Eines ist auf jeden Fall rekordverdächtig: Die amerikanische Wirtschaft ist seit dem Ende der Finanz- und Wirtschaftskrise Mitte 2009 inzwischen 107 Monate ununterbrochen auf Expansionskurs. Noch besser lief es davor nur ein einziges Mal: 120 Monate Aufschwung während der Yuppie-Jahre Mitte der Neunziger. Um diese Bestleistung zu toppen, müsste die amerikanische Wirtschaft also mindestens noch bis Sommer 2019 zulegen. Unwahrscheinlich?



Die Meinungen darüber gehen jedenfalls veritabel auseinander. Weil es beim breit gefassten Leitindex S & P 500 in den zurückliegenden Wochen nicht mehr so recht voranging, war die Stimmung zuletzt eher wankelmütig. Hoffnung machen aber Apple und Amazon. Die Zugpferde der Börse haben nach Top-Quartalszahlen in der zurückliegenden Woche neue Rekordstände erreicht. Es scheint also doch so, als ob die Korrektur zumindest der Technologieaktien beendet ist. Jedenfalls tendiert der Nasdaq-Index wieder nach oben. Der bisherige Rekordstand vom März ist nicht mehr weit entfernt.

Die Sorgen werden dadurch aber nicht weniger. Die Argumente der Pessimisten sind dabei vielfältig - dass der Zyklus insgesamt schon zu lange dauert, ist dabei der schwächste Befund. Dies lässt sich auch dadurch erklären, dass sich Amerika von der Bankenkrise nur langsam, dafür aber stetig erholt hat. Das Argument "Zeit" allein sollte kein Grund sein, das Ende einer Rally auszurufen. Außerdem zeigt die Statistik, dass die Zyklen heute generell länger dauern als früher. Trotzdem wäre es verkehrt, an einen endlosen Aufschwung zu glauben. Doch einige gute Monate könnten noch drin sein.

Daran dürfte auch die eigenwillige Wirtschafts-, Fiskal-, Handels- und Außenpolitik des US-Präsidenten Donald Trump nichts ändern. Waren es zu Beginn des Jahres seine Steueränderungen, die für starke Kursgewinne sorgten, so sind es in den zurückliegenden Wochen vor allem die Handelsstreitigkeiten mit gefühlt der halben Welt, die mit verantwortlich sind für die deutliche Kurskorrektur.

Allerdings gibt es jetzt Gespräche mit dem Hauptgegner China, und wenn alles so läuft, wie es bislang immer lief, dürften bald Kompromisse auf dem Tisch liegen. So war das im Streit um Aluminium und Stahl mit Südkorea und der Europäischen Union. Und so war das in den Verhandlungen mit den Nafta-Staaten Kanada und Mexiko. Das Muster ähnelt sich: verbale Eskalation, Gespräche, Kompromisse. An der Börse hat man diese Vorgehensweise nun vielleicht auch verstanden und gibt dem Faktor Politik hoffentlich nicht mehr so viel Gewicht. Zumindest war das Ende des Atomabkommens mit dem Iran kein Anlass für einen Kursrutsch an der Börse.

Wirklich wichtig für die Entwicklung an der Wall Street in den kommenden Monaten sind andere Aspekte. Es geht letztlich darum, ob das "Goldilocks-Szenario" zu Ende geht. Die auf einem britischen Märchen basierende Goldlöckchen-Metapher beschreibt die ideale konjunkturelle Lage: moderates Wachstum - nicht zu heiß, nicht zu kalt - gepaart mit moderater Inflation und niedrigen Zinsen. So sieht das perfekte Umfeld für Investitionen aus.

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Goldlöckchen trifft auf ...



Doch wie lange hält das goldige Szenario noch an? Überhitzt die Wirtschaft oder erkaltet sie? Diese Sorge geht an der US-Börse um. Ein Indikator, dass sich die Dinge zum Schlechten entwickeln könnten, ist für viele die Zinsstrukturkurve. Und die wird gerade "flacher", die Zinsen für kurze wie für lange Laufzeiten nähern sich an. Eine flache Zinskurve entsteht entweder dann, wenn die Notenbank die kurzfristigen Zinsen durch Erhöhungen nach oben treibt, oder wenn Anleger aus Angst vor einer Konjunkturschwäche ihr Kapital vermehrt in langfristige Zinspapiere stecken und damit deren Renditen drücken.

