Kaeser will mit der Akquisition vom Schiefergasboom in den USA profitieren. Die Kosten deckt das Unternehmen zum Teil aus dem Verkauf seiner Hälfte an der Gemeinschaftsfirma Bosch Siemens Hausgeräte (BSH), die Kaeser für drei Milliarden Euro an den Stuttgarter Partner abgibt.

Lange Zeit hatten die Münchner wegen der Bewertung von Dresser-Rand mit knapp vier Milliarden Euro noch vor einem Gebot zurückgeschreckt. Angesichts der Fusionspläne von Sulzer geriet Siemens nun aber unter Zugzwang. Jetzt wird der erste große Zukauf von Kaeser als Konzernchef einer der größten in der Unternehmensgeschichte. Der Niederbayer triumphiert damit auch über seinen früheren Chef Peter Löscher, der mittlerweile den Verwaltungsrat von Sulzer führt.

Dresser-Rand ergänze das bestehende Siemens-Portfolio, insbesondere für die weltweite Öl- und Gasindustrie sowie für die dezentrale Energieerzeugung, teilte Siemens in der Nacht zum Montag mit. Das Angebot für alle Anteilsscheine beträgt 83 Dollar je Aktie in bar. Am Freitag hatte die in New York gelistete Dresser-Rand-Aktie mit 79,91 Dollar geschlossen. Der Verwaltungsrat der Amerikaner unterstütze die Bar-Offerte einstimmig und habe den Aktionären empfohlen, das Gebot anzunehmen, teilte Siemens mit. Offen blieb zunächst, ob sich Siemens auch mit Sulzer-Großaktionär Wiktor Wekselberg geeinigt hat, dessen Holding sich knapp fünf Prozent an Dresser gesichert hatte.

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ANALYSTEN LOBEN ZUKAUF

Der Boom von Gas- und Ölfördertechnik in den USA war bislang weitgehend an Siemens vorbeigegangen. Um mitzuverdienen, holte Kaeser eigens die Shell-Managerin Lisa Davis ins Haus und machte sie zur Chefin der Energiesparte mit Sitz in den USA. Von Houston aus soll sie die Aufholjagd starten. Dresser ist mit einem Jahresumsatz von gut drei Milliarden Dollar dabei eher ein mittelgroßer Baustein im Vergleich zum bestehenden Energietechnikgeschäft der Münchner. Im abgelaufenen Geschäftsjahr erwirtschaftete das Segment einen Umsatz von knapp 27 Milliarden Euro. Der Bereich ist aber trotz guter Einnahmen das Sorgenkind des Konzerns, immer wieder verliert Siemens wegen verpatzter Projekte wie dem Anschluss von Windparks in der Nordsee hunderte Millionen Euro.

Unter Analysten erntete Kaeser trotz des hohen Preises Lob. "Das wird Siemens helfen, mit einem attraktiveren Öl- und Gasgeschäft zu GE aufzuholen", urteilte etwa Fabian Häcki von Vontobel. Erst im Frühjahr hatte Siemens das Kleinturbinengeschäft der britischen Rolls-Royce übernommen, um sich eine bessere Position mit Pipeline-Ausrüstung zu verschaffen. "Wir begrüßen die Absicht, Dresser Rand zu kaufen, da es Siemens aus unserer Sicht hilft, sich im schwächeren Öl & Gas-Geschäft sowie US-Geschäft zu verstärken", erklärte DZ-Bank-Analyst Jasko Terzic.

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WECHSELVOLLES GLÜCK MIT GROSSEN ZUKÄUFEN

Die Kollegen von der LBBW wiesen darauf hin, dass sich Siemens nach dem gescheiterten Werben um die Energiesparte des französischen Industriekonzerns Alstom die Akquisition mühelos leisten könne. Abgesehen vom Preis sei Dresser-Rand schon seit längerem ein Traum-Übernahmeziel, hieß es im Siemens-Umfeld. Der Konzern geht davon aus, dass die Dresser-Rand-Übernahme bis zum Sommer 2015 unter Dach und Fach ist. Siemens-Aktien gaben am Dienstag knapp ein Prozent nach, die Titel der unterlegenen Sulzer um fast fünf Prozent.

Mit dem Verkauf der Hausgerätesparte an Bosch gibt Siemens sein Geschäft mit Privatkunden nun restlos auf. Bosch kann aber noch mehrere Jahre den etablierten Markennamen Siemens für Waschmaschinen, Backöfen und Bügeleisen nutzen.. Die Transaktion soll voraussichtlich im ersten Kalenderhalbjahr 2015 abgeschlossen werden.

Mit großen Zukäufen hatte Siemens in den letzten Jahren wechselvolles Glück. Die für elf Milliarden Euro zusammengekaufte Labordiagnostiksparte erwies sich als Enttäuschung. Milliardenabschreibungen folgten. Der Kauf des Solarspezialisten Solel endete im Fiasko, Siemens fand am Ende nicht einmal mehr einen Käufer und wickelte das Geschäftsfeld ab. Für die Transaktionen stellte Kaeser seinerzeit als Finanzchef genauso die Schecks aus wie für die zahlreichen Übernahmen im Industriebereich, wo sich Siemens weitgehend geräuschlos ein einträgliches Softwaresegment zusammenklaubte.

Reuters