Als Jack Canfield und Mark Victor Hansen 1993 ihr Projekt starteten, dürfte ihnen kaum klar gewesen sein, dass sie mit ihrer Idee den Grundstein für eine heute fast 500 Millionen US-Dollar schwere Gesellschaft legten. Unter dem Titel Chicken Soup for the Soul, was wörtlich übersetzt "Hühnersuppe für die Seele" bedeutet, stellten die beiden Motivationsredner ein Buch mit inspirierenden und wahren Geschichten zusammen, die sie im Rahmen ihrer Auftritte von Leuten aus ihrem Publikum gehört hatten.

Während die großen New Yorker Verlage die Idee dankend ablehnten, griff ein kleiner Selbsthilfeverlag in Florida zu. Das Buch schlug ein wie eine Bombe. Noch heute gilt die erste Ausgabe der Reihe als bedeutender Bestseller und wie die weiteren Ausgaben als ein Phänomen, das eingefahrene Sichtweisen auf soziale Themen ändern kann. So werden Geschichten von Menschen aller Glaubensrichtungen, Nationalitäten, Ethnien, sexuellen Orientierungen und Geschlechtsidentitäten veröffentlicht - stets mit dem Ziel, Vorurteile auszuräumen und Unterschiede zu würdigen. Pro Jahr erscheint etwa ein Dutzend neue "Chicken Soup for the Soul"-Bücher; die Reihe umfasst heute über 250 Bände.

Der Verkauf des Unternehmens an eine neue Eigentümergruppe markierte 2008 einen wichtigen Meilenstein in der Entwicklung der Gesellschaft. Ab dem Zeitpunkt öffnete sich das Unternehmen für weitere Geschäftsfelder und verkaufte unter dem Markennamen etwa Tiernahrung, Suppen, Saucen oder Fertiggerichte. 2013 stieg man in die Produktion von TV-Serien und Filmen ein - ein Bereich, den man mit den Mitteln aus dem Börsengang 2017 in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut hat. So übernahm die Gruppe mit Screen Media Ventures ein unabhängiges Fernseh- und Filmvertriebsunternehmen ebenso wie den webbasierten Online-Videodienst Pocornflix. Anfang 2019 folgte der Mehrheitskauf von Sonys Crackle-Dienst, der Ende des vergangenen Jahres vollständig integriert wurde.

Ergebnisse schießen nach oben

Die spannende Unternehmensentwicklung spiegelt sich auch in beeindruckenden Wachstumsraten auf operativer Ebene wider. Lagen die Umsätze 2015 bei gerade einmal 1,5 Millionen US-Dollar, so haben sie sich bis zum vergangenen Jahr auf 68,2 Millionen US-Dollar vervielfacht.

Trotz der zahlreichen Investitionen konnte die Gesellschaft in diesem Zeitraum stets einen operativen Gewinn ausweisen, allein voriges Jahr wurde das Ebitda gegenüber dem Vorjahreszeitraum von sechs auf 11,8 Millionen US-Dollar knapp verdoppelt. Im Rahmen der jüngsten Quartalszahlen konnte das Unternehmen die Umsatzerwartungen der Analysten um 22 Prozent, die Ebitda-Schätzungen sogar um 41 Prozent übertreffen. Signifikantes Wachstumspotenzial sieht das Management vor allem im Bereich des Video-on-Demand-Streamings, wo Chicken Soup for the Soul Entertainment sein Angebot im Gegensatz zu Streaminggiganten wie Netflix oder Walt Disney komplett kostenfrei anbietet.

Statt über teure Abomodelle finanziert das Unternehmen seinen Streamingdienst über Werbung. So laufen Werbespots parallel im Auswahlmenü der Plattform. Nutzer können vor Beginn eines Filmtitels zudem einen 30 Sekunden langen Werbespot selbst auswählen oder sich einen automatisch ausgegebenen Werbespot ansehen. Das Konzept kommt vor allem beim jüngeren Publikum an: Vier von fünf der 14- bis 35-Jährigen akzeptieren Umfragen zufolge mehr Werbung für zusätzliche frei verfügbare Filminhalte. Bislang fährt die Gesellschaft mit dieser Strategie ausgezeichnet, was ein Blick auf den bislang erfolgreichsten Titel der noch jungen Plattform zeigt: Die gesamten Produktionskosten des von Ashton Kutcher produzierten Films "Going From Broke" waren bereits im Vorfeld durch Sponsoren finanziert. Mehr als 18 Millionen Mal wurde der Film gestreamt, die Werbeerlöse lagen mehr als fünfmal höher als die Marketingaufwendungen. Nach elf Nominierungen und acht Auszeichnungen für das Original ist seit Mai nun der zweite Teil auf der Plattform verfügbar.

Erfolgsmodell soll skaliert werden

In den kommenden Quartalen will Chicken Soup for the Soul Entertainment sein Geschäft weiter skalieren. Schon heute zählt die Crackle-Plattform monatlich über 30 Millionen aktive Nutzer mit einem für die Werbeindustrie interessanten Durchschnittsalter von 33 Jahren. So soll das Programmangebot um Eigenproduktionen und Exklusivinhalte erweitert werden. Erst im April übernahm der Konzern den Film- und Fernsehkatalog von Sonar Entertainment. Dazu kommen Vermarktungschancen auf internationalen Märkten, wo bis jetzt gerade mal an der Oberfläche gekratzt wird. So gut wie die Bücher für die Seele, so interessant könnte auch die Aktie fürs Depot sein.

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