Im Extremfall wird die Kurve "invers" mit höheren Zinsen am kurzen als am langen Ende - eine Rezession ist dann kaum mehr zu vermeiden. Dies ist aber der Extremfall! Anzeichen gibt es dafür nicht. Dafür müsste die US-Notenbank Fed viel deutlicher als bisher die Zinsen erhöhen und gleichzeitig die Dynamik bei den Unternehmensgewinnen nachlassen.

Und Letztere sind hervorragend. In der gerade zu Ende gehenden Berichtssaison haben die 500 größten US-Unternehmen des S & P-Index im Schnitt einen deutlichen Gewinnsprung für das erste Quartal gemeldet: 72 Prozent übertrafen die Umsatzprognosen und sogar 80 Prozent die Gewinnerwartungen. Insgesamt wird ein Gewinnwachstum von gut 20 Prozent für das Gesamtjahr erwartet. Weil die Kurse teilweise aber eher verhalten darauf reagierten, raunen manche an der Wall Street nun von einem neuen Phänomen, den "Peak Earnings". Das Gewinnwachstum habe den Zenit erreicht oder gar überschritten, findet mancher.

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... übel gelaunte Bären



Und tatsächlich erwachen gerade einige Bären aus einem jahrelangen Schlaf. Mark Mobius etwa, 81 Jahre jung, über Jahrzehnte hinweg bei Templeton für die Emerging Markets verantwortlich. In einem Interview mit der "Financial News London", sagte er, dass alle Indikatoren auf einen Einbruch der US-Aktienmärkte hindeuteten. "Es sieht für mich so aus, als ob der Markt nur auf einen Auslöser wartet." 30 Prozent solle es dann nach unten gehen. Oder anders formuliert: Die US-Börse müsste die Gewinne der vergangenen Jahre wieder komplett abgeben.

Wann das passieren soll, das sagt der einstige Fondsmanager aber nicht. Und damit macht er es sich ein wenig zu leicht. Viel wird jedenfalls davon abhängen, wie die Notenbank in den kommenden Monaten agiert. Bisher gibt es keine Anzeichen dafür, dass sie vom Kurs der langsamen Geldverknappung abweicht. Das muss sie auch nicht, weil die Inflation im Rahmen ist. Zwar sank die Arbeitslosenquote im April überraschend deutlich auf 3,9 Prozent - der niedrigste Stand seit 2000 -, doch die Löhne stagnieren. Von einer Lohn-Preis-Spirale ist also nichts zu sehen. Ergo kein erhöhter Handlungsbedarf in Sachen Zinsen. Die steigen also langsam und sind zudem real weiterhin auf rekordtiefem Niveau (siehe Grafik). Das ist gut für den Konsumenten und gut für die Unternehmensbilanzen. Und diese Faktoren gilt es weiterhin im Auge zu behalten: Zinsen, Inflation, Unternehmensgewinne.



Was bleibt also? Positiv ist vor allem, dass durch die Steuersenkungen die Unternehmensinvestitionen nochmals anziehen. Seit diesem Jahr dürfen US-Firmen Kapital, das bislang außerhalb der Staaten lagert, steuergünstig in die Heimat transferieren. Das Geld können sie investieren, die Dividenden anheben oder zum Rückkauf eigener Aktien nutzen. Weil auch die Körperschaftsteuern stark sinken, können die Unternehmen die gestiegenen Zinsen damit überkompensieren. Die Expansion könnte so bis 2019 anhalten. Dann ist sogar ein neuer Rekord für den längsten Aufschwung möglich. Und neue Rekorde bei der einen oder anderen US-Aktie sind dann auch drin. Sieben Kandidaten hat die Redaktion auf den kommenden Seiten zusammengestellt.

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Chipotle Mexican Grill: Comeback ist in vollem Gang



Hoch geflogen, tief gefallen und nun wieder auferstanden. So lässt sich die jüngste Vergangenheit des auf mexikanisches Fast Food spezialisierten Konzerns Chipotle Mexican Grill kurz und treffend beschreiben. Vom 2006er-IPO-Preis bei 22 Dollar ging es bis Mitte 2015 im Steilflug auf 740 Dollar empor. Hygieneskandale setzten dem Höhenflug dann ein Ende.

Die entdeckten Salmonellen und Noroviren rissen tiefe Krater in die Bilanz: Der Nettogewinn brach von 475 Millionen 2015 auf mickrige 23 Millionen Dollar 2016 ein. 2017 zeigte die Kurve zwar wieder nach oben, doch von dem Niveau von vor dem Eklat ist die Schnellrestaurantkette noch weit entfernt. Um das zu ändern, ist Brian Niccol am 5. März als neuer Chef angetreten. Auf seiner Agenda steht die -Reduktion von Lebensmittel- und Verpackungsabfällen, die Einführung einer variablen Vergütung der Führungskräfte in den Restaurants sowie eine Stärkung der Marke.

