Sollten die Kläger keinen deutlich niedrigeren Schadenersatz akzeptieren, werde das Gericht ein neues Verfahren anordnen. An diesem Freitag soll dazu eine Anhörung stattfinden.

Das Ehepaar Pilliod macht die jahrzehntelange Verwendung des glyphosathaltigen Unkrautvernichters Roundup der Bayer-Tochter Monsanto für seine Erkrankung an Lymphdrüsenkrebs verantwortlich. Die Jury hatte dem Ehepaar recht gegeben. Das Unternehmen habe es versäumt, vor dem Krebsrisiko des Herbizids zu warnen - und fahrlässig gehandelt. Die Geschworenen hatten Bayer daher zu einem Schadenersatz von 55 Millionen Dollar und einem Strafschadenersatz von zwei Milliarden Dollar verurteilt.

An dem eigentlichen Urteil rüttelte das Gericht nicht, die Jury habe sich auf ausreichende Beweise gestützt. Es bemängelte in seiner vorläufigen Entscheidung jedoch die Höhe des Schadenersatzes. Der Strafschadenersatz könne maximal das Vierfache des eigentlichen Schadenersatzes betragen, erklärte das Gericht. Auch der eigentliche Schadenersatz sei falsch berechnet worden.

Die Reduzierung der Zahlungen wäre ein Schritt in die richtige Richtung, erklärte Bayer. Der Pharma- und Agrarchemiekonzern werde jedoch die endgültige Entscheidung des Gerichts abwarten, bevor er eine detaillierte Stellungnahme abgebe. Bayer hat die Vorwürfe gegen Glyphosat stets zurückgewiesen und darauf verwiesen, dass Zulassungsbehörden weltweit das Herbizid bei sachgemäßer Anwendung als sicher bewerteten.

Erst vor wenigen Tagen hatte ein Bundesrichter in einem anderen Glyphosat-Prozess den von einer Jury verhängten Schadenersatz auf 25,3 Millionen Dollar von 80,3 Millionen reduziert. Auch er kam zu dem Schluss, dass der Strafschadenersatz zu hoch ausgefallen sei. Bayer hatte dennoch angekündigt, in Berufung zu gehen.

PROZESSLAWINE

Bayer sieht sich nach der 63 Milliarden Dollar teuren Übernahme des US-Konzerns Monsanto mit mehr als 13.400 Glyphosat-Klägern konfrontiert. Drei Fälle landeten bisher vor Gericht, alle hat Bayer verloren. Das hat für viel Unmut bei den Investoren gesorgt. An der Börse ist der einst wertvollste Dax-Konzern nur noch 55 Milliarden Euro wert - weniger als Bayer für Monsanto bezahlt hat. Auf der Hauptversammlung Ende April kassierte der Vorstand eine schwere Schlappe. Werner Baumann war als erster amtierender Vorstandschef eines Dax-Konzerns von den Aktionären nicht entlastet worden.

Seit kurzem soll nun ein eigener Ausschuss im Aufsichtsrat einen Weg finden, um die Klagewelle in den USA in den Griff zu bekommen. Auch einen externen Top-Anwalt heuerten die Leverkusener an. Anleger hoffen auf einen milliardenschweren Vergleich, um das Thema aus dem Weg zu räumen.

An der Börse sorgten die jüngsten Nachrichten für gute Stimmung bei den Anlegern: Die Bayer-Aktie, die seit der Monsanto-Übernahme 40 Prozent verloren hat, legte zum Wochenausklang um bis zu 2,2 Prozent zu - und damit stärker als der Gesamtmarkt.

rtr