Immuntherapie statt Nasenspray Kaum hat der Pharma- und Chemiekonzern Merck KGaA sein Geschäft mit rezeptfreien Gesundheitsprodukten - dazu gehören etwa Marken wie das Nasenspray Nasivin - ins Schaufenster gestellt, drücken sich angeblich namhafte Interessenten die Nase platt: Der Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé soll ebenso Interesse haben wie der britische Konsumgüterkonzern Reckitt Benckiser und der US-Pharma- und Konsumgüterhersteller Johnson & Johnson.

Hoffnungsträger bekommt Zulassung



Der DAX-Konzern, der sich künftig auf das Pharmageschäft mit verschreibungspflichtigen Medikamenten konzentrieren will, kommt indes einen Riesenschritt voran: Er darf seine Krebsimmuntherapie Bavencio, auch unter dem Namen Avelumab bekannt, nun auch in Europa auf den Markt bringen. Die EU-Kommission erteilte Merck in der vergangenen Woche die Zulassung für das Mittel zur Behandlung eines seltenen und aggressiven Hautkrebses. Bereits im Oktober soll das Produkt in Deutschland und Großbritannien auf den Markt kommen und außer in der EU auch in Island, Liechtenstein und Norwegen vertrieben werden, teilte Merck mit. In den USA hatte die Zulassungsbehörde FDA schon im März grünes Licht gegeben.

Das Produkt ist weltweit das erste zugelassene Medikament in dieser Indikation. Die Krebsimmuntherapie, für die Merck eine Partnerschaft mit dem US-Pharmakonzern Pfizer geschlossen hat, ist der größte Hoffnungsträger der Südhessen: Sie erwarten sich hohe Umsätze mit Bavencio - Tests zur Behandlung weiterer Krebsarten befinden sich in der letzten klinischen Stufe. Eine Indikation gegen einen Tumor im Harntrakt ist in den USA bereits zugelassen. Bavencio ist ein Mittel aus der Immuntherapie, das darauf setzt, das körpereigene Abwehrsystem zu stärken, um Krebszellen zu zerstören.

Verkaufsabsicht rezeptfreier Arzneien



Unterdessen dürfte im Hintergrund das Tauziehen um die Consumer-Health-Sparte stattfinden, die im vergangenen Jahr 860 Millionen Euro zum Konzernumsatz beigetragen hatte - der Gesamtumsatz belief sich auf rund 15 Milliarden Euro. Mit Nestlé seien bereits vor Ankündigung der offiziellen Verkaufsabsichten Gespräche geführt worden, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Demzufolge verhandelten die Konzerne über ein Gemeinschaftsunternehmen - allerdings bislang ergebnislos. Man sei nicht über die Struktur eines Joint Ventures einig geworden, hieß es. Die Schweizer seien aber weiter interessiert. Die Konzerne wollten dies auf Anfrage von BÖRSE ONLINE nicht kommentieren. Merck hatte Anfang September angekündigt, sowohl einen vollständigen oder teilweisen Verkauf der Sparte als auch strategische Partnerschaften zu prüfen. Eine Entscheidung soll bis Anfang 2018 fallen.