Auch die mittlerweile angestaubten Menüs dürften eine Auffrischung vertragen. Der ehemalige Chef von Taco Bell ist dafür bekannt, neue, heiß begehrte Essen auf den Markt zu bringen. Aber nicht nur jene Kunden, die eines der mehr als 2400 Restaurants betreten, sollen in diesen Genuss kommen. Auch dem Liefergeschäft stehen rosige Zeiten bevor.

Die Ende April begonnene Partnerschaft mit DoorDash zeigt bereits Erfolge: Die wöchentlichen Lieferaufträge von Chipotle explodierten um 667 Prozent. Die Geschäfte hatten sich aber zuvor schon verbessert. Im ersten Quartal sprang der Gewinn um knapp 29 Prozent nach oben - deutlich stärker als erwartet. Weitere positive Überraschungen sollten folgen und die Chipotle-Aktie wieder zu einer schmackhaften Kost für Anleger machen.



Auf Seite 5: Fireeye





Fireeye: Cyber-Angriffe: Auge um Auge



Nahezu jede Sekunde kommt es im Internet zu einer Attacke - auf Firmen, Behörden oder Privatleute. Um der stark steigenden Zahl von Viren, Trojanern und Würmern etwas entgegensetzen zu können, steigen die Ausgaben für IT-Sicherheit. Nach Schätzungen von MarketsandMarkets wird der Cyber-Security-Markt zwischen 2017 und 2022 von 137 auf 231 Milliarden Dollar zulegen, was einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von elf Prozent entspricht.

Dieser Investitionsboom kurbelt die Geschäfte der IT-Sicherheitsfirmen an, unter anderem jene von FireEye. Die US-Gesellschaft zählt zu den führenden Anbietern von Abwehrlösungen in Unternehmensnetzwerken. Die technologische Stärke von FireEye lässt sich im Ranking "Cyber 500" ablesen, das die innovativsten Sicherheitsfirmen kürt. Die Kalifornier rangieren in der Liste unter den Top 20. Aus wirtschaftlicher Sicht steht FireEye gerade vor einer Zeitenwende. Erstmals in der Firmengeschichte wird dieses Jahr mit schwarzen Zahlen gerechnet.

Möglich machen soll dies der lukrative Wechsel hin zu einem Abonnementbasierten Geschäftsmodell. Diese Strategie sorgte bereits im vierten Quartal 2017 dafür, dass FireEye auf bereinigter Basis einen kleinen Gewinn ausweisen konnte. Auch der Start ins Jahr 2018 ist gelungen. Das Abonnement- und Servicegeschäft legte von Januar bis März um 7,6 Prozent zu und übertraf die Marktprognosen. "Unsere neueren Produkte und Cloud-Angebote werden weiterhin ein signifikantes Wachstum generieren", zeigt sich Konzernchef Kevin Mandia zuversichtlich. Er erwartet für das Gesamtjahr einen Gewinn je Aktie von bis zu 0,04 Dollar. Der Weg zum Turnaround dürfte die Aktie weiter beflügeln.



Auf Seite 6: Intel





Intel: Dem Chipriesen gelingt der Wolken-Schwenk



Lange Zeit wurde darüber spekuliert, ob es Intel gelingt, sich ein wenig vom Hardware-Chipgeschäft zu lösen. Am Stammsitz in Santa Clara wurde hart daran gearbeitet und es sieht so aus, als ob der Schwenk gelingt. Mehr und mehr entwickelt sich das Unternehmen von einem Lieferanten für die PC-Welt hin zu einem Technologiekonzern, der etwa Datencenter für die Cloud ausrüstet oder selbstfahrende Autos mit Chips ausstattet.

33 Prozent des Umsatzes kamen im ersten Quartal von der sogenannten Data Center Group (DCG). Das Plus von 24 Prozent ist besonders wichtig, da dieser Teil der Gruppe die höchsten Margen abwirft. Zuletzt liefen selbst die Geschäfte mit Chips für die PC-Industrie wieder besser. Darauf will sich Intel aber nicht verlassen - zumal wohl Apple als wichtiger Kunde wegbricht. Der iPhone-Konzern will die Chips für seine PCs künftig selbst produzieren.

