In Zeiten, in denen im Fußball nicht mehr nur Millionen sondern sogar Milliarden im Spiel sind, hat sich das Papier von Borussia Dortmund (BVB) aber Stück für Stück zu einem neuen Börsenfavoriten gemausert, obwohl sich echte sportliche Erfolge erst in diesem Jahr wieder abzeichnen. Und die Aktionäre bekommen seit 2012 ausnahmslos eine verlässliche Dividende, auch wenn es nur einige Cent sind.

DAS IST LOS BEI BORUSSIA DORTMUND:

Früh in der laufenden Bundesliga-Saison besteht nach einer sechsjährigen Dominanz des FC Bayern München die Chance auf einen Wechsel an der Spitze. Während in der bayerischen Hauptstadt die Kritik an Mannschaft, Trainer und Führungsetage wächst, hat sich der BVB unter dem neuen Übungsleiter Lucien Favre nach dem siebten Spieltag an die Spitze gesetzt - mit vier Punkten Vorsprung auf den großen Rivalen aus München.

Auch in der finanziell mindestens genauso wichtigen Champions League läuft es bislang rund für die Mannschaft. Zwei Siege und kein Gegentor - so lautet der Zwischenstand in der Gruppe A der europäischen Königsklasse. Mit einem 3:0 gegen den AS Monaco wurde dabei einer der Gruppenfavoriten mit einer deutlichen Abfuhr nach Hause geschickt.

Was die Finanzen betrifft, befindet sich Borussia Dortmund auf Erfolgskurs. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2017/18 wurde beim Konzernumsatz ein Umsatzrekord von mehr als einer halben Milliarde Euro erzielt. Nach Steuern belief sich der Überschuss auf 28,5 Millionen Euro. Je Aktie sollen daher im November wieder 6 Cent an die Investoren zurückfließen - eine Rendite von knapp 0,7 Prozent bedeutet im Ranking des Kleinwerte-Index Sdax immerhin einen Platz im Mittelfeld.

Tragende Säulen der Umsatzentwicklung sind neben dem klassischen Spielbetrieb vor allem die TV-Vermarktung, Werbeerlöse und die Gewinne am Transfermarkt, die in der Vorsaison mit knapp 223 Millionen Euro besonders hoch ausfielen - vor allem angetrieben von den millionenschweren Abgängen von Ousmane Dembélé zum FC Barcelona und Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang zum Londoner FC Arsenal. Hinzu kommen Umsätze im Merchandising und dem Bereich Conference, Catering und Sonstiges.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Beim Börsengang im Jahr 2000 wurden die Papiere für 11 Euro an die Anleger verkauft - kurz nachdem die Mannschaft unter Interimstrainer Udo Lattek knapp dem Abstieg entronnen war. 2002 folgte zwar die bis dahin sechste deutsche Meisterschaft, dann aber sportliches Mittelmaß mit zeitweisen finanziellen Schwierigkeiten. Im Gleichschritt kannten die Aktien eigentlich nur den Weg nach unten. Im April 2009 markierten sie bei 0,82 Euro ihr Rekordtief.

Richtig wieder in die Gänge kam das Papier erst 2010, als sich unter dem neuen Trainer Jürgen Klopp der sportliche Erfolg einstellte. Das Papier verlor seinen Status als "Pennystock", ein Jahr später feierte der Club die erste von zwei Meisterschaften unter dem Erfolgstrainer - und zog 2013 gegen den FC Bayern München immerhin ins Finale der Champions League ein. Schritt für Schritt sind die Zeiten für Aktionäre rosiger geworden, auch wenn der sportliche Erfolg nicht von Dauer war.

Nach dem recht konstanten Anstieg bis auf 8,36 Euro im Oktober vergangenen Jahres kam es zu einer vorübergehenden Kursflaute. Nun aber setzte sich die Rally fort bis über die Marke von 9 Euro - so viel wie seit 17 Jahren nicht mehr. Im bisherigen Jahresverlauf haben die Aktien fast die Hälfte an Wert gewonnen, was sie zum unangefochtenen Spitzenreiter im SDax macht. Anleger der ersten Stunde müssen aber bis heute noch mit einem Verlust von fast einem Fünftel leben.

DAS SAGEN BÖRSIANER:

Für Frederik Altmann von der Alpha Wertpapierhandelsbank ist die Rally bei der BVB-Aktie fundamental gut zu begründen. "Finanziell ist der Verein gut aufgestellt mit einer äußerst erfolgreichen Transferpolitik", sagte der Börsianer. So wurde im Sommer Ousmane Dembélé nach nur einer Saison mit einem Gewinn von etwa 100 Millionen Euro nach Barcelona weiterverkauft. Altmann teilt so die Meinung von Christoph Schlienkamp vom Bankhaus Lampe. "Mahmoud Dahoud, Marius Wolf und Jadon Sancho könnten die nächsten in dieser Reihe sein", so der Analyst. Auch Paco Alcácer passt in dieses Bild, schlug der Neuzugang aus der zweiten Reihe des großen FC Barcelona doch sofort ein.

Laut dem Marktexperten Andreas Lipkow von der Comdirect Bank sind Fußballaktien neuerdings insgesamt wieder in Mode. "Galten sie vor ein paar Jahren noch als nicht investierbar, hat sich dieses Bild nun grundlegend geändert", so der Experte. Auch Juventus Turin befinde sich nun vereinzelt wieder in den Depots großer Investoren. Zuletzt hatte das Papier aus Italien nach der Verpflichtung von Superstar Cristiano Ronaldo mit einem Kursfeuerwerk auf ein Elfjahreshoch für Aufsehen gesorgt. Die in New York gelisteten Aktien von Manchester United schafften es zuletzt ebenfalls auf ein Mehrjahreshoch.

Bei Juventus ging die Rally zwar wieder jäh zu Ende, beim BVB hat sie aber Bestand. Für Marktbeobachter Daniel Saurenz von Feingold Research nicht überraschend: Juventus sei während des Ronaldo-Hypes weit mehr als eine Milliarde Euro wert gewesen - und liegt bis heute immer noch knapp über dieser Marke. In seinen Augen "unfassbar viel" im Vergleich zum BVB, dessen Marktkapitalisierung derzeit bei 840 Millionen Euro liegt. "Fundamental sind die Dortmunder weit besser aufgestellt", so Saurenz. Im Gegensatz zu den Italienern seien sie profitabel.

Saurenz stellt aber in Frage, ob die Aktie des BVB weiterhin neue Kurstreiber finden wird. "Auf dem Kursniveau kann leider nicht mehr viel überraschen", so der Experte. Vieles sei nun schon eingepreist, selbst Meisterschaftsträume habe der eine oder andere Anleger beim Kauf der Aktie schon im Kopf. Der Experte warnt zudem davor, die Konkurrenz aus München in der Frühphase der Saison schon abzuschreiben./tih/ag/fba