Warren Buffett kauft am liebsten "Gewissheiten mit Abschlag", wie der Vorstandschef des US-Beteiligungsunternehmens Berkshire Hathaway es selbst formuliert hat. Das sind solide finanzierte Unternehmen mit einem funktionierenden Geschäftsmodell, die an der Börse günstig bewertet sind. Diese Strategie ist auch als Value-Ansatz bekannt. Dass Buffett aber mittlerweile trotz Niedrigzinsen eher Bargeld lagert als am Aktienmarkt zu investieren, erklärt Sven Lehmann, Fondsmanager bei HQ Trust, so: "Anleger machen seit zehn Jahren einen Bogen um Value. Seit der Finanzkrise fällt es auch Berkshire Hathaway schwer, den Index zu schlagen."

122 Milliarden US-Dollar Cash hortet Buffett, eine Rekordsumme. Noch bei der Hauptversammlung im Mai hatte der für seinen Riecher bewunderte 88-jährige Investor selbst die Spekulation um einen neuen Zukauf befeuert. "Wir hoffen auf einen Deal in Großbritannien und oder in Europa, egal wie der Brexit ausgeht", sagte Buffett beim Aktionärstreffen am Sitz von Berkshire Hathaway in Omaha im US-Staat Nebraska. Der Austritt Großbritanniens aus der EU zerstöre seinen Appetit auf "eine sehr große Akquisition in Großbritannien" nicht.

Gekauft hat Buffett stattdessen Amazon-Aktien, wie er kurz vor der Hauptversammlung Anfang Mai bekannt gegeben hat - keine günstig bewertete Aktie und auch kein Coup. Es scheint vielmehr, als sei Buffett in eine Art Investmentstreik getreten, aus Protest gegen die Geldpolitik der US-Notenbank Fed und die Steuersenkungen des US-­Präsidenten Donald Trump.

Das Ergebnis des zweiten Quartals ist entsprechend gemischt ausgefallen: Das operative Ergebnis ist um rund elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 6,1 Milliarden Dollar gefallen. Analysten hatten mit einem Gewinn pro Aktie von 3851 Dollar gerechnet, heraus kamen 3.757 Dollar.

Wertzuwachs im Portfolio
Der Nettoüberschuss stieg hingegen um mehr als 17 Prozent auf 14,1 Milliarden Dollar. Buffett selbst rät aber dazu, dieser Ziffer keine allzu große Bedeutung beizumessen, da darin auch unrealisierte Gewinne und Verluste verbucht werden. Die Zahl sei vor allem auf Quartalssicht "meist bedeutungslos", heißt es im Bericht von Berk­shire Hathaway. Dennoch zeigt die Zahl, dass die Aktienpakete deutlich an Wert gewonnen haben. Von den fünf bedeutendsten Positionen Apple, Coca-Cola und den Finanzhäusern Bank of America, American Express und Wells Fargo hat lediglich Letztere an Wert verloren - dafür gleich mehr als 20 Prozent.

Auf operativer Ebene schlägt sich das lahme Versicherungsgeschäft auf die Bilanz durch. Zwar konnte das Unternehmen von Buffett und Vize Charlie Munger mit dem Anlegen der Prämien ein Plus erzielen, aber die Erträge aus Versicherungen gingen um 63 Prozent auf 353 Millionen Dollar zurück.

Besonders das Geschäft mit Rückversicherungen und Autoversicherungen des Anbieters Geico trugen zum Verlust bei. Schadensforderungen aus dem vorherigen Jahr und hohe Kosten fraßen den Umsatz auf. Das Volumen der eingezahlten Prämien stieg jedoch genauso wie das Neugeschäft. Für Eigner der weltweit teuersten Aktie ist das eine gute Nachricht: Gut möglich, dass die Schwäche im "Motor Berkshire Hathaways", wie Buffett die Versicherungssparte gern nennt, vorübergeht.

Das Warten auf Buffetts nächsten großen Deal geht weiter. Momentan scheinen ihm aber noch nicht mal die Aktien von Berk­shire Hathaway genehm: Nach Aktienrückkäufen über 1,7 Milliarden Dollar im ersten Quartal investierte er im zweiten Quartal lediglich 440 Millionen Dollar.

Investor-Info

Berkshire Hathaway
Günstiger Zeitpunkt


Seit den 60er-Jahren liefert Buffetts Firma eine Rendite von im Schnitt 20 Prozent pro Jahr. In diesem Jahr gibt es noch Aufhol­bedarf: Seit Jahresanfang ist der Aktienkurs trotz Rückkäufen um rund drei Prozent gefallen, die Performance hinkt selbst dem US-Index S & P 500 hinterher. Anleger nutzen die Schwäche zum Einstieg und warten auf neue Impulse vom Investment-Guru. Mit dem Brexit könnten sich für Buffett Deal-Chancen ergeben. Langfristiges Investment.

Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 225,00 Euro
Stoppkurs: 142,00 Euro