Nach dieser Ankündigung brach der Kurs der Aktie zunächst ein, erholte sich dann aber schnell wieder. Auch von etwaigen Problemen mit Sicherheitslücken in den Mikroprozessoren blieb die Intel-Aktie bislang unbeeindruckt. Der Konzern will schon bald für Aufklärung sorgen. Insgesamt sind die Aussichten gut. Der Trend hin zur Cloud ist ungebrochen. Kunden, etwa aus der Telekombranche, investieren kräftig.

Bei Intel sollte das für volle Auftragsbücher sorgen. Für das Gesamtjahr erhöhte der Technologiekonzern die Prognosen: 2,5 Milliarden Dollar mehr als bisher geplant sollen erwirtschaftet werden. Der Gewinn je Aktie dann zwischen 3,80 und 3,90 Dollar liegen. Bislang waren 3,37 bis 3,73 geplant. Im Vergleich zu Wettbewerbern wie AMD, Qualcomm und Nvidia ist der Titel günstig bewertet. Wir passen Stopp- und Zielkurs an.



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Microsoft: Software-Dino wird zum Internet-Jäger



Die vielen Leben des Software-Dinos Microsoft: Formte Bill Gates aus dem Windows-Konzern in den 90er-Jahren ein unschlagbares Imperium, stand das Unternehmen aus Redmond rund 20 Jahre später mit dem Rücken zur Wand. Unter dem glücklosen Steve Ballmer, der von 2000 bis 2014 die Geschicke leitete, wurden viele Entwicklungen - wie das Smartphone - verschlafen. Ein übereilter Kauf des Handygeschäfts von Nokia brockte Microsoft dann den höchsten Verlust der Firmengeschichte ein.

Drei Jahre sind seither vergangen und dem Nachfolger Satya Nadella ist es inzwischen gelungen, im neuen digitalen Techzeitalter Fuß zu fassen. Geschäftsmodelle wie Cloud, soziale Netzwerke oder künstliche Intelligenz gehören nun zum Repertoire. Das brachte auch das Wachstum zurück. Zwischen 2015 und 2017 legte der Gewinn im Schnitt um jährlich knapp ein Drittel zu. Das jüngst abgelaufene Quartal fügt sich nahtlos in das Bild ein.

Dank zahlreicher neuer Kunden im Cloud-Geschäft sowie einer hohen Nachfrage nach der Online-Software Office 365 sprang der operative Profit von Januar bis März um 35 Prozent auf 7,42 Milliarden Dollar hoch. Damit wurden die Schätzungen deutlich übertroffen. Schwung brachte auch die Cloud- Lösung Azure, deren Erlöse um 93 Prozent emporschnellten. "Azure nimmt in dieser massiven Verschiebung zur Cloud weiter Fahrt auf", urteilt Marktforscher Daniel Ives von GBH Insights. Mit einem Marktanteil von 14 Prozent ist Microsoft mit Azure nun zur Nummer 2 hinter AWS von Amazon aufgestiegen. Die lukrative Transformation vom verstaubten Softwareriesen hin zum dynamischen -Internetkonzern birgt noch einiges an Kurspotenzial.



Auf Seite 8: Paypal





Paypal: Online-Bezahldienst im Wandel



Sicher und vor allem bargeldlos bezahlen - mit diesen Vorzügen trat der US-amerikanische Dienstleister Paypal an und revolutionierte den Bezahlmarkt im Netz. Bis heute ist das sein Stammgeschäft. Die ehemalige Ebay-Tochter profitiert vom anhaltenden Boom des Internethandels. Stark läuft vor allem die Bezahlung mit mobilen Geräten wie Smartphones und Tablets. Um mehr als 50 Prozent stieg der Umsatz im ersten Quartal. Vereinbarungen mit Apple und Facebook geben Auftrieb. Über den Messenger von Facebook können Freunde sich etwa über Paypal Geld überweisen.

Lange Zeit wurden die beiden Internetgiganten eher als Bedrohung denn als Partner gesehen. Leicht geschockt reagierte der Aktienkurs, als bekannt wurde, dass Ebay die exklusive Partnerschaft mit Paypal kündigen und einen Wettbewerber ins Boot holen will. Paypal will sich künftig breiter aufstellen, um sich dann fast schon zu einer klassischen Bank umzufunktionieren. Immer mehr Dienste sollen aus einer Hand angeboten werden. Heute schon bietet das Unternehmen Konsumentenkredite und Debit-Karten in den USA an, obwohl es dort gar keine Banklizenz besitzt.

Kleinere, regionale Banken wickeln die Transaktionen ab. Noch haben allerdings wenige Kunden die Möglichkeit, die Dienste zu nutzen. Künftig sollen deutlich mehr Zusatzgeschäfte dazukommen. Aktuell schwankt der Titel zwischen 60 und 65 Euro. Durchbricht der Aktienkurs die obere Marke, sind charttechnisch höhere Notierungen sehr wahrscheinlich. Fundamental ist der Titel nicht mehr ganz günstig.

