Steigert Aves One den Portfoliowert seiner Container und Eisenbahnwagen 2019 wie geplant auf eine Milliarde Euro, dürfte die Börse das Logistik­unternehmen mit anderen Augen sehen. Schon die Halbjahreszahlen zeigen, was die Transportflotte - deren Wert auf aktuell 821 Millionen Euro vergrößert wurde - bringt: Der Umsatz wurde mit 67 Millionen Euro mehr als verdoppelt, das Ebitda stieg um 91 Prozent auf 42 Millionen Euro.

Den Einnahmensprung verdanken die Hamburger dem 2018 per Zukauf verdoppelten Schienenportfolio. Der im Anlagemix auf 66 Prozent steigende ­Bahnanteil macht das Geschäft weniger volatil. Container werden rund 15 Jahre genutzt, ihre Auslastung wird von der Konjunktur beeinflusst, und die Miete hängt vom Preis des Ausgangsmaterials Stahl ab. Waggons hingegen rollen bis zu 45 Jahre auf der Schiene. Sie weisen deutlich stabilere Herstellungskosten und damit weniger schwankende Mietpreise auf.

Bei im Schnitt drei Jahre laufenden Mietverträgen erzielt die zu 95 Prozent ausgelastete Waggonflotte von Aves One daher verlässliche Einnahmen. Infolgedessen wird die Firma auch mit deutlich höher bewerteten Konzernen wie dem Waggonvermieter GATX oder Erzeugern erneuerbarer Energien wie Encavis oder PNE verglichen: Allen diesen Unternehmen ist gemein, dass ihre Cashflows stabil sind.

Schulden und Übernahmen


Die Kehrseite der Medaille sind hohe Schulden. Die Eigenkapitalquote von Aves One lag 2018 bei 3,6 Prozent, die rund 845 Millionen Euro Nettoschulden waren gut 16-mal höher als das Ebitda. Die Han­seaten verdienen aber dieses Jahr Schätzungen zufolge mehr als doppelt so viel wie für Zinszahlungen benötigt, während Waggons und Container werthaltig sind.

So ist die Schienenflotte mit 16 Jahren nur gut halb so alt wie im Branchenschnitt. Darüber hinaus dürften die Kreditkosten sinken. Für Waggondarlehen verlangen Geldgeber geringere Risikoaufschläge, und Aves One will vor allem die Schienenflotte ausbauen. Zur weiteren Finanzierung wird derzeit eine 40 Millionen Euro schwere Nachranganleihe begeben.

Diese ist mit 5,25 Prozent hoch verzinst. Sie gilt aber als Eigenkapital, kann also um größere und günstigere Bankdarlehen ergänzt werden. Im Mix sinken damit die Zinskosten. Auch die schwache Konjunktur bereitet Aves One keine Sorgen, nur etwa 23 Prozent der Güterwagen hängen am Wirtschaftswachstum.

Gerüchten zufolge läuft eine Übernahme. Demnach hat Aves One sich selbst ins Schaufenster gestellt, um die Marktlage zu testen und das Interesse von Infrastrukturfonds, aber auch von größeren Rivalen zu wecken. Aves One bestätigt die Gespräche, erklärte aber, man prüfe Finanzierungsoptionen von Fremd- bis Eigenkapital. Im Zweifel würde hinter den Spekulationen nicht mehr stecken als eine normale Wachstumsfinanzierung.

Denkbar wäre auch, dass ein Investor einen großen Kredit gibt, dafür aber über neue Aktien am Unternehmen beteiligt werden will. Es ist also alles möglich. Nur eines scheint sicher: Das Unternehmen wächst weiter.