Es läuft nicht rund in Essen. Im abgelaufenen Quartal hat der Stahl- und Anlagenbaukonzern Thyssenkrupp mit 332 Millionen Euro Ebit gut ein Viertel weniger verdient als im Vorjahr. Der Nettogewinn des DAX-Unternehmens stieg zwar auf 145 Millionen Euro spürbar an, doch das lag daran, dass es im Vergleichszeitraum einen negativen Sondereffekt aufgrund der US-Steuerreform gegeben hatte. Thyssenkrupp verzeichnete im Quartal neue Aufträge über 8,1 Milliarden Euro, das war immerhin ein Plus von sechs Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Der Umsatz stieg um drei Prozent auf 7,9 Milliarden Euro.

Der Blick auf die einzelnen Geschäfte ist ernüchternd, es hakt an vielen Stellen. Von Oktober bis Dezember schnitten beinahe alle Sparten schwächer ab. Beim Hauptgewinnbringer des Vorquartals, der Stahlsparte, die mit dem Geschäft der indischen Tata in ein Joint-Venture gebracht werden soll, brach das Ebit drastisch von 163 auf 38 Millionen Euro ein. Der Anlagenbau Industrial Solutions rutschte mit 23 Millionen ins Minus, der Materialhandel und die Komponentensparte, die etwa an die Automobilindustrie liefert, waren ebenfalls schwächer. Auch die Ertragsperle, die Aufzugsparte, glänzt nicht mehr. Hier sank das operative Ergebnis um sieben Prozent auf 204 Millionen Euro.

Die ohnehin schwache Konzernbilanz wird zudem durch starke Mittelabflüsse belastet. Thyssenkrupp wies im Quartal einen negativen freien Cashflow aus dem fortgeführten Geschäft von 1,6 Milliarden Euro aus. Rechnet man die Stahlsparte mit ein, die wegen der Abspaltungspläne nicht mehr zu den fortgeführten Aktivitäten zählt, so beläuft sich der Mittelabfluss von Oktober bis Dezember laut Baader Bank sogar auf rund 2,3 Milliarden Euro. Im Materialhandel sowie in der Stahlsparte kommt es hier allerdings saisonal meist zu erhöhtem Cashabfluss, weil mehr liquide Mittel etwa im Lagerbestand gebunden werden.

Ein wenig Licht gibt es am Horizont. Für das zweite Quartal rechnet der Vorstand zwar erneut mit einem schwächeren Ergebnis in der Sparten Components sowie im Materialhandel, die anderen Geschäfte sollen beim operativen Gewinn aber wieder ihren Vorjahresstand erreichen. Ebenfalls positiv: Im Gesamtjahr bis Ende September rechnet Chef Guido Kerkhoff mit einem Mittelabfluss unterhalb der 678 Millionen Euro des Vorjahres. Die Prognose für den operativen Gewinn im Gesamtjahr von über einer Milliarde Euro bestätigte Kerkhoff - allerdings nicht uneingeschränkt: Der Thyssen-Chef verwies auf die wachsenden politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten, die das Geschäft belasteten.

Obwohl Kerkhoff, der im vergangenen Sommer auf Ex-Chef Heinrich Hiesinger gefolgt war, bereits auf der Hauptversammlung Anfang des Monats vor einem schwachen ersten Geschäftsquartal gewarnt hatte, verkauften Börsianer. Die Aktie fiel auf ein neues Zwölf-Monatstief bei 14,30 Euro, der DAX-Titel hat in diesem Zeitraum über 35 Prozent eingebüßt.

Ende September hatte Kerkhoffs Masterplan zum Konzernumbau die Aktie noch auf fast 23 Euro steigen lassen. Das Stahl-Joint-Venture mit der indischen Tata, das Vorgänger Hiesinger in die Wege geleitet hatte, ist demnach nur ein erster Schritt.

Anschließend will Kerkhoff den Konzern in eine Materialsparte - einschließlich Anteil am Stahl-Joint-Venture, dem Materialhandel und dem Marinegeschäft - sowie in eine Industriesparte, darin das Aufzuggeschäft, der Anlagenbau sowie die Komponenten, aufteilen. Die Unternehmen "Thyssenkrupp Materials" und "Thyssenkrupp Industrials" sollen an der Börse gelistet werden und Aktionäre schließlich zwei Papiere in Händen halten, die zusammen mehr Wert darstellen, als Thyssenkrupp bislang.

Die Euphorie, die die Pläne am Aktienmarkt ausgelöst hatten, ist komplett verflogen. Schon das Stahl-Joint-Venture hakt. Die EU-Kommission fordert offenbar größere Zugeständnisse von den Partnern Thyssen und Tata, damit die Fusion grünes Licht bekommt.

Kerkhoff hat unterdessen angekündigt, dass in der Verwaltung der beiden künftigen Konzernteile kräftig gespart werden soll. Im Material- sowie im Industriebereich sollen jeweils bloß drei Vorstände arbeiten, auf Ebene der Konzernzentrale soll es künftig keine Regionalstrukturen mehr geben. Die Verwaltungskosten will der ehemalige Finanzchef Kerkhoff so bis im Geschäftsjahr 2010/21 für beide Unternehmen insgesamt unter 300 Millionen Euro drücken, zuletzt fielen hier 380 Millionen Euro an. Auch dieser Plan klingt gut - doch auch das muss erst einmal umgesetzt werden.

Empfehlung der Redaktion



Die operativen Ergebnisse waren schlecht, der hohe Mittelabfluss belastet die ohnehin schwache Bilanz. Der Ausblick ist etwas freundlicher, die angekündigten Sparmaßnahmen sowie der Umbau sollen langfristig Werte schaffen. Der Haken: Es hapert seit Jahren an der Umsetzung. Die Aktie ist deshalb nur eine Halteposition.

Empfehlung: Beobachten.
Kursziel: 16,00 Euro
Stoppkurs: 13,00 Euro