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis für das Jahr 2019 liegt bei rund 28. Allerdings ist der Konzern gut aufgestellt und sollte weitere Marktanteile dazugewinnen.



Auf Seite 9: Starbucks





Starbucks: Megadeal kommt zur richtigen Zeit



Zwei Kaffeegiganten machen gemeinsame Sache: Der Lebensmittelriese Nestlé wird zukünftig die Konsum- und Gastronomieprodukte von Starbucks weltweit vermarkten. Für dieses Recht überweisen die Schweizer 7,2 Milliarden US-Dollar in die USA. Nestlé verstärkt mit dem Deal die eigene Produktpalette um die Marken Nescafé und Nespresso. Die Eidgenossen versprechen sich davon "eine starke Basis für weiteres Wachstum in Nordamerika".

Derweil treibt Starbucks die Fokussierung auf das Kerngeschäft voran. Im vergangenen Herbst hatte das in Seattle beheimatete Unternehmen bereits die Teemarke Tazo an den Lebensmittelkonzern Unilever verkauft. Nachdem Starbucks nun einen jährlichen Umsatz von rund zwei Milliarden Dollar an Nestlé abtritt, liegt der Fokus auf den weltweit 28 000 Kaffeehäusern. Vor allem in den USA hat der Kundenzustrom nachgelassen. Der Branchenprimus bekommt die Konkurrenz durch Fastfoodketten und die auf höherwertige Bohnen spezialisierten Kaffeehäuser zu spüren.

Mit "Starbucks Reserve" steuern die Amerikaner gegen. Unter diesem Label betreiben sie gehobene Lokale sowie exklusive Röstereien. Ende 2018 wird in Mailand der erste -europäische Standort dieser Art eröffnet. Trotz der Initiative sollen auch die Anteilseigner etwas vom Schulterschluss mit Nestlé haben. Bis 2020 möchte Starbucks 20 Milliarden Dollar und damit rund ein Drittel mehr als bisher geplant in den Aktienrückkauf stecken. Ab dem darauffolgenden Jahr soll der Deal den Gewinn erhöhen - so lange dürfte es nicht dauern, bis die Kombination aus warmem Geldregen, Nestlés Vertriebspower und strategischer Fokussierung den Aktienkurs von Starbucks anschiebt.



Auf Seite 10: Walt Disney





Walt Disney: Wachstum mit den Superhelden



Als Walt Disney Ende 2009 Marvel Entertainment übernahm, prophezeite Konzernchef Bob Iger "einen signifikanten Anstieg des langfristigen Shareholder Values". Ein Blick in die aktuellen Kinocharts zeigt, dass der noch immer amtierende Topmanager damals einen guten Riecher hatte. Das aus den Marvel-Studios stammende Superheldenepos "Black Panther" spielte seit dem Start im Februar weltweit mehr als 1,3 Milliarden US-Dollar ein und zählt damit zu den zehn erfolgreichsten Filmen aller Zeiten.

Dank des Blockbusters steigerte Disney den Gewinn im zweiten Quartal der Geschäftsperiode 2017/18 (per 30. September) um 23 Prozent auf 2,9 Milliarden US-Dollar. Während auch die Themenparks und Resorts ein kräftiges Wachstum verzeichneten, bleibt das TV- und Kabelsegment ein Sorgenkind des Konzerns. Dem größten Geschäftsbereich macht nicht zuletzt der Erfolg von Online-Videodiensten, allen voran Netflix, zu schaffen. Iger holt zum Gegenschlag aus: 2019 möchte Disney einen eigenen Streamingdienst starten. Zudem greift das Unternehmen nach großen Teilen von 21st Century Fox und bietet rund 52 Milliarden Dollar für das TV- und Filmgeschäft der Mediengruppe.

Obwohl der Kabelkonzern Comcast dieses Vorhaben jüngsten Meldungen zufolge mit einem Gegenangebot torpedieren könnte, ist Iger zuversichtlich, den Deal in trockene Tücher zu bringen. Wie auch immer: Langsam aber sicher findet Disney die richtigen Antworten auf die Digitalisierung der Medienwelt. Zwar dürfte noch etwas Zeit vergehen, bis die Pläne das Kerngeschäft in Schwung bringen. Kurzfristig spricht allerdings allein der nächste Marvel-Kracher, "Avengers: Infinity War", für weiteres Wachstum.