Drohen Volkswagen weitere Bußgelder in Europa?


Gegen VW laufen vergleichbare Bußgeldverfahren unter anderem in Österreich und der Schweiz. Der Konzern hofft, dass der Abschluss des Braunschweiger Ordnungswidrigkeitsverfahrens "erhebliche positive Auswirkungen" auf andere Verfahren in Europa hat, weil man nicht mehrmals für dieselbe Sache belangt werden könne.

Könnten Porsche, Audi oder Daimler ebenfalls ein Bußgeld auferlegt bekommen?


Bei der Staatsanwaltschaft München läuft bereits ein Bußgeldverfahren gegen die VW-Tochter Audi, das ebenfalls mit einer Zahlung enden könnte. Die in Braunschweig gegen VW verhängte Milliardenbuße habe hierauf keinen Einfluss, erklärte eine Behördensprecherin. Denn es gehe um die größeren Motoren von Audi und nicht um die von VW.
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart erklärte, grundsätzlich seien Bußgeldverfahren gegen alle in laufende Dieselermittlungen verwickelte Unternehmen möglich - das wären die Autobauer Daimler und Porsche, VW-Großaktionär Porsche SE und der Autozulieferer Bosch. Die Behörde prüfe noch, ob sie Bußgeldverfahren einleite.

Verbessert es für Kläger die Aussichten auf Schadenersatz?


Nach Auskunft von Volkswagen gibt es in Deutschland etwa 19.000 Kundenklagen von Autobesitzern gegen den Konzern und VW-Händler. In rund 4000 erstinstanzlichen Urteilen seien 70 Prozent der Klagen abgewiesen worden. Viele Verfahren werden wohl aber bis zum Bundesgerichtshof ausgefochten.
Die Auswirkungen auf Klagen von Autobesitzern beurteilen Anwälte unterschiedlich. "Das Bußgeld hat keinerlei Relevanz für alle anderen Fälle, das bringt Pkw-Haltern wie Aktionären nichts", sagte Rechtsanwalt Klaus Nieding, der VW-Anleger und -Leasingkunden vertritt. VW habe kein Schuldeingeständnis abgelegt und sich zu nichts verpflichtet. Die Kanzlei Hausfeld, die Musterklagen für VW-Autohalter in Deutschland, der Schweiz und in Slowenien führt, sieht dagegen verbesserte Erfolgsaussichten. VW habe sehr wohl eingestanden, Fahrzeuge unrechtmäßig in Verkehr gebracht zu haben, erklärte Hausfeld-Anwalt Christopher Rother. "Dem abgeschöpften Gewinn von 995 Millionen Euro steht ein entsprechender Schaden der Kunden gegenüber."
Der Verbraucherzentrale-Bundesverband sieht auch bessere Chancen für klagende Dieselbesitzer, dämpft aber die Erwartungen: "Gewonnen ist eine Klage damit jedoch nicht automatisch", erklärt Rechtsexperte Otmar Lell. Denn es müsse nicht nur die Pflichtverletzung von VW, sondern auch das Bestehen und die Höhe eines Schadens dargelegt werden.
Für Anlegerklagen, die Schadenersatz wegen verspäteter Information über Dieselgate einfordern, sieht die Kanzlei Tilp keine neuen Argumente, solange es keine zusätzlichen Erkenntnisse über die verantwortlichen Personen gibt.

Was bedeutet es für die Strafverfahren gegen VW-Manager in Deutschland?

"Es hat keinen unmittelbaren Einfluss auf die strafrechtlichen Ermittlungen", erklärte die Staatsanwaltschaft Braunschweig, die allein 39 Beschuldigte bei VW wegen Dieselbetrugs im Visier hat. Allerdings wird der Konzern jetzt dafür belangt, dass es wegen mangelnder Aufsicht zu einer "strafrechtlich relevanten Pflichtverletzung" kam. Das deutet darauf hin, dass die Strafverfolger über die Rechtsverletzung sicher sind, die zu Anklagen führen könnte.

rtr