Dividenden sind bei Anlegern beliebt wie nie. Was nicht überrascht. Schließlich gibt es im aktuellen Niedrigzinsumfeld kaum Zinsalternativen, die ebenfalls regelmäßige Erträge aufs eingesetzte Kapital abwerfen. So bringen laut Citigroup-Anleihestratege Hans Lorenzen mehr als 80 Prozent aller auf Euro lautenden Unternehmens- und Staatsanleihen derzeit eine Rendite von unter einem Prozent. Als Folge der niedrigen Differenz von Anleihe- und Dividendenrenditen steht für LBBW-Analyst Wolfgang Albrecht fest: "Im aktuellen Niedrigzinsumfeld bleibt das Thema Dividenden zentrales Anlagethema."

Dividenden haben aber auch unabhängig vom Zinsumfeld ihren Reiz. Schließlich stammt historisch gesehen ein wesentlicher Teil der mit Aktien zu erzielenden Performance aus dieser Quelle. Trotzdem sollten Dividendeninvestments nicht mit einem Goldesel verwechselt werden. Vielmehr gibt es erfolgreiche und weniger erfolgreiche Dividendenstrategien. Das gilt insbesondere in der aktuellen Situation. Denn der Ansturm auf Dividendenaktien führt teilweise zu hohen Bewertungen in dem Bereich. Es kommt deshalb mehr denn je auch bei Dividendeninvestments auf die richtige Vorgehensweise an. BÖRSE ONLINE zeigt Ihnen nicht nur diese Strategien auf, sondern auch, wo Tücken lauern und welche Dividendenaktien aktuell Chancen bergen.

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Aristokraten und Könige

Wie hoch die Wertschätzung für Dividendenaktien auf Anlegerseite allgemein ist, zeigt sich an Begriffen wie Dividendenkönige oder Dividendenaristokraten. Diese Adelsbezeichnungen haben sich die damit gemeinten Werte aber auch redlich verdient. Denn "Aristokraten" erhöhten mindestens 25 Jahre in Folge ihre Ausschüttung, "Könige" vollbrachten dieses Kunststück schon mindestens 50 Jahre. Einige wenige Werte können sogar auf eine ununterbrochene Dividendenhistorie von mehr als einem Jahrhundert zurückblicken.

Mit dem Startjahr 1877 hat der Elektrowerkzeughersteller Stanley Black & Decker in Amerika die längste Dividendenhistorie zu bieten, doch selbst das verblasst gegenüber der kanadischen Bank of Montreal, die schon seit 1829 ununterbrochen Dividendenzahlungen leistet.

Unternehmen mit dieser Ausschüttungsdisziplin haben sich jeglichen Respekt der Aktionäre verdient. Aber das heißt noch lange nicht, dass alle Dauerzahler derzeit auch interessant sind. Dafür sind wegen der ebenfalls verbuchten Kurssteigerungen die Dividendenrenditen oft zu niedrig oder andere Kriterien zu schlecht. Auf den wichtigen Einflussfaktor Bewertung gilt es ohnehin wieder etwas stärker zu achten, als dies zuletzt der Fall war.

Manche altgediente Dividendenaktie kommt wegen der mit dem Anlagenotstand einhergehenden großen Nachfrage inzwischen auf stattliche Bewertungen. Mitschuld daran haben auch Finanzmedien, die Dividendenwerte zu oft ohne größeren Bewertungscheck loben. "Ich bin nicht so begeistert davon, für Produzenten von Grundbedarfsgütern ein KGV von 20 zu zahlen, wenn viele von ihnen Probleme mit der Generierung nennenswerter Gewinnsteigerungen haben", kritisiert Josh Peters, Herausgeber des Morningstar-Newsletters "Dividend Investor".

Zu mehr Vorsicht mahnt auch Klaus Martini, Geschäftsführer von Plückthun Asset Management. "Die Anleger sollten nicht vergessen, dass die meisten Unternehmen zurzeit in einem positiven Umfeld agieren und dementsprechend gute Dividenden zahlen können. Dies kann sich schnell ändern, sei es durch eine Rezession oder unvorhersehbare Faktoren." Ein gutes Beispiel dafür sind die deutschen Versorger Eon und RWE. Denn was helfen derzeit auf 3,6 und 4,5 Prozent geschätzte Dividendenrenditen, wenn die Kurse wegen schlecht laufender Geschäfte fallen.

