Das US-Bewertungsportal Yelp will weiter aggressiv ins eigene Wachstum investieren und rechnet daher vorerst nicht mit Gewinnen. "Wir wollen unsere Expansion weiter vorantreiben. Das hat aktuell Priorität", sagte Yelp-Chef Jeremy Stoppelman am Rande der Technologiekonferenz DLD in München gegenüber BÖRSE ONLINE. Die Entwicklungsmöglichkeiten seien "riesig. Diese Chance wollen wir nutzen."

Nach dem Sprung nach Europa will das Unternehmen nun weitere Regionen ins Visier nehmen. Noch im laufenden Jahr wollen die Kalifornier das Geschäft in Asien akurbeln. Vor allem Japan und Süd-Korea seien "interessante Märkte", hatte Yelp-Finanzvorstand Anfang Dezember auf einer Investorenkonferenz von Credit Suisse gesagt. Bislang ist das Bewertungsportal in der Region nur in Singapur vertreten. Nun sollen offenbar weitere Standorte in Asien folgen. Zudem rückt auch Latein-Amerika stärker in den Fokus.

Bei Yelp können Nutzer Online-Bewertungen zu Restaurants, Hotels, Ärzten oder Friseuren abgeben. Das Unternehmen finanziert sich vor allem über Anzeigen von Unternehmen. Das vor zehn Jahren von Stoppelman gegründete Unternehmen war im Oktober 2012 an die New York Stock Exchange (NYSE) gegangen und hatte ein fulminantes Debüt gefeiert. Den ersten Handelstag beendete die Aktie mit einem Kursplus von 60 Prozent gegenüber dem Ausgabepreis. Seither hat sich der Kurs mehr als verdreifacht. Insgesamt wird Yelp inzwischen mit 4,8 Milliarden Dollar bewertet.

Offenbar trauen viele Investoren Yelp eine dominierende Rolle bei Bewertungsportalen zu. Allerdings ist vieles davon derzeit eher ein Hoffnungswert. Im dritten Quartal 2013 hatte Yelp den Umsatz gegenüber dem Vorjahreszeitraum zwar um rund zwei Drittel auf 61,2 Millionen Dollar gesteigert. Unterm Strich blieb jedoch ein Verlust von 2,3 Millionen Dollar. Bis das Unternehmen die Gewinnzone erreicht, wird es wegen des geplanten Wachstums noch dauern.

Erst im Oktober 2012 hatte Yelp das deutsche Bewertungsportal Qype übernommen und die Integration im vergangenen Herbst abgeschlossen. Allerdings hatte es danach Beschwerden vieler Unternehmen gehagelt. Viele Inhaber warfen Yelp vor, willkürlich positive Bewertungen aus Qype-Zeiten gestrichen zu haben. Durch die Herabstufungen waren zahlreiche Cafes, Restaurants oder Friseure bei Suchanfragen stark zurückgefallen. Dies habe teilweise zu empfindlichen Umsatzeinbußen geführt, hieß es. Im Netz hatten viele Betroffene die Vermutung geäußert, Yelp bevorzuge Unternehmen, die Anzeigen schalteten. Yelp wies diesen Verdacht mehrfach entschieden zurück. "Wir haben einen sehr ausgeklügelten Algorithmus, der die Bewertungen um manipulierte Bewertungen bereinigt", sagte Stoppelman in einem Pressegespräch am Rande der DLD. Dies führe auch in den USA immer wieder zu Diskussionen.

Ungeachtet der jüngsten Kritik will das Unternehmen sein Deutschland-Geschäft in den kommenden Monaten aber weiter ausbauen. "Wir werden hier weiter Personal einstellen", kündigte Stoppelman gegenüber BÖRSE ONLINE an, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Neben Mitarbeitern für Vertrieb und andere Funktionen wolle man auch weitere Entwickler einstellen. Hamburg ist bislang der einzige ausländische Entwicklungsstandort von Yelp. Im Silicon Valley sei es wegen der starken Wettbewerbs anderer Unternehmen "mitunter schwierig", Software-Ingenieure zu finden, sagte Stoppelman. Hier biete Deutschland einen "deutlichen Vorteil".

Einschätzung der Redaktion:

Die Yelp-Aktie (Yellow Pages Help, also Gelbe Seiten Hilfe) hat eine fulminante Entwicklung hingelegt. Und gemessen am für 2013 erwarteten Umsatz von rund 240 Millionen Dollar ist das Unternehmen sehr hoch bewertet. Investoren trauen dem Portal also einiges zu. Wir auch. Doch angesichts der hohen Bewertung ist die Gefahr von Korrekturen an schwachen Börsentagen sehr hoch. Nur für spekulative Anleger.