Der neue Volkswagen-Chef Herbert Diess will mit einer neuen Konzernstruktur die Voraussetzungen für schnellere Entscheidungen schaffen und den größten Autobauer der Welt so fit für die digitale Revolution in der Automobilbranche machen. "Wir müssen das Tempo nochmals erhöhen", sagte Diess am Freitag mit Blick auf die geplante Neuaufstellung.

Mit dem geplanten Umbau solle Volkswagen in "Ertragsstärke, Innovationskraft und Nachhaltigkeit" zu einem der führenden Unternehmen in der Industrie werden", kündigte Diess auf einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz an.

Erst am Donnerstag hatte Diess den bisherigen Konzernchef Matthias Müller abgelöst. Müller war vor rund zweieinhalb Jahren mitten in der Dieselkrise an die Konzernspitze berufen worden, aber zuletzt wegen wiederholter unglücklicher öffentlicher Äußerungen in der Dieselkrise auch intern in die Kritik geraten.

Aufsichtsratschef Hans-Dieter Pötsch begründete den Führungswechsel am Freitag hingegen mit bevorstehenden Weichenstellungen. Volkswagen stehe in den kommenden Monaten vor "großen Entscheidungen" in Sachen alternativer Antriebe oder Digitalisierung. Dafür wolle man "ein Team an Bord haben, dass diese Entscheidungen trifft und auch noch da ist, wenn in einigen Jahren die Auswirkungen messbar werden", sagte Pötsch. Diess erhält einen neuen Fünf-Jahresvertrag. Müllers Vertrag läuft hingen nur noch bis 2020. Danach sei für ihn Schluss, hatte der Ex-Porsche-Chef in der Vergangenheit mehrfach klargestellt.

Nach den vom Aufsichtsrat am Donnerstag gebilligten Plänen sollen die Konzern-Marken künftig in vier Gruppen gegliedert. Neben dem Volumen-Dach (VW sowie die Transporter, Skoda, Seat) soll es eine Premium-Einheit (Audi) geben sowie "Super-Premium" (Porsche, Bentley, Bugatti, Lamborghini) und Truck & Bus (MAN, Scania). In den einzelnen Marken-Gesellschaften und den Geschäftseinheiten sollen die operativen Entscheidungen getroffen werden. Der Volkswagen-Konzernvorstand kümmert sich künftig lediglich um Strategie und behält die Oberaufsicht. Die Pläne kommen einer Revolution gleich.

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Einschätzung der Redaktion



Der neue Volkswagen-Boss Herbert Diess setzt zum Start ein klares Zeichen. Um in der bevorstehende Branchen-Revolution um Elektro-Mobilität, Digitalisierung oder autonomes Fahren zu bestehen, muss der Konzern wendiger werden. Ohne schnelle Entscheidungen geht das kaum. Bei Volkswagen ist das überfällig. Kaum ein anderer Konzern ist bürokratischer, hierarchischer und lahmer als die Wolfsburger. Doch es geht auch anders. Bei VW hat Diess es vorgemacht. Als der frühere BMW-Entwicklungsvorstand 2014 in Wolfsburg anheuerte, lag die operative Marge der Kernmarke knapp über Null. 2017 waren es bereits rund 4,1 Prozent.



Aber Diess kann nicht nur Produktion. Sein größter Erfolg dürften wohl die im Zukunftspakt mit dem allmächtigen Betriebsrat vereinbarten Stellenstreichungen sein. Bis 2020 sollen bei VW rund 30.000 Stellen wegfallen, rund 23.000 davon in Deutschland. Der gegen den erbitterten Widerstand von VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh durchgedrückte Personalabbau gilt als Diess’ Meisterstück und hat ihm am Ende wohl auch den Weg an die Konzernspitze geebnet.

Auch dort drückt er jetzt mächtig aufs Gas. Künftig tragen die Chefs der Pkw-Marken mehr Verantwortung. Die Nutzfahrzeug-Sparte soll an die Börse.

Der Umbau sorgt für mehr Verantwortung, schnellere Entscheidungen und höhere Motivation. Bei der Kernmarke VW bleibt Diess CEO und sichert sich damit seine Machtbasis als, die Verantwortung für das Tagesgeschäft gibt er aber auch dort ab. Nach den Plänen soll künftig ein Chief Operating Officer den Laden schmeißen.

Für Anleger sind das alles gute Nachrichten. Diess hat bei VW gezeigt, wie man eine als nahezu unführbar geltende Marke profitabler macht. Daran sind alle seine Vorgänger krachend gescheitert. Nun dürfte Diess auch konzernweit die Zügel anziehen. Zwar steht Volkswagen angesichts zahlloser Klagen von Dieselfahrern noch immer vor womöglich weiteren empfindlichen Strafzahlungen auch in Deutschland sowie weiteren europäischen Ländern. Aber die Klärung wird wohl noch Jahre dauern und ob es am Ende tatsächlich zu einer Verurteilung von Volkswagen kommt, ist völlig offen.

Charttechnisch ist bei VW alles im grünen Bereich. Der mittelfristige Aufwärtstrend ist intakt. Aktuell notiert das Papier klar über der 55- und der 200-Tagelinie. Bei 152 Euro hat die Aktie einen schönen Boden ausgebildet. Kaufen.

Ziel: 200 Euro

Stopp: 149 Euro