Alles Einwände, die es ebenso zu beachten gilt, wie die Risiken, die mit einer möglichen US-Leitzinswende einhergehen. Das zeigt aber nur, dass auch bei Dividendeninvestments vieles zu berücksichtigen ist. Die generelle Bedeutung von Dividenden für den Anlageerfolg mit Aktien wird dadurch nicht geschmälert. Zumal Ausschüttungen nicht nur die Performance erhöhen, sondern im Idealfall helfen, die Volatilität im Portfolio zu senken. Dazu sind Dividendenzahler prädestiniert, weil dauerhafte Dividendenzahlungen ein funktionierendes Geschäftsmodell voraussetzen.

Dieses eingehend zu prüfen ist für Dividendenjäger wichtiger, als nur nach einer optisch möglichst hohen Dividendenrendite zu suchen. Können doch hohe Renditen auch ein Hinweis auf Probleme sein. Um dies auszuschließen, sollte ein multipler Analyseprozess durchgeführt werden, in den die bisherige Ausschüttungspolitik ebenso einfließt wie Ausschüttungsquote, Gewinn- und Dividendenaussichten.

Pluspunkte erhalten Unternehmen, die in der Vergangenheit mit Konstanz bei den Zahlungen glänzten, über günstige Geschäftsperspektiven sowie gesunde bilanzielle Verhältnisse plus hohe Marktanteile und starke Marktmacht verfügen. Nicht vergessen werden sollte auch die Bewertung, wobei im Idealfall das KGV nicht über der erwarteten Gewinnwachstumsrate liegt. Anscheinend wird hierbei aber häufig geschlampt, denn wie die Ratingagentur Morningstar ermittelt hat, bleiben viele der in Deutschland zugelassenen Dividendenfonds und -ETFs hinter dem Markt zurück. Aus Anlegersicht ist das ärgerlich, weil Dividendenaktien schon oft ihre Überlegenheit demonstrierten. Bleibt nur zu hoffen, dass die auf den Seiten 14 und 15 aktuell vorgestellten Dividendeninvestments überzeugen.

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Schnäppchen sind kaum noch zu finden



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Wichtige Tipps

■ Hohe Dividendenrenditen sind nicht alles. Wichtig ist - neben den Kursaussichten - auch die Konstanz der Zahlungen. Indizien dafür sind Gewinnaussichten und Ausschüttungsquote (Anteil der Ausschüttung am Jahresüberschuss).

■ Gute Performance-Ergebnisse erzielen oft Aktien mit stetig steigenden Ausschüttungen. Denn das spricht für eine gute Geschäftsentwicklung. Besonders gut läuft es häufig für Titel, bei denen höhere Dividenden mit steigenden Gewinnen einhergehen.

■ Auf Qualität achten: Gute Gewinn- und damit Dividendenaussichten werden begünstigt von soliden Bilanzen und hoher Wettbewerbsfähigkeit, die auch mit einer großen Preissetzungsmacht einhergeht.

■ Shareholder Value: Je aktionärsfreundlicher das Management, desto größer die Bereitschaft, die Anleger an Gewinnen zu beteiligen.

■ Dividendenaktien sind zinssensitiv. Fallende Anleiherenditen stützen tendenziell die Kurse, während steigende Anleiherenditen sie belasten.

■ Streuung nicht vergessen. Auch bei Dividendenwerten sollte man nicht alles auf eine Karte setzen.

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Problematischer Run auf Dividendentitel

Das Interessante, aber auch Riskante an Aktien ist ihr oft etwas unberechenbares Verhalten. Nicht selten machen die Kurse genau das Gegenteil dessen, was die Mehrheit der Anleger erwartet. Häufig ist das der Fall, wenn sich fast alle in ihren Einschätzungen einig sind. Das ist auch deshalb so gefährlich, weil dann alle Marktteilnehmer entsprechend positioniert sind.

Wenn alle bestimmte Aktien kaufen, führt das bei diesen Aktien in der Regel zu hohen Bewertungen. Dreht dann die Stimmung plötzlich, wollen alle schnell raus aus den zuvor boomenden Titeln. Als Folge dieser Verkaufspanik droht ein Überschießen der Notierungen nach unten. Dieses Herdenverhalten ist derzeit bei Dividendenaktien zu beobachten. Fast alle Investoren halten Dividendentitel im aktuellen Niedrigzinsumfeld praktisch für alternativlos.

Doch gilt dies nur bis zu einem gewissen Grad. Fragwürdig wird es dann, wenn das rege Interesse, wie es bei einigen als Zinsersatz besonders stark gefeierten Dividendenwerten zu beobachten ist, zu überhöhten Bewertungen führt. Das macht diese Titel bei sich verändernden Rahmendaten anfällig für heftige Rücksetzer.

