Videospiele sind angesagt. Davon zeugen nicht nur die weltweit 2,2 Milliarden Gamer, das hat auch die im Juni veranstaltete Videospielmesse E3 bestätigt. Die Messe gehört im Gamingbereich zu den bedeutendsten. Mehr als 70 000 Besucher strömten in das Convention Center in Los Angeles, denn 2017 waren erstmals auch Privatpersonen zugelassen. Die ganz großen Knaller gab es in diesem Jahr zwar nicht, aber die führenden Spieleproduzenten und Konsolenhersteller haben laut Finanzdienstleister Morningstar durchaus überzeugt.

Nach einem erneuten Rekord im Vorjahr sollen die Spieleumsätze weltweit in diesem Jahr laut Newzoo um 7,8 Prozent auf 108,9 Milliarden Dollar steigen. Für den Zeitraum 2016 bis 2020 sagt der Marktforscher eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 6,2 Prozent voraus. Die zahlreich anstehenden Neuerscheinungen dürften die Verkäufe anheizen, so beispielsweise die Veröffentlichung der in Deutschland sehr beliebten Fußballsimulation "FIFA 18" am 29. November.

Den führenden Spieleanbietern ist es in den vergangenen Jahren immer wieder gelungen, den Kundengeschmack zu treffen. So ist es kein Wunder, dass zum Beispiel der Online-Gaming-World-ETF von Motif Investing auf Zwölfmonatssicht um gut 73 Prozent zugelegt hat. Die Börse hat das Potenzial des Segments längst erkannt, während sich andernorts noch immer Vorurteile um den Sektor ranken.

Doch damit räumt eine Studie der Entertainment Software Association zum US-Markt auf. Demnach sind die Spieler im Schnitt 35 Jahre alt und somit nicht nur Jugendliche. Dem Spielfieber sind auch nicht nur Männer erlegen, wie ein 41-prozentiger Frauenanteil belegt.

Vermutlich auch dank der Möglichkeit zu sozialer Interaktion birgt vor allem der Bereich E-Sports viel Potenzial. Hier rechnet Newzoo von 2016 bis 2020 mit einem Umsatzanstieg von knapp 0,5 auf fast 2,0 Milliarden Dollar. Dynamisch ist der Markt auch im Hinblick darauf, dass 2017 bereits 87 Prozent der Gaming-umsätze digital sein dürften. Auf das Mobile-Geschäft mit Smartphones und Tablets dürften zudem rund 42 Prozent der Umsätze entfallen.

Entwicklungen wie diese haben auch Folgen für die Geschäftsmodelle. Bestärkt durch das auf der E3-Messe erhaltene Feedback rechnen UBS-Analysten mit einer Umstellung von einem Lizenz- auf ein Abomodell. Wie viel Potenzial hier schlummert, zeigt ein Vergleich der Nutzungskosten. So kostet eine Stunde Kinounterhaltung rund fünf Dollar, während es beim Gaming nur 0,25 Dollar sind. Gelingt diese Umstellung, verspricht das laut UBS neben höheren Umsätzen und Gewinnen dank stabileren Einnahmequellen auch höhere Bewertungen.

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Fünf Einzelfavoriten



Einer der Platzhirsche ist Activision Blizzard. Das US-Unternehmen ist breit aufgestellt. So gibt es mit "World of Warcraft", "Call of Duty", "Skylanders", "Diablo", "StarCraft", "Destiny", "Hearthstone" und "Overwatch" acht Formate, die auf eine Milliarde Dollar Umsatz kommen oder auf dem Weg dorthin sind. Fantasie bergen hier Übernahmen wie die des E-Sports-Organisators Major League Gaming oder des App-Entwicklers King Digital, zumindest wenn es gelingt, deren Potenzial zu heben.

Neben dem von Activision war aber auch der Messeauftritt von Electronic Arts überzeugend. Das sehen auch die Youtube-Nutzer so, denn auf der Videoplattform erhielt der Sci-Fi-Shooter "Star Wars Battlefront 2", dessen Verkaufsstart für das Jahresende geplant ist, die größte positive Resonanz. Im Verbund mit "FIFA 18" ist Electronic Arts also sehr gut gerüstet für das wichtige Weihnachtsgeschäft.

Ebenfalls wieder auf positive Kundenresonanz stößt Nintendo - ein Trend, der dank der neuen Spielkonsole Switch anhalten dürfte. Denn nach einem guten Start planen die Japaner, das Gerät im laufenden Geschäftsjahr mindestens zehn Millionen Mal zu verkaufen. Mut machen auch die vielen Besucher, die auf der E3-Messe an dem Switchexklusiven Spiel "Super Mario Odyssey" Interesse zeigten, dessen Verkaufsstart Ende Oktober ansteht. Den geschäftlichen Wandel dokumentieren die Gewinnschätzungen der Deutschen Bank, die vom Geschäftsjahr 2015/16 bis 2019/20 einen Ergebnisanstieg von 166 auf 171 Yen (1,33 bis 1,37 Euro) je Aktie vorsehen.



Beim Thema Gaming darf man China auf keinen Fall außen vor lassen, schließlich steuern die spielbegeisterten Chinesen bereits ein Viertel zum weltweiten Branchenumsatz bei. Was die Bewertung angeht, sehen wir Potenzial bei Netease und Changyou.com. Netease verdient Geld mit Werbedienstleistungen, E-Mail sowie E-Commerce-Services mit Onlinespielen (offizieller Kooperationspartner von Blizzard Entertainment). Die Gewinnwachstumserwartungen sind hier zwar nicht so hoch wie sonst in dem Segment, doch das macht es leichter, die Prognosen auch künftig zu schlagen.

Ähnlich ist das auch bei Changyou.com. Der Entwickler und Betreiber von Onlinespielen hat nach dem Launch des Spiels "Legacy TLBB" die Gewinnprognose für das zweite Quartal schlagartig verdoppelt. Ein Indiz dafür, was mit dem richtigen Angebot auf dem chinesischen Markt möglich ist.



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