Rational steigt aus dem MDax ab. Seit Montag sind Sie im SDax notiert. Wie sehen Sie das?


Wir sehen das sportlich. Nach der Meinung der Deutschen Börse haben wir ein zu geringes Handelsvolumen. Für mich ist das kein Nachteil. In Zeiten der Unsicherheit schätzen es unsere Investoren, dass die Rational-Aktie wenig volatil ist. Die Deutsche Börse bestraft das aber mit dem Abstieg. Ich finde es unglücklich, dass diejenigen, die eine hohe Volatilität haben, belohnt werden. Es gab dazu ja auch ein paar Kommentare von anderen Unternehmen. (Anm. d. Red: beispielsweise von Baywa-Chef Klaus Lutz) Wir sehen das allerdings entspannter. Es wird sich nämlich operativ nichts ändern. Außerdem haben wir das auch in der Vergangenheit schon erlebt. Rational wird jetzt in anderen Fonds und anderen ETFs geführt. MDax-Unternehmen bekommen zwar in der Regel eine höhere Aufmerksamkeit des Kapitalmarkts, aber wir haben durch unsere Marktkapitalisierung von über fünf Milliarden Euro weiterhin Zutritt zu sehr renommierten, professionellen und langfristig orientierten mid-cap Investoren und Fonds. Für die ist es unerheblich, in welchem Index wir uns befinden und diese Adressen werden auch weiter an den Aktien festhalten. Sie sehen das auch im Chart, rund um die Verkündung in der vergangenen Woche gab es keine großen Kurssprünge.

Die Rational-Aktie hat mit rund 560 Euro einen sehr hohen Nominalwert. Wann kommt der Aktiensplit?


Diese Frage bekommen wir regelmäßig - und sie wurde auch schon bei einem Aktienkurs von 200 Euro gestellt (lacht). Wir beschäftigen uns immer wieder mit der Thematik. Aber unter dem Strich brächte es für die Kunden und die Aktionäre keinen signifikanten Vorteil. Deshalb gibt es dazu aus heutiger Sicht keine entsprechenden Pläne.

Durch den geringeren Nominalwert wäre die Aktie leichter handelbar: Die Liquidität steigt. Damit wäre sie attraktiver. So könnte Rational neue Anleger gewinnen.


Es gibt bestimmt auch gute Beweggründe von Firmen, die ihre Aktien splitten. Die Liquidierbarkeit wird erleichtert, das ist richtig. Aber dies ist kein Garant, dass auch mehr gehandelt würde. Wir schulden es unseren Aktionären, dass wir uns intensiv mit dem Thema auseinandersetzen. Aber ein Split ist kurzfristig nicht in Sicht.

Wann würden Sie sich für einen Aktiensplit entscheiden?


Wir müssten noch weitere Gründe finden. Wie schließen das nicht für alle Zukunft aus, das wäre fahrlässig. Und dann ist es auch eine Kosten-Nutzen-Betrachtung: Durch einen Split entstehen Transaktionskosten und administrativer Aufwand. Wir wollen auf keinen Fall, dass unsere heutige Aktionärsbasis dadurch einen Nachteil hat.

Mit einem KGV von knapp 50 ist das Papier sehr hoch bewertet.


Die hohe Bewertung hat sicher verschiedene Gründe: Unser kontinuierliches und stetiges Wachstum auf hohem Qualitätsniveau, unsere solide Finanzierung, Eigentümerstruktur und hohe Ertragskraft. An all diesen Punkten würde ein Aktiensplit übrigens nichts ändern. Hinzu kommt eine strategische Prämie, welche die Anleger offenbar bereit sind über die reine Modellbewertung, für Rational-Aktien zu zahlen.

Im ersten Halbjahr belastete der starke Euro. Das dritte Quartal ist bald vorbei. Wie zufrieden sind Sie mit den ersten acht Monaten des Jahres?


In Summe sind wir sind sehr zufrieden. Das Geschäft läuft gut. Das dritte Quartal ist gut angelaufen. Details werden wir Ende Oktober berichten. Aber schon jetzt ist absehbar, dass der starke Euro im weiteren Halbjahr belastend wirkt.

Das heißt, das Ziel von einer Umsatzsteigerung von 11 bis 13 Prozent und einer Gewinnspanne zwischen 26 und 27 Prozent steht?


Ja, wir sind voll auf Kurs.

Trotz dem Währungsrisiko? Im zweiten Quartal sank das Ebit um vier Prozent, währungsbereinigt wäre es ein Plus von 3,1 Prozent.


Die Währungsfront bleibt die größte Unwägbarkeit. Niemand hat mit einem so starken Euro gerechnet. Große Teile unserer Erlöse kommen beispielsweise aus dem britischen Pfund oder dem US-Dollar. Das dortige Geschäft an sich wächst. Aber durch die Konvertierung bekommen wir Translationsverluste, die wir trotz guter Hedgingarbeit nur bedingt kompensieren können.

Rational produziert in Landsberg am Lech und verkauft den Großteil der Produkte ins Ausland. Durch den starken Euro werden die Exportprodukte teurer. Wie reagieren Sie darauf?