Wie schnell es dazu kommen kann, haben die vergangenen Handelstage gezeigt. Plötzlich sind wie aus dem nichts heraus die Renditen für deutsche Bundesanleihen nach oben geschossen. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, droht diese wachsende Konkurrenz aus dem Anleihesegment den Dividendenaktien kräftig zuzusetzen.

Eine weitere Unbekannte ist auch die von der US-Notenbank angestrebte Zinswende. Sollte die Fed stärker an der Zinsschraube drehen, als der Markt erwartet, dürften teure Dividendentitel besonders leiden.

Fazit: Selbst die Aktien der besten Dividendenzahler können zu teuer werden. Deshalb auch hier unbedingt auf die Gesamtbewertung achten. Zumal es auch in der jetzigen Börsenphase noch Dividendenwerte gibt, die angemessen bewertet sind.

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Europa: Anleger werden reich beschenkt

Trotz Grexit- und Brexit-Gefahr geht es den Unternehmen in Europa offensichtlich nicht schlecht. Zumindest spricht dafür ihr Ausschüttungsverhalten. Denn allein die Konzerne im Euro Stoxx 50 werden in der diesjährigen Dividendensaison ihre Ausschüttungen voraussichtlich um 7,6 Prozent auf 93,2 Milliarden Euro erhöhen, wie LBBW-Stratege Wolfgang Albrecht vorrechnet.

Damit dürften die führenden Konzerne der Eurozone die für das Geschäftsjahr 2010 gezahlte bisherige Rekordsumme von 92 Milliarden Euro voraussichtlich übertreffen. 34 Unternehmen des Index Euro Stoxx 50 werden ihre Dividende anheben, zwölf ihre Vorjahresdividende bestätigen und nur vier Konzerne die Ausschüttung senken.

Die Datenbank von BÖRSE ONLINE spuckt für den Euro Stoxx 50 derzeit eine Dividendenrendite von 3,34 Prozent und für den Stoxx 50 dank der Beiträge der Briten und Schweizer sogar noch etwas höhere 3,56 Prozent aus. Damit bewegen sich die europäischen Aktien gemessen an dieser Kennziffer weltweit in der absoluten Spitzengruppe.

Hinzu kommt: Die Differenz zwischen den Renditen europäischer Unternehmensanleihen und den Dividendenrenditen europäischer Aktien bewegte sich Anfang Mai auf dem niedrigsten Stand seit 1950. Solange sich daran nichts ändert, sollten Aktien aus Europa wie schon in den vergangenen Monaten gefragt bleiben.

Auch künftig dürften Dividenden - wie im Schnitt schon seit 1970 - damit mindestens rund ein Drittel zur Gesamtperformance europäischer Aktien beitragen. Nicht schlecht stehen dafür dank ansehnlicher Dividendenrenditen auch die Aussichten bei den von BÖRSE ONLINE unten genannten Dividendeninvestments.



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Japan/Australien: Dividenden zählen
jetzt sogar in Tokio


In Japan scherten sich viele Gesellschaften lange Zeit herzlich wenig um eine aktionärsfreundliche Politik. Doch im Zuge einer neuen Wirtschaftspolitik gibt es auch bei den Unternehmen frischen Wind. Deutlich wird das an einer wachsenden Bereitschaft zu Kapitalrückzahlungen an die Aktionäre. Schätzungen zufolge fällt die Dividendensumme in diesem Jahr um rund 50 Prozent höher aus als noch vor zwei Jahren. In der BÖRSE ONLINE-Datenbank wird die Dividendenrendite für den Topix zwar nur mit 1,56 Prozent angegeben, doch die Richtung bei den Ausschüttungen stimmt. Und trotz des absolut betrachtet noch niedrigen Niveaus rentieren japanische Aktien im Schnitt höher als die nach wie vor mickrig verzinsten heimischen Staatsanleihen.

Nach dem Motto "Wer suchet, der findet" können Anleger laut JP Morgan Asset Management unter den Werten des MSCI All Country World Index inzwischen immerhin 78 japanische Aktien mit einer Dividendenrendite von mehr als zwei Prozent aufspüren. Dazu zählen der Reifenhersteller Bridgestone und der Mischkonzern Mitsui & Co.

