagerhäusern und Logistik angeht, einen deutlichen Vorsprung von mehreren Jahren, was wiederum die Voraussetzung für preisgünstige Logistikangebote ist", erklärt Georg von Wallwitz, geschäftsführender Gesellschafter der Vermögensverwaltung Eyb & Wallwitz. Mit seinen sechs Geschäftsfeldern (siehe Grafik links) hat Mercadolibre die Basis geschaffen, um mit einem Markt zu wachsen, der beim E-Commerce im Vergleich zu anderen Schwellenländern noch wenig entwickelt ist.

So nutzen beispielsweise in Argentinien und Mexiko rund 72 Prozent der Bevölkerung das Internet. Nur 55 beziehungsweise 45 Prozent dieser Nutzer shoppen aber auch im Netz. Ganz anders etwa in Indien, wo 45 Prozent der Menschen Zugang zum Internet haben, von denen aber 70 Prozent Waren online beziehen.

Finanzdienstleistungen einschließlich Kreditvergabe sind ein weiteres Plus auf einem Kontinent, auf dem knapp die Hälfte der Bevölkerung kein Bankkonto mit verzinsten Renditen besitzt. Durch die Zahlungsabwicklung über die eigene Plattform MercadoPago, die dem Paypal-Modell nachempfunden ist, verfügt die Firma über einen Informationsvorsprung in puncto verkaufte Produkte und Kaufverhalten der Kunden. Damit lassen sich maßgeschneiderte Finanzprodukte aufsetzen, welche für herkömmliche Banken in der Region zu risikoreich wären.

Die Firma muss bei neuen Produkten und Services nicht einmal mehr die Initiative ergreifen. "Als Marktführer kann sie sich in Ruhe ansehen, was bei Wettbewerbern funktioniert und was nicht", erklärt von Wallwitz. So habe Mercadolibre in Mexiko nach dem Start von Amazon Gratislieferungen etabliert. Sicher schwebt über dem boomenden Geschäft von Meradolibre immer die Frage, wie man Amazon Marktanteile streitig machen kann. Spekulationen, dass Amazon eine Expansion in Brasilien plane, schickten die Aktie von Mercadolibre im Frühjahr auf Tauchstation. Ein Blick nach Mexiko zeigt, dass solche Befürchtungen übertrieben sind. Dort bietet Amazon seit Juni 2015 alle Services an. Mit aktuell 21 Prozent Marktanteil hat der US-Gigant es aber nicht mal ansatzweise geschafft, Mercadolibre mit seinen 38 Prozent von der Poleposition zu verdrängen. Langfristig orientierte Investoren, die auch bei größeren Kursschwankungen gute Nerven mitbringen, werden mit Mercadolibre noch jede Menge Spaß haben.