Der Ingolstädter Autobauer Audi will bei der bevorstehenden Branchen-Revolution die Führung im Premiumsegment übernehmen und die Erzrivalen BMW und Mercedes-Benz dabei hinter sich lassen: "Wir haben das klare Ziel, in der Elektromobilität die Nummer 1 unter den Premiumanbietern zu werden", sagte Audi-Vorstandschef auf der Hauptversammlung des Unternehmens am Mittwoch in Ingolstadt.

Bis 2025 will die Marke mit den vier Ringen über 20 elektrifizierte Modelle auf den Markt bringen. Der Absatz solle auf rund 800.000 Elektro- und Hybridautos ansteigen, erklärte Stadler. Damit wäre bereits jeder dritte Audi ein reines E-Auto oder herkömmlicher Verbrenner mit Elektro-Unterstützung. Mercedes-Benz und BMW peilen für 2025 bei E-Autos bislang einen Absatz-Anteil von jeweils 25 Prozent an.

Die Offensive wird für Audi allerdings ein finanzieller Kraftakt. Bis Mitte der kommenden Dekade will Audi rund 40 Milliarden Euro in die Zukunftsoffensive um E-Antriebe, Digitalisierung und autonomes Fahren stecken, kündigte Stadler an. Gut zehn Milliarden davon will der Konzern über Umstrukturierungen und die Kooperationen mit der Konzernmutter Volkswagen sowie der Konzernschwester Porsche wieder hereinholen.

Audi war in den vergangenen Jahren im Premium-Segment gegenüber Mercedes-Benz und BMW deutlich zurückgefallen. Mit der größten Modell-Offensive seiner Geschichte will das Unternehmen im laufenden Jahr nun wieder Boden gut machen. 2018 sei "ein Schlüsseljahr mit enorm hohem Veränderungstempo, das uns Schritt für Schritt wieder in die Offensive bringen wird", kündigte Stadler vor den Anteilseignern an. Audi will im laufenden Jahr über 20 neue Modelle in die Showrooms bringen. Im Schnitt laufe "alle drei Wochen ein neues Produkt an", ergänzte Audi-Finanzvorstand Alexander Seitz.

Für das laufende Jahr bekräftigte Seitz die Prognose. Danach sollen die Auslieferungen "mindestens auf Vorjahresniveau liegen". Der Umsatz solle wegen des verbesserten Modellmix leicht zulegen. Die operative Marge solle trotz der Investitionsoffensive und der zahlreichen Modellanläufe im langjährigen Zielkorridor "von acht bis zehn Prozent liegen".

Audi hatte 2017 unter anderem wegen Probleme mit dem Händlernetz in China ein Absatzminus von 1,3 Prozent auf 1,88 Millionen Fahrzeuge hinnehmen müssen, der Umsatz war hingegen um 1,4 Prozent auf die neue Rekordmarke von 60,1 Milliarden Euro gestiegen, das operative Ergebnis lag bei 4,7 Milliarden Euro nach 3,0 Milliarden im Vergleichszeitraum.



Mit Blick auf die erneute Ausweitung der Rückruf-Aktion bei Dieselfahrzeugen mit womöglich illegalen Abschaltvorrichtungen bat Stadler Aktionäre, Kunden und Partner erneut um Entschuldigung. Am Dienstag hatte das Unternehmen angekündigt, weitere rund 60.000 Fahrzeugen vom Typ A6 und A7 zusätzlich zurückrufen zu wollen. Damit steigt die Zahl der Fahrzeuge mit womöglich unzulässigen Abschalteinrichtung auf rund 910.000.

Stadler sagte, bei den in der Vorwoche gefundenen Software-Vorrichtungen in den Modellen A6 und A7 mit dem 272-PS-Motor habe es sich um einen "gravierenden Arbeitsfehler" gehandelt. Zugleich trat er der Kritik entgegen, der Konzern arbeite die Dieselkrise nur sehr schleppend auf. Audi sei in einer "komplexen und enorm belastenden Situation", bei der man mit Rückschlägen umgehen müsse. Die Dieselkrise sei jedoch "noch nicht abgeschlossen".

Unternehmen prüft Schadenersatz-Ansprüche gegen ehemalige Vorstände



Unterdessen prüft das Unternehmen mögliche Schadenersatz-Ansprüche gegen ehemalige Vorstände, sagte der am Vortag gewählte neue Aufsichtsratsvorsitzende Herbert Diess auf entsprechende Fragen von Aktionären. Dies geschehe "vorbehaltlos und ohne Ansehen der Person", sagte Diess.

Audi hatte alleine 2016 wegen der Dieselkrise eine Belastung von 1,6 Milliarden Euro verkraften müssen. Im vergangenen Jahr hatte der Konzern die Rückstellungen um weitere 387 Millionen Euro erhöhen müssen.

Kritik an Ausschüttungspolitik



Forderungen mehrerer ausstehender Aktionäre nach einer Erhöhung der Dividende wies das Unternehmen unter Berufung auf ein aktuelles Gutachten zurück. Nach der Untersuchung des Mainzer Gesellschaftsrechtlers Prof. Dirk Verse gebe es für Unternehmen im Rahmen eines geltenden Beherrschungsvertrags keine Verpflichtung zur Anpassung der Dividende bei Veränderung der Ertragslage. Dies gelte sowohl bei einem Gewinnanstieg als auch im Falle eines Ergebnisrückgangs, sagte Stadler unter Berufung auf das Gutachten.

Audi hat im vergangenen Jahr einen Gewinn von rund 81 Euro je Aktie erzielt. Für 2017 will das Unternehmen 3,90 Euro je Aktie an seine Anteilseigner ausschütten. Dies entspräche einer Ausschüttungsquote von 4,8 Prozent.

Zugleich versicherte Diess, dass Audi im Zuge des geplanten Umbaus des Volkswagen-Konzerns weiter an Bedeutung gewinnen werde. In den kommenden zwei Jahren werde Audi die Konzern-Führung bei Forschung und Entwicklung übertragen, sagte er. Der ehemalige BMW-Manager hat dem Konzern mit der Berufung an die Konzernspitze vor gut vier Wochen einen grundlegenden Umbau verordnet. Nach den Plänen soll Audi-Chef Stadler im Vorstand künftig auch für den Vertrieb zuständig sein.