Kostengünstiger als Fonds und oft mit hohem Discount zu haben: Die Aktien vorbildlich gemanagter Beteiligungsfirmen sind ein Grundbaustein für jedes langfristig aufgestellte Anlagedepot. Von Michael Braun Alexander

Das Börsenjahr 2015 hat ein Leitthema bestätigt, das schon 2014 beherrscht hatte: Die Aktienmärkte sind weiterhin zweigeteilt und entwickeln sich, abhängig von Branche und Geschäftsfeld, unterschiedlich. Einerseits reüssieren Unternehmen in "modernen" Zukunftsbranchen, etwa im IT- und Biotech-Bereich, die nach rasanten Kurszuwächsen inzwischen oftmals hohe Kurs-Gewinn- und Kurs-Buchwert-Verhältnisse aufweisen - also nach herkömmlichen Bewertungsansätzen teuer sind. Andererseits werden die Aktien von vielen "altmodischen" Holdinggesellschaften vernachlässigt und sind aktuell für ihren Buchwert oder weniger zu haben. Diese Holdingaktien versprechen weniger Nervenkitzel als Techpapiere, eignen sich aber als erfrischend langweilige Grundbausteine für den Portfolioaufbau.

Die relativ konservative Anlageklasse bringt quasi Erdung ins Depot - als der Teil des Kapitals, den man "Durchhaltevermögen" nennen könnte, komme, was da wolle. Grundsätzlich sind diese Aktien, sofern die Holdings nachhaltig und verantwortungsvoll gemanagt werden, für Privatanleger aus vier Gründen einen genauen Blick wert. Erstens streuen sie dank ihres breit aufgestellten Portfolios das Anlagerisiko auf verschiedene Unternehmen und Branchen und senken es so - nicht anders, als es klassische Aktienfonds tun.

Im Gegensatz zu Aktienfonds verursachen Holdingaktien aber, zweiter Vorzug, kaum Kosten - fast nur die bei An- und Verkauf anfallenden Börsen- und Brokergebühren. Das Kostenbündel, das Investoren in Aktienfonds die Rendite vermasseln kann - Ausgabeaufschlag, jährlich fällige Managementgebühr, Erfolgsbeteiligung -, spielt bei Holdingaktien in der Regel keine Rolle. Drittens schüttet die Mehrzahl der Aktienholdings in schöner Regelmäßigkeit Dividenden aus, die üppig sein können und die langfristige Gesamtrendite treiben. Fünf der von BÖRSE ONLINE ausgewählten Holdings rentieren aktuell in der Spanne zwischen drei und 4,4 Prozent jährlich, und das auf nachhaltig finanzierbarem Niveau.

Viertens sind sie vergleichsweise günstig bewertet, insbesondere im Hinblick auf ihr Kurs-Buch-Verhältnis (KBV), eine der wichtigsten Börsenkennziffern. So werden die Schweizer BB Biotech, die belgische Groupe Bruxelles Lambert (GBL) und Hongkongs CK Hutchison mit deutlichen Abschlägen auf den Buchwert gehandelt. Nur marginal teurer sind die beiden schwedischen Holdinggesellschaften Investor und Industrivärden. Insgesamt eine attraktive Gemengelage. Selbstverständlich sollten sich Investoren aber vor einer Anlageentscheidung ein genaues Bild der Beteiligungen im jeweiligen Portfolio machen.

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Altehrwürdiges aus Schweden



Die von der schwedischen Wallenberg-Dynastie kontrollierte Anlagegesellschaft Investor feiert 2016 ihren 100. Gründungstag. Sie ist Großaktionär bei einer Reihe der führenden Unternehmen Schwedens, etwa bei der Bank SEB oder bei den Industrieunternehmen Ericsson, Electrolux, Atlas Copco, aber auch Beteiligungen im Ausland finden sich im Portfolio, etwa an Astra-Zeneca oder ABB. Last but not least hält Investor Anteile an der Börsengesellschaft Nasdaq. Die Bilanz ist grundsolide. Das Management hat das Kunststück fertiggebracht, den Buchwert der Aktien seit 1993 im Schnitt jährlich um 14 Prozent zu steigern - also in einer Börsenära, die zahllose Crashs und Bärenmärkte umfasst.

In Deutschland weniger bekannt ist dagegen Industrivärden - zu Unrecht, denn das 1944 gegründete Traditionsunternehmen teilt im Kern den Investor-Anlageansatz. Im Portfolio finden sich unter anderem Schwedens führendes Finanzinstitut Handelsbanken, der Papier- und Konsumgüterkonzern SCA, Volvo, Ericsson und mit ICA Gruppen der größte Einzelhändler in den nordischen Staaten.

