Jeder, der bei Amazon Filme schaut, mit WhatsApp Fotos verschickt oder Videos und Bilder bei Google oder Facebook verwaltet, nutzt Speicher in meist weit entfernten Rechenzentren - sogenannte Datenwolken oder Clouds. Diese Technologie verändert aber nicht nur die Konsumwelt, sondern auch die Art, wie Unternehmen Software nutzen. Statt für jeden Arbeitsplatz Lizenzen zu kaufen und die Programme auf den Rechnern zu installieren, greifen die Firmen via Web auf Software in Clouds zu, die von Dienstleistern dort gespeichert wurden. Bezahlt wird nach Zeit und Umfang. So werden Ressourcen besser genutzt und können Kosten gespart werden.

Mit gut sechs Milliarden Dollar Umsatz ist NetApp nach EMC der weltweit zweitgrößte Lieferant von Systemen aus Hard- und Software zur Datenspeicherung in diesen Rechenzentren. Kunden sind sowohl Cloud-Dienstleister als auch Unternehmen, die im Firmennetzwerk eigene Datenwolken - Private Clouds - betreiben. BÖRSE ONLINE sprach mit Tom Georgens, dem Chef des Datenspeicherkonzerns.

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Wird Cloud-Computing die EDV-Kosten ähnlich stark senken, wie das bei der Einführung von PCs in den 80ern war ?
? Wir sehen, dass Cloud-Computing zunehmend stärker von Standards bestimmt wird, die von sehr großen Anbietern wie Google, Facebook, Amazon oder Microsoft entwickelt werden. Ähnlich wie bei Mikroprozessoren und PCs vereinfacht und vergünstigt das die Verarbeitung und Speicherung von Daten. Diese Unternehmen kaufen ihre Server nicht mehr von etablierten Anbietern von Netzwerkrechnern, sondern lassen sie nach ihren eigenen Plänen von großen Auftragsfertigern in Asien bauen.

Verändert das auch Ihr Geschäft?
Sicher. Für uns sind Konzerne wie Amazon jedoch keine Konkurrenten, sondern Ressourcen. Sie bauen ihre Datenwolken mit enormen Größenvorteilen und deshalb schnell und effizient auf. Diese Cloud-Infrastrukturen haben für Unternehmen, also auch für unsere Kunden, einen Wert. Unser Job ist es, diesen Wert in der Datenspeicherung und -verwaltung für Unternehmen verfügbar zu machen. In der Softwareentwicklung berücksichtigen wir deshalb auch die Standards der großen Cloud-Anbieter.

Dennoch stagnierten NetApps’ Umsätze während der vergangenen Jahre. Warum?
Das gilt für alle Datenspeicherkonzerne. Datenspeicherung hat in Firmenbudgets für IT im Vergleich etwa mit Datensicherheit geringere Priorität. Deshalb verzögern Unternehmen ihre Investitionen in Datenspeicher. Die Auslastung ihrer Speicher ist so hoch wie nie zuvor. Das bremst unser Geschäft.

Wie hoch ist die Auslastung? 80 Prozent?
Das ist eine hohe Auslastungszahl, die wir in zunehmend mehr Kategorien sehen.

Wer sind die Verlierer in diesem Markt?
Bei Anbietern von Netzwerkrechnern wie Dell oder Hewlett-Packard sinken die Verkäufe von Speichersystemen mit zweistelligen Raten, während fokussierte Unternehmen wie wir, EMC oder Hitachi Marktanteile erobern. Die etablierten Serverhersteller können es sich trotz Zukäufe im Speichergeschäft nicht leisten, ausreichend viel Geld in ihre Technologien zu investieren.

Bei gut sechs Milliarden Dollar Umsatz verfügt NetApp über knapp drei Milliarden Cash und ist ins Visier aktivistischer Investoren geraten. Wie haben Sie das gelöst?
Diese Investoren wussten bei ihrem Einstieg nicht, dass Dividenden und Aktienrückkäufe bei NetApp geplant waren. Wir schütten jenen Anteil der Reserven an die Aktionäre aus, der uns in der strategischen Planung nicht einschränkt. Diese Grenze werden wir nicht überschreiten, auch nicht auf Druck von Aktionären.

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