Nur Minuten, nachdem Behörden in den USA und in Großbritannien in der Nacht auf Mittwoch die Strafzahlung verkündet hatten, erhielt das Geldhaus zudem die Quittung für ein zweites Fiasko: Der Schweizer Finanzmarktaufsicht (Finma) zufolge hat das Institut mit der Beschattung von ehemaligen Spitzenmanagern schwer gegen das Aufsichtsrecht vertoßen.

Credit Suisse soll die Behörden über die Bespitzelungen getäuscht und Investoren über Kredite an Mosambik in die Irre geführt haben. Die beiden Fälle werfen ein negatives Schlaglicht auf die Unternehmenskultur der zweitgrößten Schweizer Bank. Doch mit den hohen Bußgeldern und der seltenen Abmahnung durch die Schweizer Behörden ist das Kreditinstitut noch nicht aus dem Schneider. Denn wegen des Zusammenbruchs des US-Hedgefonds Archegos Capital und der Notabwicklung von vier Fonds, die gemeinsam mit der inzwischen insolventen britisch-australischen Finanzfirma Greensill betriebenen worden waren, droht ihr weiteres Ungemach. Insgesamt liefen damit parallel vier sogenannte Enforcementverfahren gegen die Credit Suisse. Gemessen an öffentlich verfügbaren Informationen ist das ein Rekord in der Geschichte der Finma. Der größere Rivale UBS hat, soweit bekannt, gegenwärtig kein solches Verfahren am Hals, das die schärfste Waffe der Finma ist und im schlimmsten Fall zu einem Bewilligungsentzug führen kann.

"KICKBACKS IN MILLIONENHÖHE"


In Zusammenhang mit der Mosambik-Affäre muss die Credit Suisse 175 Millionen Dollar an das US-Justizministerium, 99 Millionen Dollar an die Wertpapieraufsicht SEC und 200 Millionen Dollar an die britischen Behörden zahlen. Zusätzlich zu den Strafzahlungen verpflichtete sich das Institut, dem armen ostafrikanischen Land Schulden in Höhe von 200 Millionen Dollar zu erlassen. Die Bank, die für den Fall bereits Rückstellungen in unbekannter Höhe gebildet hatte, legt nun weitere 230 Millionen Dollar zur Seite. Dies werde einen bedeutenden Teil des erwarteten Gewinns für das dritte Quartal aufzehren, erklärte Analyst Andreas Venditti vom Investmenthaus Vontobel. "In der Regel begrüßen wir es, wenn Altlasten zu einem angemessenen Preis ausgeräumt werden. In diesem Fall scheint das Preisschild über den Schätzungen zu liegen." Die Credit-Suisse-Aktien gaben 1,4 Prozent nach.

Credit Suisse arrangierte 2013 zwei Kredite mit einem Gesamtvolumen von einer Milliarde Dollar an zwei mosambikanische Staatsunternehmen, mit denen Schiffe für die Küstenwache sowie eine Thunfischfangflotte finanziert werden sollten. Doch nach Angaben der US-Behörden verschwanden im Zuge eines ausgeklügelten Bestechungs- und Schmiergeldsystems Hunderte von Millionen Dollar. "Die Credit Suisse ... war an einer globalen kriminellen Verschwörung beteiligt, um Investoren zu betrügen ... indem sie es versäumte, wesentliche Informationen offenzulegen ... einschließlich Kickbacks in Millionenhöhe an ihre Banker und ein hohes Korruptionsrisiko", sagte US-Staatsanwalt Breon Peace.

BESCHATTUNGEN VERSCHLEIERT


In der Beschattungsaffäre stellte die Finma schwere Verletzungen des Aufsichtsrechts, gravierende organisatorische Mängel und eine unangemessenen Unternehmenskultur bei Teilen der damaligen operativen Führung fest. Zwei Personen seien gerügt worden, gegen drei weitere habe die Finma ein sogenanntes Enforcementverfahren eingeleitet. Geldbussen darf die Aufsichtsbehörde nicht verhängen.

Vor zwei Jahren war publik geworden, dass die Bank ihren inzwischen bei der UBS arbeitenden Star-Manager Iqbal Khan und weitere Spitzenkräfte überwachen ließ. Als Folge des Skandals verließen Konzernchef Tidjane Thiam, Chief Operating Officer Pierre-Olivier Bouee und der Sicherheitschef die Bank. Der Finma-Untersuchung zufolge hatte die Credit Suisse zwischen 2016 und 2019 sieben Observationen geplant und größtenteils auch durchgeführt.

Die Art und Weise der damaligen Beschattungen zeige erhebliche Mängel in der Corporate Governance der Bank auf, so die Behörde. Die Observationen seien geheim gehalten und teils verschleiert worden. In einem Fall sei eine Rechnung nachträglich abgeändert worden, um die Kosten zu kaschieren. Mehrere Mitglieder der Konzernleitung seien über Beschattungen im Bilde gewesen. Öffentlich und gegenüber der Finma gemachte Aussagen der Bank hätten sich später als teilweise unvollständig oder gar unzutreffend erwiesen.

Die Credit Suisse bedauerte in einer Stellungnahme, dass sie anfänglich nicht alle relevanten Informationen zur Verfügung gestellt habe. Die Bank bekräftigte, dass sie alle ungerechtfertigten Observationen verurteile. Zudem habe sie ihre Prozesse verbessert. Der seit dem Frühjahr amtierende Verwaltungsratspräsident Antonio Horta-Osorio will die Kultur des Konzerns verändern und das Risiko-Bewusstsein der Mitarbeiter schärfen.

rtr