Hart ging Halver mit der Großen Koalition ins Gericht, die Deutschland weitere vier Jahre hemmen könnte. Notwendige Maßnahmen in Richtung Digitalisierung würden sich weiter verzögern. Vor zehn Jahren sei künstliche Intelligenz ungefähr auf dem Niveau einer Küchenschabe gewesen, in zehn Jahren werde sie der menschlichen überlegen sein. Halver: "Der Mensch wird zum Risikofaktor für die Industrie." Während Deutschland aufpassen müsse, den Anschluss nicht zu verlieren, habe US-Präsident Donald Trump die Zeichen der Zeit erkannt. Er locke Firmen in die USA - frei nach dem Motto "Kommet zu mir, die ihr an schlechten Standorten produziert und hohe Steuern zahlt, ich werde Euch erquicken". Die USA seien auf dem Weg, ein sehr moderner Industriestandort zu werden.

An eine Abkehr von der Politik des billigen Geldes in den USA glaubt Halver nicht. Die angekündigten Zinserhöhungen durch die Notenbank Federal Reserve (kurz: Fed) seien nichts anderes als "Verbalerotik". In Wahrheit sei die Realverzinsung nach Inflation weiterhin negativ. Eine Hochzinsphase könnten sich die Vereinigten Staaten nicht leisten. Am Ende der Ära Reagan habe die Staatsverschuldung bei 4,4 Billionen Dollar gelegen - und damals habe man sich schon gefragt, ob das gut gehen könne. Inzwischen stünden die USA mit mehr als 21 Billionen Dollar in der Kreide. Rechne man die Verbindlichkeiten der Wirtschaft und der und privaten Haushalte hinzu, summiere sich der Schuldenberg auf über 70 Billionen US-Dollar.

"Der nächste Crash ist der letzte"



Auch die US-Notenbanker wüssten, "dass der nächste Crash unseres Finanzsystems der finale sein wird". Deshalb würden sie den Systemkollaps durch eine zu straffe Geldpolitik nicht riskieren, zumal auch die Zahl der Wertpapierkredite auf ein neues Rekordhoch gestiegen sei. Ein zinsbedingter Crash am Aktienmarkt würde die Stimmung in der gesamten Wirtschaft verschlechtern, daran können niemandem gelegen sein.

Da die USA nicht an einem starken Dollar interessiert sei, werde auch Europa nicht aus dem Abwertungswettlauf herauskommen - schon gar nicht nach dem "katastrophalen Wahlergebnis in Italien". Da man keine brennenden Vororte in Italien sehen wolle, werde die Europäische Zentralbank (EZB) alles daran setzen, die Konjunktur durch Niedrigzinsen am Leben zu halten. "Die Zinspolitik der EZB ist Sozialpolitik" betonte der Referent unter dem Beifall der 500 Zuhörer. "Und die Zeche dafür zahlen wir als Anleger".

Dass der Vermögensaufbau mit Sparkonten, Bundeswertpapieren und erstklassigen Anleihen mangels Verzinsung derzeit kaum möglich sei, mache es schwierig, Alternativen zu Aktien zu finden. Halver rät dabei zu einem breit diversifizierten Portfolio aus europäischen und amerikanischen Aktien, zudem seien Japan und Schwellenländer als Beimischung interessant. In den Schwellenländern seien - im Unterschied zu Europa - auch Staatsanleihen lukrative Geldanlagen: "Die Verzinsung ist höher, und das bei - zumindest im Vergleich zu Ländern wie Italien oder Portugal - erheblich besserer Bonität".

Um Kursschwankungen abzufedern, sei auch ein kleiner Goldanteil im Depot sicher kein Fehler. "Von Kryptowährungen wie Bitcoin hingegen sollten Sie die Finger lassen", appellierte Halver an die Besucher des Börsentags. "Das ist nur etwas für Leute, die sehr stark spekulieren". Abschließend gab er dem Publikum noch den Rat mit nach Hause, sich auch einmal etwas zu gönnen", wenn nach einigen Jahren über Aktien, Fonds- oder ETF-Sparpläne im Lauf der Jahre ein hübsches Sümmchen zusammengekommen sei. "Denn es macht keinen Sinn, reich auf dem Friedhof zu liegen".