Von dem neuen Milliardenmarkt für MBB wollten Börsianer zunächst nicht viel wissen. Schon als im Sommer vergangenen Jahres die Friedrich Vorwerk AG gekauft wurde, erklärte das Beteiligungsunternehmen, man habe hier einen Profiteur der Energiewende erworben. Vorwerk verlegt Gaspipelines, Stromkabel und Internetleitungen. Dienstleistungen, die in den kommenden Jahren stark gefragt sein werden. Ohne einen milliardenschweren Ausbau der Stromnetze wird es die im Norden erzeugte Windenergie kaum zu den Abnehmern im Süden schaffen.

Den MBB-Kurs steigerte das neue Portfoliomitglied jedoch nicht. Auch als die Berliner vergangenen Dezember mit Bohlen & Doyen einen der größten Wettbewerber von Vorwerk übernahmen, reagierte die Aktie kaum. Dabei stieg durch die Akquisition der Umsatz aus dem Bereich für Netz- und Energieinfrastruktur annualisiert auf über 200 Millionen Euro. Bezogen auf die gesamte Gruppe stand das Geschäft damit bereits damals für ein Drittel aller Einnahmen.

Die Wachstumschancen wurden jedoch von Aumann überlagert. Die Firmentochter baut Fertigungsanlagen für Verbrennungs­motoren und Maschinen, die Kupferspulen für Elektromotoren wickeln. Die Westfalen leiden unter der Krise in der Autoindustrie und könnten dieses Jahr in die roten Zahlen rutschen. Weil MBB 38 Prozent der Anteile hält, färbt die Kursentwicklung stark auf die Notiz der Berliner ab.

Trotz dieser Aussichten aber hat sich der Aumann-Kurs stabilisiert, die Talsohle dürfte wie bei vielen Autozulieferern im zweiten Quartal durchschritten worden sein. Auch bei den weiteren sechs MBB-­Beteiligungen, die von Delignit, Anbieter holzbasierter Laderaumverkleidungen, bis zum Matratzenhersteller CT-Formpolster reichen, dürfte es indessen im Zuge der konjunkturellen Erholung wieder aufwärtsgehen. Zudem konnte der IT-Dienstleister DTS im ersten Halbjahr ungeachtet der Corona-Krise zweistellig wachsen. Der margenstarke Spezialist für IT-Sicherheit gilt Firmenkennern als nächster Börsen­aspirant von MBB, auch wenn derartige Spekulationen zuletzt verneint wurden.

Milliarden für Leitungen und Pipelines


Der IT-Sektor ist jedoch nicht das einzige Wachstumsfeld von MBB. Zur Umsetzung der Energiewende stimmte die Bundesregierung zuletzt Ausbauvorhaben der Netzbetreiber mit einem Volumen von 55 Milliarden Euro zu. Für Vorwerk sind dabei besonders die drei vor allem unterirdisch geplanten Stromtrassen für den Nord-­Süd-­Trans­port des Ökostroms interessant. Grund: "Geht es um Untertunnelung oder das unterirdische Ziehen von Kabeln, hat Vorwerk die besten Karten, um von den anstehenden Investitionen kräftig zu profitieren", so MBB-Vorstand Constantin Mang. Allein die Trassen Suedlink und Suedostlink kommen auf ein Investitionsvolumen von 15 Milliarden Euro. Für zusätzliche Fantasie sorgt die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung. Als Experte für Pipelines könnte Vorwerk gleich der nächste Milliardenmarkt winken.