In der Regel reagieren wir darauf nicht unmittelbar mit Preiserhöhungen, wie der eine oder andere Mitbewerber das tun muss. Eine gewisse Kontinuität der Preise, unserer Geräte und Services, ist von Vorteil und wird sich langfristig auszahlen. In der Vergangenheit haben wir uns immer wieder offen dazu bekannt, Währungsverschiebungen zunächst unaufgeregt zu betrachten - solange sie sich in einem vernünftigen Rahmen halten. Wir versuchen erst einmal, das hausintern zu lösen.

Was, wenn der Euro zum Dollar weiter steigt?


In extremen Fällen erhöhen wir die Preise. Wenn der Euro noch signifikant weiter steigen würde und es absehbar wäre, dass er mittel- und langfristig auf einem so hohen Niveau bleibt, dann müssten wir das mit Sicherheit näher ins Auge fassen. Momentan tun wir das noch nicht. Wir schließen es aber kategorisch nicht aus. Wir versuchen, das zum Nutzen des Kunden so spät wie möglich zu machen. Das hat in der Vergangenheit auch gut funktioniert. Momentan sind wir auf Wachstumskurs, weshalb die Kostensenkungspotentiale begrenzt sind. Ich glaube, das ist eine Mischung aus beidem.

Um das Währungsrisiko zu umgehen: Haben Sie vor, auch im Ausland zu produzieren?


Ja, das ist mit der veränderten Parität von Euro-Dollar ein absolut akutes Thema. Wir haben diese Infrastruktur heute nicht. Wir dachten auch, wir haben noch ein bisschen mehr Zeit. Es gibt Grobkonzepte und ich sehe uns in den kommenden Jahren mit einer eigenen Wertschöpfung in den USA oder auf dem nordamerikanischen Kontinent. Dazu gibt es noch keine konkreten Pläne oder Entscheidungen. Die aktuelle Währungsentwicklung ist aber ein Grund mehr, sich damit sehr intensiv zu beschäftigen.

Auch die Transportkosten würden wegfallen. Was würden Sie dann in den USA produzieren?


Gewisse Transporte hätten wir dann sicher immer noch, aber wir würden mit Teilen der Produktpalette anfangen. Je nach Geschäftsentwicklung und Kostenentwicklung würden wir uns die Option offenhalten, das noch weiter auszudehnen. Mit Sicherheit würden wir uns mit einer eigenen, tieferen Wertschöpfung in den USA noch wohler fühlen, da die Auswirkungen von Währungsschwankungen reduziert wären.

Neben dem starken Dollar würden Rational auch die von US-Präsident Donald Trump angedrohten Importzölle stark treffen. Eine Produktion in den USA könnte da gegensteuern.


Für uns sehe ich aktuell keine Importsteuern, Strafzölle oder andere Steuerdrohungen. Wir sind ein solider, stark wachsender Arbeitgeber mit einer für den US-Staat attraktiven Steuerquote. Jeder weiß, dass wir der US-Wirtschaft und der US-Bevölkerung in Summe durch den Einsatz der Rational-Geräte nicht schaden, sondern helfen. Wir haben in den USA auch durchaus Geschäft mit in USA öffentlichen Stellen, die neben den ernährungstechnischen Vorteilen auch die Effizienz der Geräte zu schätzen wissen. Ich erwarte durch den stärkeren Grad an Protektionismus keine negativen Folgen für das Rational-Geschäft. Wo wir dies momentan aber ganz besonders merken, ist in Russland.

Wie das?


In Russland gibt es ganz klare Restriktionen von ausländischen Maschinenbauern. Sie werden dort teilweise von der Marktwirtschaft ausgeschlossen - etwa durch Limitierung bei Ausschreibungen. Öffentlich Projekte gehen teilweise nur an lokale Unternehmen. Auch administrative Hürden, die einem in den Weg gelegt werden, drücken auf das Geschäft. Wir glauben trotzdem, dass sich die Situation dort wieder ändert. Deshalb haben wir unser Engagement dort kaum zurückgefahren.

Sie wollen weiter in Russland bleiben?


Absolut. Wenn sich der Markt wieder ein bisschen öffnet, sind wir dort möglicherweise die größten Profiteure. Die Argumente des Einsatzes unserer Geräte gegenüber denen des lokalen Wettbewerbs sind hinsichtlich Kochintelligenz und Effizienz bestechend.

Wie viele Umsätze kommen aus Russland?


Im niedrigen einstelligen Prozentbereich.

Zurück in die USA. Wie schaut es mit Zukäufen aus, um dort zu produzieren?


Nein, das ist momentan nicht Teil der Strategie oder der konkreten Planungen. Rational ist in den vergangenen Jahren gut gefahren, wir haben erstklassiges Team. Mit unseren führenden Technologien konzentrieren wir uns auf das, was uns am wichtigsten ist: Das ist der Kunde. Durch Akquisitionen sehen wir da keine Verbesserung, sei es technologisch oder regional oder anderer Natur. Wir würden uns eher verzetteln. Die Energie, die wir da reinstecken würden, die stecken wir lieber in das Wohl des Kunden.

