Deutschlands drittgrößter Versicherungskonzern Talanx braucht beim Umbau seiner Lebensversicherungs-Sparte im Inland einen langen Atem. Vorstandschef Herbert Haas sagte am Mittwoch, das "Sorgenkind" werde noch zwei oder drei Jahre bis zu seiner Genesung brauchen. "Ich bin zuversichtlich, dass die Lebensversicherung nach drei bis fünf Jahren wieder zu einer Ertragsstütze werden wird." Das Unternehmen hatte Ende Juli den Ausstieg aus der klassischen Lebensversicherung beschlossen und will von 2017 an nur noch Produkte ohne die kostspieligen lebenslangen Garantien anbieten. Talanx gehört mit den Marken HDI Leben, Postbank Leben, Targo Leben und Neue Leben zu den fünf größten Anbietern von Lebensversicherungen in Deutschland.

In der Bilanz habe Talanx in der Lebensversicherung jetzt aufgeräumt. Seit dem vergangenen Jahr seien die Bilanzrisiken vor allem durch Wertberichtigungen um 350 Millionen Euro gesenkt worden. "Für die nächsten zehn Jahre sind wir damit vor weiteren Abschreibungen gefeit", sagte Haas. Im zweiten Quartal schrieb Talanx den Firmenwert der Lebensversicherungs-Töchter von 155 Millionen Euro komplett ab. Das belastete den Quartalsgewinn, der um fast zwei Drittel auf 60 (Vorjahr: 165) Millionen Euro sank. Nur die Rückversicherungs-Tochter Hannover Rück rettete Talanx vor roten Zahlen. Mit dem operativen Geschäft zeigte sich Haas aber zufrieden: "Unsere Erwartungen an den Geschäftsverlauf sind übertroffen worden."

Für das Gesamtjahr 2015 peilt Talanx wegen der Firmenwert-Abschreibungen nur noch einen Gewinn von 600 bis 650 (2014: 769) Millionen Euro an. Die Aktionäre sollen aber keine Abstriche machen müssen: Die Dividende werde sich mindestens an den 1,25 Euro orientieren, die der Konzern für 2014 gezahlt habe, sagte Haas. Die Aktie legte zeitweise gegen den Markttrend zu.

Vom grassierenden Übernahmefieber in der Branche will sich Haas nicht anstecken lassen. Talanx halte nur in Lateinamerika - vor allem in Mexiko - und in der Türkei nach Gelegenheiten für Zukäufe Ausschau. Das Budget dafür liege bei maximal 500 Millionen Euro. Vor allem in den USA häufen sich Übernahmen großer Versicherer. Auch der japanische Talanx-Partner Meiji Yasuda hat dort kürzlich für fünf Milliarden Dollar zugekauft. "Wir haben keine Ambitionen, uns im amerikanischen Lebensversicherungsgeschäft zu verstärken", erteilte Haas einer Kooperation dort eine Absage.

Reuters

Einschätzung der Redaktion



Der Versicherer Talanx hat im zweiten Quartal weniger verdient als von den Analysten erwartet. Das Ergebnis wird vor allem vom schlechten Geschäft mit Lebensversicherungen in Deutschland belastet. Das MDAX-Mitglied hatte bereits vor einigen Wochen die komplette Abschreibung des Goodwill auf diese Sparte angekündigt. Die Dividende soll für 2015 zumindest dem Vorjahresniveau entsprechen. Die Dividendenrendite von mehr als vier Prozent macht die Aktie haltenswert.

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Martin Reim