Traditionell mit einer relativ ansehnlichen Dividendenrendite kommt der australische Aktienmarkt daher. Derzeit werfen die im ASX 200 Index vertretenen Unternehmen eine Dividendenrendite von immerhin vier Prozent ab. Finanz- und Industrietitel bringen es sogar auf etwas mehr. Eine Ausgangsbasis, die den australischen Kurszettel für Dividendenjäger zu einer verlockenden Spielwiese macht. Erschwert wird die Suche durch eine relativ anspruchsvolle Marktbewertung auf dem fünften Kontinent. Mit der Bank Macquarie und dem Logistikkonzern Asciano haben wir dennoch zwei interessante Dividendentitel in Down Under gefunden.



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USA/Kanada: S & P-Unternehmen in Spendierlaune

Die Unternehmen in den USA lassen sich derzeit wahrlich nicht lumpen. Sie verwöhnen ihre Aktionäre mit üppigen Kapitalrückzahlungen. Der Löwenanteil fließt zwar in den Rückkauf eigener Aktien, doch auch die Höhe der Ausschüttungen kann sich sehen lassen.

Wie der Datenanbieter Factset errechnet hat, belief sich die bis Ende Januar 2015 in den zwölf Monaten zuvor von den S&P-500-Index-Vertretern gezahlte Dividendensumme auf 375,9 Milliarden Dollar. Je Aktie entspricht das, verglichen mit dem vorangegangenen Zwölfmonatszeitraum, einer Erhöhung um 11,9 Prozent. Dividende gezahlt haben insgesamt 421 Indexmitglieder, und 341 von ihnen erhöhten die Dividende in den vergangenen zwölf Monaten.

Da die Gewinne je Aktie mit 5,9 Prozent weniger stark zulegten als die Dividende, erhöhte sich die Ausschüttungsquote. Mit 32,2 Prozent lag sie über dem Zehnjahresdurchschnitt von 29,2 Prozent. Die Dividendenrendite entsprach dagegen Ende Januar mit 1,9 Prozent dem Schnitt der vergangenen zehn Jahre. Aktuell gibt die BÖRSE ONLINE-Datenbank die Dividendenrendite für den S&P 500 Index sogar mit 1,97 Prozent an.

Und laut Factset setzt sich der Dividendenregen fort: Für die nächsten zwölf Monate wird mit einem Anstieg der Dividende je Aktie um 8,2 Prozent gerechnet. Und alle zehn Sektoren sollen dazu beitragen, wobei von den Finanz- und den Industriewerten mit plus 12,8 Prozent und plus 10,0 Prozent die höchsten Steigerungsraten erwartet werden. Alles in allem klingt das nach einer günstigen Ausgangsbasis für eine Dividendenjagd an der Wall Street. Mit den unten aufgeführten Anlagevorschlägen sollten Anleger davon profitieren können.



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Schwellenländer: Unterschätzte Ausschüttungen

Für Aktieninvestments in Schwellenländern wird in der Regel mit den dort besseren Wachstumsaussichten geworben. Dividendenüberlegungen spielen dagegen oft eine untergeordnete Rolle. Doch das ist ein Fehler. Denn zum einen war 2014 laut S&P Dow Jones Indices der Anteil der Dividendenzahler an den Börsen der Emerging Markets mit 70 bis 80 Prozent sogar höher als in den entwickelten Märkten. Hier lag die Quote nur bei 60 bis 70 Prozent. Auch die Ausschüttungsquoten sind in Schwellenländern etwas höher.

Zum anderen haben in den aufstrebenden Nationen auch die Aktien von ausschüttenden Unternehmen bei geringeren Kursausschlägen besser abgeschnitten als die "Nichtzahler". So kommen die im S & P Emerging Broad Market Index enthaltenen Dividendenzahler zum Stichtag Ende 2014 in einem 16-Jahres-Zeitraum auf ein durchschnittliches Jahresplus von 15,79 Prozent. Das liegt über dem Zuwachs von 12,96 Prozent für den Index insgesamt und übertrifft die Bilanz der Nichtzahler - plus 3,52 Prozent - um Längen.

Gemäß den Berechnungen von S & P Dow Jones Indices war dieses unterschiedliche Performanceverhalten sowohl über verschiedene Branchen als auch über verschiedene Regionen hinweg zu beobachten. Unter der Annahme, dass sich der beschriebene Trend auch in Zukunft fortsetzen wird, versprechen daher die unten aufgelisteten Investments eine gute Performance.

Zudem werden ganz allgemein die Ausgangsvoraussetzungen für Dividendenaktien aus den Emerging Markets als recht aussichtsreich eingeschätzt, weil - anders als in etlichen anderen Regionen - dort die Bewertung von Dividendenzahlern in der Regel noch unter dem langfristigen Durchschnitt liegt.