Aber Rational ist doch solide finanziert mit einer Eigenkapitalquote von circa 73 Prozent, hat fast keine Schulden. Gute Voraussetzungen bietet auch das Niedrigzinsumfeld. Wann, wenn nicht jetzt, sollte man zukaufen?


Dazu müsste man aber etwas Sinnvolles finden, das unter dem Strich auch Vorteile für die Aktionäre und vor allem auch für die Kunden brächte. Das können nur technologische, regionale oder kostenmäßige Vorteile sein. Die sehen wir nicht.

Sie haben auch ein großes Geschäft in Großbritannien. Wenn sich die Handelsbeziehungen ändern oder gar gekappt werden, was durch einen harten Brexit sein könnte, würde Rational das treffen.


Ich glaube nicht, dass man eine gesamte Branche von der Versorgung des Landes ausschließen würde. Wenn es da konkrete Pläne geben würde, würden wir versuchen, einen Weg zu finden, nach wie vor unsere sehr vielfältigen Kunden in Großbritannien zu bedienen.

Wie viel exportieren Sie nach Großbritannien?


Rund zehn Prozent.

Was können Sie sich bei einem harten Brexit vorstellen?


Unabhängig vom Handelsabkommen: Die oberste Prämisse für unseren Business Case wäre eine weiterhin starke Nachfrage nach Food Services und effizienten Produktionsmitteln hierfür, die uns ja entgegenkommt. Alle unsere Produktlinien sind in Großbritannien vertreten, die Combi-Dämpfer genauso wie die Vario Cooking Center.

Wie planen Sie in Großbritannien für die kommenden Jahre?


Wir planen mit einer noch länger andauernden Unsicherheit und damit mit einer Währung, die noch schwächer werden kann, als sie ohnehin schon heute ist. Im industriellen Bereich erwarten wir eine gewisse Kaufzurückhaltung. Unser Team vor Ort und die Planung an sich sieht aber auch unter diesen Rahmenbedingungen weiteres Wachstum vor.

Ende Juli ist Unternehmensgründer Siegfried Meister im Alter von 78 Jahren verstorben. Er hielt 63 Prozent der Aktien. Was ändert sich jetzt?


Es gibt keine Strategieänderung. Im Gegenteil: Wir wollen Kontinuität und Stabilität. Die Richtung im Aufsichtsrat, im Management und im operativen Geschäftsmodell bleiben gleich. Die Erben, Siegfried Meisters Frau und seine drei Kinder, stehen untereinander und mit uns im konstruktiven Dialog. Sie sind nicht operativ im Unternehmen tätig. Auf absehbare Zeit ist das auch nicht in Sicht. Wir trauern alle noch um Herrn Meister, schließlich haben wir ihm viel zu verdanken und wollen sein Erbe fortführen.

Welche Signale geben die Erben?


Sie stehen wohl - wie auch die ganzen Jahre über - sehr zum Unternehmen. Die Rational-Aktie ist ja auch kein schlechtes Investment. Die Erben werden sicher alles tun, um die Papiere weiter zu halten.

Was, wenn einer der Erben seinen Anteil verkaufen wollen würde?


Grundsätzlich haben wir ständig Anfragen von größeren Investoren, die im Rahmen von Blocktrades oder Over-the-Counter-Geschäften gern an einem kleinen Paket interessiert wären. Unserer Kenntnis nach gibt es keinen zwischenerblichen Vertrag. Formaljuristisch ist das eine Erbengemeinschaft, es ist also jeder der Stränge frei. Falls sich einer der Erben doch dazu entscheiden sollte, Teilverkäufe durchzuführen, wäre das keine gravierende Änderung. Dafür gibt es aber momentan keine Indizien.

Es wird immer wieder spekuliert, ob Sie expandieren und in den Markt für private Küchen einsteigen. Können Sie dazu was sagen?


(Lacht) Ich dachte schon, Sie fragen nie danach. Wir glauben nach wie vor, dass der Markt für professionelle Gastronomiekunden groß genug ist, um für Rational noch viele Jahre zusätzliches Wachstumspotential zu bieten. Ich sehe keine Not, in diese Branche zu gehen. Die Privatküche - und da beneide ich die Unternehmen nicht, die beide Segmente bedienen - hat eine ganz andere Struktur. Diese würden wir wahrscheinlich auch nur zum Teil verstehen.

Wieso das?


Die Geräte werden anders eingesetzt. Die Kunden haben andere Anforderungen. Wir haben das in der Vergangenheit ausgeschlossen und schließen das auch nach wie vor aus. Uns ärgern solche Spekulationen von Analysten: Das ist ein Antreiben des Aktienkurses, das passt nicht zu unserer Philosophie. Wir wollen Stabilität und kontinuierliches Wachstum. Genau das schätzen auch unsere Investoren.

Zur Person: Axel Kaufmann kam 2015 zu Rational. Wenige Monate nach seinem Einstieg wird er Finanzvorstand. Zuvor war er CFO bei Koenig & Bauer.