GBL, 1902 gegründet und seit 1956 börsennotiert, ist quasi das frankofone Pendant zu Investor. Die Holding wird von den Familien Desmarais (in Kanada) und Frère (in Belgien) kontrolliert, die ihre Interessen in einem bis 2029 laufenden Pakt im Rahmen der Pargesa Holding gebündelt haben. Zum Anlageuniversum zählt neben dem Baustoffkonzern LafargeHolcim, dem Spirituosenhersteller Pernod Ricard und dem Rohstoffspezialisten Umicore auch Total, wobei GBL die Beteiligung am Ölkonzern reduziert. Seit Kurzem hält die in Brüssel ansässige Holding zudem ein großes Aktienpaket am Sportartikler Adidas.

CK Hutchison, mit Gründungsjahr 1950 ein Urgestein der asiatischen Börsenwelt, ging in der ersten Jahreshälfte 2015 aus Cheung Kong Holdings und Hutchison Whampoa hervor. Li Ka-shing, der reichste Hongkong-Chinese, bündelte in einem komplexen Konzernumbau sein Immobiliengeschäft in CK Property, während die übrigen Geschäftsbereiche bei CK Hutchison verblieben. Hierzu zählen Beteiligungen in den Branchen Bau, Infrastruktur und Häfen, Energie, Telekommunikation und Einzelhandel. In Deutschland ist das Unternehmen beispielsweise groß mit der Drogeriekette Rossmann im Geschäft. Im Sog der jüngsten Börsenschwäche in China ist die Aktie mit einem KGV von rund 10,0 für 2016 und einem KBV von 1,0 günstig. Wer konträr denkt, könnte die Gunst der Stunde zum Einstieg nutzen.

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Biotech vom Feinsten



Das gilt auch für BB Biotech, eine der weltweit führenden Anlagegesellschaften im Bereich Pharma und Biotechnologie, die mit einem Abschlag von ungefähr 20 Prozent auf ihren Buchwert gehandelt wird und seit Jahren als Ausgleich eine großzügige Dividendenpolitik verfolgt. Zu den Kernpositionen der 1993 gegründeten Gesellschaft zählen viele der besten Unternehmen der Branche, darunter so erfolgreiche Innovatoren wie Gilead, Celgene, Actelion, Novo Nordisk, Vertex, Ionis Pharmaceuticals, Incyte und Alexion.

Keine Selektion solider Holdingaktien kommt allerdings ohne den Primus inter Pares aus: Berkshire Hathaway, das Anlagevehikel des US-Investors Warren Buffett, der in den vergangenen 50 Jahren eine durchschnittliche Jahresrendite von knapp 20 Prozent erzielte. Buffett favorisiert die Übernahme ganzer Unternehmen, die er für langfristig glänzend aufgestellt hält - zuletzt im August 2015 des US-Technologieunternehmens Precision Castparts für 37 Milliarden Dollar. Darüber hinaus hält Berkshire milliardenschwere Aktienpakete an zahlreichen Weltkonzernen, darunter an den Finanzdienstleistern American Express und Wells Fargo, am Getränkeriesen Coca-Cola und seit relativ kurzer Zeit auch am IT-Spezialisten IBM. Mit einem KBV von unter 1,0 ist die Berkshire-Aktie aktuell günstig. Zudem ist ihr Kurs nach unten so gut abgesichert: Buffett hat wiederholt erklärt, in großem Stil eigene Aktien aufzukaufen, sofern die Börsenbewertung unter ein KBV von 1,2 fallen sollte.



Allerdings sind selbst die sechs genannten konservativen Holdingaktien trotz ihrer günstigen Bewertungskennziffern nicht frei von Risiken und Nebenwirkungen. Sie bewegen sich tendenziell mit dem Markt, in guten wie in schlechten Zeiten. Wer skeptisch ist, was die künftige Marktentwicklung angeht, sollte also umsichtig agieren und daher Kursrückschläge abwarten, um einzusteigen oder Positionen aufzubauen.

Hinzu kommt, dass die Holdings jeweils einen klaren geografischen Anlageschwerpunkt aufweisen. Den sollte man bei der Strukturierung des eigenen Portfolios berücksichtigen, um nicht versehentlich regionale Klumpenrisiken einzugehen. Wer in seinem Depot also beispielsweise bereits stark in den USA engagiert ist, könnte sich als erstes in Skandinavien umschauen - und umgekehrt.



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